Wie Töne im pp beginnen?

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Perlvatt, 15.Februar.2023.

  1. Perlvatt

    Perlvatt Schaut öfter mal vorbei

    Hallo!

    Kennt jemand besondere Übungen oder Tipps, die mir helfen, sehr leise Töne schön anzustoßen?

    Ich spiele im Unterricht überwiegend Klassik und da würde ich gerne Töne quasi aus dem Nichts holen können, mit kaum hörbarem Anstoß, mit möglichst wenig Nebengeräuschen.

    Momentan klappt das manchmal zufällig, aber oft mache ich erst ein zu lautes „Plopp“ (mit der Zunge), dann hört man kurz heiße Luft und erst dann schleicht sich der Ton rein, oft mit deutlichem Luftgeräusch. Mal geht’s besser, mal schlechter. Das betrifft eigentlich alle Töne, egal ob hoch, mittel, tief, egal ob Tenor, Alt oder Sopran. Bei den ganz tiefen Tönen wird’s natürlich noch schwerer.

    Gibt es besondere Übungen dazu, also außer mit voller Konzentration und klarer Klangvorstellung immer wieder leise Töne zu spielen? Gebt ihr einen kurzen Impuls beim Start der Note, damit sie gleich mit vollem Klang beginnt?


    Bin auf eure Ideen gespannt!
     
  2. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Wie lange spielst Du schon? Bzw. wie weit fortgeschritten bist Du?
     
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  3. onomatopoet

    onomatopoet Ist fast schon zuhause hier

    Diffiziles Thema gerade für Ferndiagnose; den Ton nur via Luft, also ohne Zungenbeteiligung zu starten, ist im klassischen Umfeld eher selten akzeptiert, auf jeden Fall auch (oder gerade) im Piano gut bis sehr gut stützen und weich artikulieren, z.B. über die Silbe "nd" und nicht das übliche "düh" oder "döh"; ansonsten einfach einmal einen Lehrer konsultieren, wenn Haltung, Ansatz etc. nicht optimal sind, gibt es genügend Variablen, warum es im piano nicht verlässlich klappt.
     
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  4. Nilu

    Nilu Ist fast schon zuhause hier

    Ich würde zuerst ohne Zungenstoss die Voraussetzungen für einen Tonbeginn erforschen.
    So zB.
    Luft durch das Instrument kontinuierlich mit deutlicher Stütze pusten und dann Lippenspannung langsam erhöhen bis das Luftrauschen sich zu einem Ton wandelt. Und wieder zurück.
    Mit Forte beginnen und später bis pp trainieren.
    Wenn dann das Gefühl entwickelt ist, kannst du die Zunge, wie oben schön beschrieben einsetzen und gleich mit den Ton starten.
     
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  5. ppue

    ppue Mod Experte

    Du spielst einen Ton an, ohne Zungenschlag und möglichst leise, so gut es eben geht, wirst schnell lauter und leiser bis zum ppp. Das versuchst du zu halten und prägst dir deinen Ansatz ein. Kannst auch bis ppp spielen und wieder lauter werden. Ist einfach eine Erforschung, wie der Ton ganz leise zu halten ist. Nach einer Weile solltest du ein Gefühl dafür bekommen, welche Anforderungen diese leisen Töne brauchen -> Ansatz ->Stütze ...

    Und irgendwann kannst du sie aus dem Nichts kommen lassen.
     
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  6. Stevie

    Stevie Ist fast schon zuhause hier

    Hi Perlvatt,

    versuche mal das: spiele im pp den nächst höheren Ton, den Du gut im pp artikulieren (anstoßen) kannst. Gehe dann im pp chromatisch (oder meinetwegen auch in Ganztonschritten) tiefer - immer mit weicher Artikulation. So näherst Du Dich den Problemtönen schrittweise - irgendwann (dauert aber ...) kannst Du dann die tieferen Töne auch direkt im pp anspielen.

