Absteigendes Kulturgut?

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Blofeld, 12.März.2023.

  1. saxfax

    saxfax Strebt nach Höherem

    Von Bayern über Rheinland-Pfalz bis nach Norddeutschland, wo ich jetzt seit langem lebe, habe ich ein ziemliches Gefälle von traditioneller Musik wahrgenommen. Im Süden gab's (zumindest früher) auch viele Folkclubs, die die jungen Leute anzogen, zahlreiche Festivals. Hier im Norden kaum etwas in der Richtung. Dafür Klaus & Klaus und Shantychöre.
     
  2. rbur

    rbur Mod

    Hier in B-W hat jedes Kaff einen Musikverein. Meine Kinder wohnen in Kiel. Da gibt es drei Blasorchester, von denen eines meiner Tochter gefällt. Die andere fährt jede Woche nach Neumünster, um dort mitzuspielen.
     
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  3. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Lässt sie machen, selbst mit der Maschkera! ;)
    Ist doch gut, wenn der Funke wieder Feuer anfacht, so wie bei Blue Grass, NO-Jazz, etc.

    Vielleicht werden dann auch die volkstümlichen Hitmaschinen irgendwann verdrängt.

    Ich habe früher auch oft zu Weihnachten mit eingefleischten dieser Branche zu überwiegend österreichischer Saitenmusik die Klara als Schalmei geblasen. Das war wunderschön und gar nicht so trivial, das gut zu machen. Leider ging das mehr von der letzten authentischen Volksmusikgeneration aus und in meinem Alter war da damals wenig los. Ich hätte sogar noch eine Zither im Keller, aber ich fürchte für dieses Revival bin ich jetzt zu alt. Mir reicht der Jazz um nicht mehr hinterherzukommen. :)
     
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  4. Gelöschtes Mitglied 1142

    Gelöschtes Mitglied 1142 Guest

    Und noch mehr Gesangsvereine und Chöre. Man kann sich vielschichtig musikalisch betätigen. 872EDAF5-6F86-4932-84A5-F59A376A1F54.jpeg
     
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  5. JazzPlayer

    JazzPlayer Ist fast schon zuhause hier

    Mal ins Blaue spekuliert würde ich vermuten, dass (traditionelle) Musikvereine und Kapellen dort am ehesten anzutreffen sind, wo auch andere Traditionen und Brauchtum gepflegt wird wie Karneval/Fasching, Schützenfest oder sich "Subkulturen" wie Bergleute oder trachtentragende Zünfte erhalten haben - und entsprechende lokale Feste einer musikalischen Untermalung bedürfen.
     
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  6. Gelöschtes Mitglied 15173

    Gelöschtes Mitglied 15173 Guest

    1+
    A zünftig Blaskapej is ma do in Berlin no ned üba den Weg glaffa :):D
     
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  7. ppue

    ppue Mod Experte

    Hatte neulich Besuch von dem unteren Mieter seine Kinder. Haben mein Keyboard zur Gänze bearbeitet und noch Tage danach davon geschwärmt. Da geht was. Schaue gerade nach preiswerten Keyboards.
     
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  8. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @ppue
    Manchmal tauchen Sätze auf, die machen Hoffnung !
    Mir jedenfalls.

    VG
     
  9. altblase

    altblase Strebt nach Höherem

    Mänergesangvereine ohne Nachwuchssorgen?
    In unsererer Region sind sie fast alle verschwunden.:cool:
     
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  10. saxchrisp

    saxchrisp Ist fast schon zuhause hier

    Das hätte ich nicht gedacht:
    https://guitar.de/news-aktuelles/studie-19-prozent-der-deutschen-machen-aktiv-musik

    Aber auch hier wieder folgendes Problem:
    "Nichts geändert hat sich hingegen bei den zum Teil gravierenden Unterschieden in den verschiedenen soziodemografischen Gruppen: Gut gebildete Menschen mit höherem Einkommen musizieren etwa doppelt so oft wie Menschen mit niedrigerem sozioökonomischem Status."
     
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  11. Gelöschtes Mitglied 1142

    Gelöschtes Mitglied 1142 Guest

    Ob die Nachwuchssorgen haben, weiß ich nicht. Da habe ich keinerlei Einblick. Mir ging es nur darum, beispielhaft aufzuzeigen, wie viel mehr Vereine es gibt, die ohne Instrumente Musik machen im Verhältnis zu Musikvereinen.

