Wie zähle ich 12 Takte?

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von four, 13.Juni.2005.

  1. four

    four Ist fast schon zuhause hier

    Hallo,
    ich hab ein kleines Problem bei einer sogenannten Improvisationsübung:
    Ich habe erst 12 Takte Thema, dann 12 Takte Improvisation und dann wieder 12 Takte Thema.

    Hat jemand gute Vorschläge, wie man ein Gefühl dafür bekommt, wann 12 Takte vorbei sind?
    Wenn ich mitzähle, dann kann ich mich nicht besonders gut auf die Improvisation konzentrieren. Konzentriere ich mich voll auf die Improvisation, dann bin ich nicht im korrekten Timing?

    Ich weiß, üben, üben, üben, aber vielleicht hat ja jemand eine gute Idee.

    Viele Grüße,
    Andreas
     
  2. JPL

    JPL Kann einfach nicht wegbleiben

    Hallo,

    ich nehme doch mal an die 12 Takte Impro stehen unter verschiedenen Akkorden, oder? Anhand der Akkordwechsel kann man den Fortgang sehr gut nachvollziehen, wenn charakteristische Muster darin enthalten sind (zB. 2-5-1, oder Bluesschema). Dem sei jetzt vorausgesetzt, dass du mit Playback spielst.

    Anderweitig könntest du während der 12 Takte im Kopf nochmal das Thema (das ja auch 12 Takte lang ist) durchgehen, während du improvisierst. Das halte ich allerdings für schwieriger.

    hoffe konnte helfen

    JPL
     
  3. mos

    mos Ist fast schon zuhause hier

    Ich höre mit die Stücke immer erst sehr oft an. Meistens kennt man die Lieder ja und weiß von der Melodie her wo man dran ist.

    Bei unbekannten Stücken lade ich mir die Sachen in BIAB. Dann stelle ich auf ziemlich langsam, auf diese Art kann ich immer schön sehen, wo man dran ist.

    Ich kann z.B. überhaupt nicht Improvisationsteile üben, ohne, dass ich ein Playalong (BIAB) dazu laufen habe. Weil ich nicht über Akkorde improvisiere, sonder naus dem Bauch raus. Dazu brauche ich das Lied um da etwas auf die Beine zu stellen. Irgendwann hast du die Abschnitte dann im Ohr und es geht ganz einfach.
     
  4. jazzman

    jazzman Ist fast schon zuhause hier

    o´Neil gibt in "Die Jazzmethode" folgenden tip (am besten solltest du dabei ne aufname von dem Stück haben, aber vielleicht übt es dich auch bei nem anderen stück mit 12 Takten pause) :

    - Zähle ersteinmal nur laut 12 takte mit
    -spiele lange töne (z.B: 4 takte lang einen ton auf einem ton z.B. C) und zähle immer leise mit
    -steigere nun die anzahl der töne
    -spiele dann jeweils 1 takt lange töne
    -wenn alles klappt, spiele jeweils zwei töne pro takt (gleich lange töne)
    -steigere nun die anzahl der töne und spiele nun auch verschiedene töne, bis du dein solo kreirt hast.


    viel erfolg jazzman

    :-D
     
  5. rinaldo

    rinaldo Ist fast schon zuhause hier

    Hier der ultimative Tip von meinem Lehrer:

    12 Takte sind nicht 12 Takte sondern 6 mal 2 Takte, da fast alles an Jazz Pop etc. auf 2-taktigen Phrasen beruht. Deshalb kann man auch recht gut ohne viel Übung spüren, wenn 2 Takte vorbei sind. Ansonsten erstmal mitsingen z.B.
    "(1,2)Schlaf (3)Kind(4)chen (1,2)schlaf(3,4)"

    Es ist auch überaus sinnvoll bei der Impro erstmal Phrasen zu spielen, die auf 1 anfangen und 2 Takte lang sind. Das machen auch alle Profis so (nur machen die manchmal ein bischen tüdeldü vor der 1 und nach der 4, damit das Schema nicht so auffällt ;-) )

    Und die 6 x 2-Takter behälst Du unter Kontrolle, indem Du jedem z.B. einen Gegenstand im Raum zuordnest, den Du beim Spielen anschaust oder einen Körperteil.