    Voraussetzungen damit das gelingt sind: sehr gute Kontrolle über Ansatz, Luftführung und Stütze sowie ein absolut dichtes Instrument.

    Rein "gedanklich" ist auch wichtig, dass man einen leisen Ton nicht notwendigerweise mit weniger Luft spielt - dann klingt es oft mickrig. Man will ja auch im pp einen schönen, vollen Ton. Es geht also eher um die Luftführung.

    Viel Erfolg, so long

    Stevie
     
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  7. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Erst mal im mf den Zungenstoß perfektionieren. Also einen Ton spielen, und immer wieder anstoßen mit tü-tü-tü-tü. Der Luftstrom darf nicht abreißen, der Ton wird nur ganz kurz unterbrochen.

    Dann die gleiche Übung, nur immer leiser werden, und noch leiser und noch leiser......

    Gruß,
    Otfried
     
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  8. Livia

    Livia Ist fast schon zuhause hier

    Hier sind schon viele gute Tipps und Übungen dabei, die dir bei deinem Problem helfen können. Töne im pp spielen gehört beim Saxophon auf jeden Fall zu den größten Schwierigkeiten und braucht jahrelanges Training und ein perfekt abgestimmtes Equipment.

    Da du Unterricht hast: Dein Lehrer hat bestimmt auch ein paar Tipps parat.

    Grundsätzlich sollte im Zuge dessen geschaut werden, ob dein Ansatz, Voicing, Luftführung und Zungenstoß schon 1. ausgebildet sind (siehe Frage von Ton Scott wie lange du schon spielst) und 2. ideal sind.
    Dazu vielleicht ein paar Punkte, wie du das selber erkennen kannst:
    1. Kannst du Töne in allen Lagen (tief, mittel, hoch) gleich laut und mit derselben Tonqualität spielen?
    2. Kannst du Töne in allen Lagen (tief, mittel, hoch) im mf anstoßen ohne dass ein Geräusch vom Zungenstoß entsteht?
    3. Kannst du Töne in allen Lagen (tief, mittel, hoch) im mf ohne Tonhöhenveränderung zu Beginn des Tons anstoßen (ungewolltes Bending)?
    4. Kannst du bis mp spielen ohne dass dein Ton rauscht (Luftgeräusche)?

    Wenn das alles geht, dann erst solltest du an pp-Tönen arbeiten.

    Und zu guter Letzt ist natürlich das Equipment wichtig. Vor allem die Kombination aus Mundstück(öffnung) und Blatt(stärke).
     
  9. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Unabhängig vom Equipment - das muss dicht sein und ein sehr offenes Mundstück rauscht mehr - ist aus meiner Sicht der entscheidende Punkt: Die Luftsäule (oft „Stütze“ genannt) muss bei leisen Tönen mindestens so stabil sein, wie bei lauten Tönen. Und genauso stark.

    Wie ein dicker Gartenschlauch, auf dem richtig Wasserdruck ist. Und dann machst Du die Spritze nur ein kleines Bisschen auf… Dieses „Spritze aufmachen“ sollte dann wie weiter oben beschrieben geübt werden.
     
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  10. Perlvatt

    Perlvatt Schaut öfter mal vorbei

    Hallo!

    Vielen Dank für die vielen und detaillierten Antworten! Jetzt habe ich eine Reihe an Übungen, die über das hinausgehen, was ich mit meinem Lehrer besprochen habe. Und klar, es gibt keine Abkürzung, es geht nur übers langfristige Üben.

    Zu der Rückfrage, wo ich eigentlich Stehe: Ich habe vor knapp drei Jahren angefangen, im ersten Corona Lockdown. Seit etwa 2.5 Jahren habe ich Unterricht und bin vollkommen begeistert vom Klang des Saxophons. Drum übe ich fast täglich 2x 30 Minuten. Als Teenager hatte ich mal recht erfolglos für ca. ein Jahr auf einem Tenor rumgepustet, deshalb hatte ich noch ein Saxophon zu Hause. Eigentlich bin ich leidenschaftlicher Geiger (und wenn es hilft, auch mal Bratscher) und mache viel Kammermusik. Die Schwierigkeiten einer guten Intonation und Klangerzeugung sind mir also bestens vertraut

    Ganz konkret übe ich im Unterricht gerade die Etüde Nr. 2 von C. Koechlin. Da fängt man öfters im Piano oder Pianissimo an. Wenn ich die Etüde jetzt vorspielen sollte, würde ich einfach nie leiser als Mezzopiano einsetzen, aber das ist ja nicht das Ziel Was mir viel weniger Schwierigkeiten bereitet, ist, Töne im Nichts verschwinden zu lassen. Das Problem sind in erster Linie die Tonanfänge.

    Zu meinem Setup: Auf dem Alt spiele ich ein Selmer S80 C* mit 2.5 V12 Blättern, also nichts Exotisches. Mit meinem Lehrer hatte ich verschiedene Kombis durchprobiert und kam zu dem Schluss, dass es so am besten klingt.
     
  11. Sax a`la carte

    Sax a`la carte Ist fast schon zuhause hier

    Ich hoffe für dich, das dein Sax WIRKLICH komplett dicht ist, das würde es SEHR vereinfachen die tiefen Töne leise anzuspielen.
    Ich bin mir sicher viele glauben, ihr Instrument sei dicht und sind dann überrascht, wenn sich wer wirklich damit auskennt und mit kleinen
    Handgriffen alle Polster dicht bringt, ich spreche da aus eigener Erfahrung. In der Zwischenzeit bin ich dazu selber im Stande.
     
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  12. Woliko

    Woliko Strebt nach Höherem

    Gestern habe ich für mein Sopran ein neues Mundstück von Sopranoplanet.com bekommen. Überraschend für mich, wieviel leichter ich damit pp spielen kann als mit dem Raschèr-Mundstück.
     
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  13. Bedi

    Bedi Nicht zu schüchtern zum Reden

    Hi,
    an deiner Stelle würde ich mich zunächst mit der Luft und weniger mit der Zunge beschäftigen. Wenn du das gemeistert hast und das „Überschlagen“ nicht mehr auftritt, wird das Anstoßen sehr viel einfacher werden.
    Ich hab dazu mal ein Video gemacht, fiel mir eben ein - vielleicht, bringt dir das was. Ansonsten sollte dir dein Lehrer weiterhelfen können.
    Wie die anderen schon geschrieben haben, ist das ein komplexes Thema und ein Ferndiagnose schwierig.
    Schönes WE!



     
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  14. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Hmm sicher daß du da mit der Lippenspannung arbeiten willst? Wenn Jemand zu fest ist ok aber sonst wäre die Lippenspannung und diese Verändern nicht ein relevanter Faktor fürs leise spielen von Tönen. In wie weit hat das für dich Relevanz? Ich sehe das auch deswegen kritisch weil über den Lippendruck sich automatisch die Tonhöhe mit ändert. Für mich ist es eher die Stütze die da extrem wichtig ist neben der optimalen Wahl von Mundstück und Blatt.
     
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  15. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Der Ton kommt, wenn Du die Resonanz des Blattes triffst.
    @Bedi spricht im Video von "Verkleinern" und "Höherer Luftgeschwindigkeit".
    IMHO ist es das nicht (ob der Schüler eigentlich wissen muss, was da abgeht, ist natürlich sowieso die Frage). "Verkleinerung" was nur Rauschen bzw. Ton betrifft, sondern das Zulassen von Resonanz.
    Ich habe die Frage oben nicht ohne Grund gestellt.
    Für mich hat es wenig bis gar keinen Sinn, an (extremer) Dynamik zu arbeiten, wenn diese Vorstellung nicht sitzt. Wenn man es mal kann (so wie z.B. Bedi) ist es einfach.
    Aber am Anfang, wenn der Schüler sowieso hauptsächlich gegen das Saxophon arbeitet führt das sehr leise Spielen IMHO eher zu dem Gegenteiligen von dem, was erwünscht ist.
    Das wäre mir neu. In der Tat soll man die Zunge im Normalfall nicht hören, was man auch nicht tut, wenn es ein "Tongue Release" ist und nicht ein "Tongue Attack" :)