    Ich mach das so:
    Takt 1-2: rechter Arm
    Takt 3-4: linker Arm
    Takt 5-6: linkes Bein
    und dann wiederholen (re. Arm, li. Arm, li. Bein)

    Zur besseren Visualisierung kannst Du am Anfang das Horn auch extrem mitbewegen: links oben, rechts oben, links unten. Dann haste auch gleich eine bühnenreife Performance ;-)

    FERTIG.
     
  6. bwf

    bwf Kann einfach nicht wegbleiben

    @four:

    ich denke, hilfreich ist eine Kombination aus "Päckchenbilden" (=mehrere Takte gedanklich zusammenfassen: z.B. 6 x 2 (macht aber wenig Sinn) oder 3 x 4, o.ä.) und "Visualisieren" (Wie rinaldo schrieb. Du ordnest diesen "Päckchen" einfach Gegenstände im Raum zu, die Du während Deiner Improvisation "abarbeitest".

    Ansonsten ist "üben" wieder einmal die Nummer 1, denn dadurch entwickelt sich auch das Gefühl für längere Phrasen. Und ist einmal eine bestimmte Akkordfolge (zum Beispiel Bluesschema) in Fleisch und Blut übergegangen, erübrigt sich das ohnehin mit dem Zählen, dann läuft es einfach, weil man es spürt und hört.

    mos schrieb irgendetwas in Richtung "aus dem Bauch heraus" improvisieren. Das ist natürlich die eleganteste Lösung. Hier bist Du frei jeglicher Gefüge und spielst letztendlich nach Gehör und Gefühl.

    Aber wie gesagt, ob "Päckchen bilden und Visualisieren" oder die Methode hinsichtlich "langsam mit langen Tönen rantasten": Üben und Gehör trainieren sind das "A und O".



    Schöne Grüße


    Boris
     
  7. Stephan

    Stephan Ist fast schon zuhause hier

    @ Rinaldo: Von wegen das machen die Profis so... das mache vielleicht ich so, aber ein wirklich guter Saxophonist geht niemals 2 taktig vor und fängt noch dazu auf der 1 an. Auch das mit dem tüdeldü stimmt nicht. Ein guter Saxophonist beginnt seine phrasen gezielt nicht auf der 1, jedoch spielt er meistens auf die 1 hin.

    Generell ist hier nicht das Ziel 12 Takte zählen zu können, sondern zu hören. Beim Blues muss man hören wann die Rhythmusgruppe auf die 4. Stufe geht usw.

    Die 6 mal 2 Takte sind aber für einen Anfänger trotzdem eine gute Hilfe. Ich halte mich daran z.B. immer noch.
     
  8. lakriz

    lakriz Ist fast schon zuhause hier

    Natürlich unterteilt man die fortlaufende Musik in kleinere Einheiten, jedoch sind 2 Takte wenig hilfreich, besonders im Blues. Die meisten Jazzstücke sind ganzzahlige Vielfache von 4, und der Blues besteht eben auch aus drei Phrasen zu je 4 Takten. Man muss also ein Gefühl dafür bekommen, wann 4 Takte um sind. Das geht leichter, wenn man nicht jeden Schlag zählt, sondern nur jeden zweiten. Beim Üben von Patterns, Tonleitern, Fingerübungen kann man damit schon anfangen: erstens immer mit Metronom, zweitens dieses nur auf die Eins und die Drei oder besser noch auf die Zwei und die Vier schlagen lassen und am besten überwiegend viertaktige Phrasen üben, bis man ein Gefühl für diese Einheit gewonnen hat.
     
  9. rinaldo

    rinaldo Ist fast schon zuhause hier

    Mir gings mit meinem Posting um die Ausgangsfrage von four und darum die Sache nicht komplizierter zu machen als unbedingt nötig. Mir hat das Konzept sehr geholfen. Wer das alles schon drauf hat, kann gerne seine Phrasen so lang machen wie die Magenluft reicht.