    Mich hat das Nicht-Verknüpfen von Lautstärke und Intensität oder körperlichem Einsatz bei sehr niedriger Lautstärke in meinen Beginnertagen leider niemand gelehrt.
    Irgendwann hab ich mal ein Klarinettenbuch gelesen, ich glaub David Pino heißt der Autor, wo forte und piano mit 2 Fahrzeugen verglichen wird, die beide 600 PS haben.
    Ein Lastwagen, der die Kraft so umsetzt, dass er mit 100 km/h über die Autobahn prescht, bzw. einer Dampfwalze, die genauso stark ist, aber die Kraft anders umsetzt.
    Einer meiner Lehrer am Konservatorium meinte auch immer, dass das piano klingen müsse wie forte durch eine geschlossene Tür :)
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 18.Februar.2023
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  16. quax

    quax Gehört zum Inventar

    Könntest Du das Treffen der Blattresonanz durch reinpusten erklären. Ich hab da gerade einen Knoten.
     
  17. Gisheber

    Gisheber Ist fast schon zuhause hier

    Hallo @quax ,

    der zweite Satz in #4 von @Nilu erklärt es sehr gut.
    Wenn man drüber nachdenkt und verstanden hat was die Veränderung der Lippenspannung bewirkt dann ist deine Frage beantwortet.

    Gruß Klaus
     
  18. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Ok. Was willst du mit der Änderung der Lippenspannung bewirken?
    Ich fänd es gut, wenn du es genauer erläuterst, denn mir erschliesst es sich nicht. Vielleicht bin ich da auch betriebsblind und du meinst etwas was ich für selbstverständlich halte und deswegen gerade nicht sehe. Ich kann mit mehr oder weniger Spannung von den Lippen pp spielen.
     
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  19. quax

    quax Gehört zum Inventar

    Damit trifft es aber keine Resonanzfrequenz, schwingt ja noch nix. Die Geometrie von Mundstück und Blatt, meinetwegen auch die Vorspannung des Blättchens wird geändert. In der Folge können die Kräfte des Bernoullieffekts "wirken".
     
  20. Gisheber

    Gisheber Ist fast schon zuhause hier

    Ok, erläutere ich gerne.

    Beispiel welches jeder kennt:
    für die Blattschwingung nehme ich mal ein Lineal, das man auf den Tisch drückt und 15 cm überstehen lässt.
    Stösst man das Linal an, dann schwingt es mit einer bestimmten Frequenz. Verkürzt man den Überstand, dann schwingt es mit einer höheren Frequenz.

    Jetzt zum Blatt ***: je nach dem, wo die Unterlippe das Blatt andrückt, hätte das Blatt (ähnlich dem Lineal) eine höhrer oder tiefere Frequenz als Eigenschwingung.
    Und je näher diese Eigenschwingung beim gewünschten Ton liegt desto einfacher (=leichter) spricht der Ton an. Also, desto weniger Luft strom wird benötigt.

    Zweiter Effekt: je geringer der Abstand zwischen Blatt und Mundstück und je geringer die Blattstärke, um so kleiner der Luftstrom, welcher ausreicht damit sich das Blatt an das Mundstück ansaugt und damit die Schwingung startet?

    @ilikestitt , sorry dass ich da vielleicht zu viel Physik-Kenntnisse vorrausgesetzt hab.

    Gruß
    Klaus
     
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