    Aber bei den 2-taktern bleibe ich (bin früher schließlich auch Moped gefahren). In der Musik, die ich so höre ist das das mit überwältigender Mehrheit vorzufindende Strukturmerkmal. Auch beim Blues. Hört euch mal ein paar Stücke gezielt daraufhin an. 2-takter gibts überall. 4-takter nur abzählbar viele :-D
     
  10. Stephan

    Stephan Ist fast schon zuhause hier

    @ Rinaldo: Auch das würde ich nicht sagen. Es ist eher umgekehrt. die 4-takter sind eigentlich vorherrschend. Jedoch ist es für einen Anfänger leichter erstmal von 2-taktern auszugehen weil man 2 Takte am Anfang leichter spürt (ich zumindest); als nächster Schritt sollten aber die 4 Takte folgen, denn 4-taktige Phrasen ergeben harmonisch meistens mehr Sinn. z.B. 2-5-1-4 (Autumn leaves).
    Phrasen, die man auf 2 oder 4 beginnt führen besser zur 1 hin. Auf 2 beginnende zur nächsten 1; auf 4 beginnende zur übernächsten 1.

    => ich finde die 2 Takte sind für den Einstieg ganz ok. Man sollte aber so schnell wie möglich den nächsten Schritt machen...
     
  11. Gelöschtes Mitglied 172

    Gelöschtes Mitglied 172 Guest

    Die 4-Takte kann man besser fühlen. Dann erübrigt sich das zählen. 6 mal bis 2 zu zählen, da würde ich mich mittendrin fragen, hast du jetzt schon 4 oder schon 5 mal 2 Takte gespielt. Versuch mal bei einem 12 taktigen Blues das Schema zu erfühlen.
     
  12. saxolina

    saxolina Strebt nach Höherem

    Hier der Tipp von meinem Lehrer, der sich bei mir bewährt hat:

    Das Stück in Viertakt-Abschnitte aufteilen, dann immer 2 Takte frei improvisieren und 2 Takte einen einfachen, eingängigen Lick spielen, der sich (bei 12 Takten) 3x wieder holt.

    Hat bei mir gut funktioniert. Relativ schnell kann man sich davon dann lösen.

    Saxolina
     
  13. Gelöschtes Mitglied 172

    Gelöschtes Mitglied 172 Guest

    Na dann sind wir auf die ersten Aufnahmen einer Impro gespannt ;-)
     
  14. saxolina

    saxolina Strebt nach Höherem

    Geduld ist eine Tugend...

    Saxolina
     
  15. Gelöschtes Mitglied 172

    Gelöschtes Mitglied 172 Guest

    sich Drücken aber nicht :-D
     
  16. saxolina

    saxolina Strebt nach Höherem

    Ich drück mich aber doch!
    Außerdem ist es noch nicht reif, was ich so von mir gebe...

    Liebe Grüße
    Saxolina
     
  17. Gelöschtes Mitglied 172

    Gelöschtes Mitglied 172 Guest

    Heuriger schmeckt doch auch.
     
  18. rinaldo

    rinaldo Ist fast schon zuhause hier

    Klar ist fühlen und -besser noch- antizipieren der Changes das große Ziel, aber dahin ging die Ausgangsfrage nicht und soweit sind wir ja noch nicht.

    Und klar gibt es harmonische Zusammenhänge, die über mehr als 2 Takte gehen, aber die melodischen Phrasen von Liedern sind überwiegend 2-taktig.

    Autumn Leaves: schönes Beispiel, hier mal der Textanfang:

    The falling leaves
    Drift by the window
    The autumn leaves
    Of red and gold

    So und jetzt mal mitsingen und dabei zählen.
    Das ist es was ich meine.

    Blues: auch schönes Beispiel, nehmen wir mal "Blues before sunrise" von Eric Clapton:

    I have the blues before sunrise, tears standing in my eyes.
    I have the blues before sunrise, tears standing in my eyes.
    It was a miserable feeling, now babe, a feeling I do despise.

    Struktur (je 2-Takte)
    Statement (Tonika), Statement 2. Teil (Tonika)
    Statement verstärkt (Subdominante), Statement 2. Teil (Tonika)
    Spannung (Dominante/Subdominante) Auflösung (Tonika).

    Wem es leichter fällt auf vier zu zählen als auf zwei, bitte schön. Von Herrn Einstein wird hingegen behauptet er hätte nicht auf drei zählen können :-D
     
  19. peterwespi

    peterwespi Ist fast schon zuhause hier

    Ob 6 x 2 oder 3 x 4 Takte zählen kommt auf die Form an. Beim Blues sicher nicht 6 x 2, sondern 3 x 4 Takte, weil das einzige, was einen Blues zum Blues macht ist der Wechsel auf Stufe IV (inkl. Stellvertreter und gleichkräftige Akkorde) in Takt 5. Und da ist gleich nach dem ersten Viererpaket der wichtige Wechsel auf der nächsten Zählzeit.

    Mein Tipp: Akkordschema besorgen und 1taktige Rhythmen jeweils auf dem Grundton spielen. So übt man mit der Zählerei auch gleich den harmonischen Zusammenhang in Bezug zum Grundton...
     
  20. ppue

    ppue Mod Experte

    Danke rinaldo, die erste richtige Antwort. Wie will man über einen 12-taktigen Blues improvisieren, wenn man garnicht weiss, warum der wie aufgebaut ist. Vergesst nicht die Musik beim vielen zählen. Rinaldo hat schon ein schönes Schema gemacht, ich versuchs mal mit Worten:

    Wie in dem Beispiel von Clapton (s.o.) ist es im traditionellen Blues (und davon sind alle anderen Bluesformen abgeleitet) so, dass es eine Textzeile gibt, die über die Tonika gesungen wird. Die gleiche Textzeile wird dann wiederholt, aber diesmal über die Subdominante (IV Stufe) gesungen. Interessanter Weise ändert sich die Melodie garnicht, macht also den Harmoniewechsel nicht mit, was den Effekt hat, das die Textzeile a) durch die Wiederholung bestärkt wird und b) durch die neue Harmonisierung in einem "anderen Licht" erscheint. Letzteres Phänomen finde ich so spannend und Blues-typisch, dass ich rate, sich damit besonders zu beschäftigen. Danach kommt die 3. Textzeile, oftmals die Antwort auf die ersten beiden Zeilen und diese wird über die Dominante gesungen (V Stufe). Hier kann es sein, das auch diese 3. Zeile exakt die gleiche Melodie hat, wie die ersten beiden. Muss aber nicht.

    Oftmals geht der Text über 2 Takte, so dass 2 Takte pro Phrase (bei rinaldo Statement 2.Teil genannt) übrig bleiben, die mit einer Sololinie gefüllt werden. Diese beiden Takte sind von der Funktion auf der ersten Stufe.

    Mal praktisch, St. Louis Blues (Handy) in C:


    I hate to see the evening sun go down. (dudeldideldideldumm)
    C . . . . . . . . . .C . . . . . . . . . . . . . . . . C. . . . . . . . . . . . . . . C. . . . . . . .

    I hate to see that evening sun go down. (dudeldideldideldumm)
    F . . . . . . . . . .F . . . . . . . . . . . . . . . . . C. . . . . . . . . . . . . . . C. . . . . . . .

    'Cause my baby, he done left this town. (dudeldideldideldumm)
    G . . . . . . . . . . . . . .G . . . . . . . . . . . . . . C. . . . . . . . . . . . . C. . . . . . . . .


    Das ist die Urform, alles andere ist Ausschmückung.

    Kennt man die Funktion der drei Zeilen, dann kann man dies auch in der Improvisation anwenden. Also:

    Spielt eine 4-taktige Frage
    Wiederholt diese
    und gebt eine 4-taktige Antwort

    Das klingt einfach, aber in der Praxis ist es schon schwierig, sich die ersten vier Takte einer Improvisation zu merken. Besonders wenn man dudelt und meint, man müsse viele Töne spielen. Also: einfach spielen, wenig Töne, klare Phrasen und viel viel viel alten Blues hören!!!

    Grüße pü
     
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