    @JazzPlayer: die Nachbargemeinde Schielberg ist sehr stark im Fasching aktiv. In Dort gibt’s sogar einen Verein, der Guggenmusik macht: https://www.dannazaepflen.de/
     
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  12. Ôkami84

    Ôkami84 Ist fast schon zuhause hier

    [QUOTE=""Nichts geändert hat sich hingegen bei den zum Teil gravierenden Unterschieden in den verschiedenen soziodemografischen Gruppen: Gut gebildete Menschen mit höherem Einkommen musizieren etwa doppelt so oft wie Menschen mit niedrigerem sozioökonomischem Status."[/QUOTE]

    Das ist doch eines der Grundprobleme von Kunst in unserer Gesellschaft: Musik wird von den ökonomisch besser gestellten Schichten zur Abgrenzung nach unten benutzt. Und in einer Gesellschaft wie unserer, in denen die reichsten 10 Prozent über 60% des Gesamtvermögens verfügen (Tendenz steigend) und die ärmsten 20% über gar kein Vermögen, haben viele Eltern gerade andere Probleme als darüber nachzudenken, wie sie ihrem Kind Musizieren ermöglichen. An Gymnasien mag es zwar so etwas wie Bläserklassen mit günstigen Leihinstrumenten geben, aber man muss nur mal in die Haupt- und Realschulen gehen, um zu sehen, dass es für diese Kinder eben nicht so einfach ist, mit Instrumenten zu kommen. Und komme mir jetzt keiner damit, dass Keyboards, etc. ja sehr günstig sind. Spätestens in dem Moment, wo die ärmeren Kinder mit anderen in Austausch kommen, die ihr Klavier von Mama und Papa gesponsert/vererbt haben und auch noch privaten Instrumentalunterricht bezahlt bekommen, verlieren viele die Lust. Das war bei mir übrigens ganz genauso: Im Gymnasium (5.Klasse) "lernten" wir Keyboard spielen. Ich gehörte zu den 25% die keinen Instrumentalunterricht vorher genossen hatten und durfte dann fehlerhaft Anfängerstücke vor der gesamten Klasse vorspielen, während manche anderen schon "Für Elise" auswendig spielen konnten. Das war so förderlich für mein musikalisches Selbstvertrauen, dass ich mich erst mit 18 Jahren ans Saxophon getraut habe. Im Nachhinein eine der besten Entscheidungen meines Lebens mir einen Zuschusss zum Tenorsax zum 18. Geburtstag zu wünschen und keine Schrottkarre.

    Lösungen für das Problem? Eine ordentliche Sozialpolitik und kostenlose Leihinstrumente an ALLEN Schulen wären schon mal ein Anfang.
     
  13. altblase

    altblase Strebt nach Höherem

    Nicht, dass Ihr mich für pessimistisch haltet, aber ich denke, dass das Musikmachen mit Orchesterinstrumenten, zumindest auf breiter Ebene, in einigen Jahren in unserer Gesellschaft kaum noch existieren wird.

    Einige Faktoren wurden bereits benannt. Mit entscheidend ist auch, dass wir uns in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr vom Kollektiv- zum Individualmenschen entwickelt haben. Jeder hat so seine eigenen Bedürfnisse, Befindlichkeiten, Ansichten..., die immer weniger kompatibel mit einem Kollektiv sind, zumindest im Freizeitbereich. Der Zugang zu einem Blasinstrument erfolgt meistens immer noch im Zusammenhang mit einer fest institutionalisierten Gemeinschaft/Verein.

    Nun ist dieser Gemeinschaftsgeist immer weiter geschrumpft. Ein Blick in unsere Schulklassen spricht da schon Bände und lässt erahnen, wie es mit der Zukunft unserer Gesellschaft bestellt sein. Zu viele Partikularinteressen, in denen das Wort "ICH!" im Mittelpunkt steht. Dazu kommt noch die abnehmende Anstrengungsbereitschaft...Wird in den Schulen nicht gegengesteuert? Ich nehme in unserer Schullandschaft viele engagierte Pädagogen und eine zunehmende Anzahl von Schulsozialarbeit wahr, die wirklich gute Konzepte entwickeln und auch umsetzen, aber mit dem Ergebnis, das gegen null resultiert und kaum etwas verändert. Man bekommt das Ruder, trotz großem pädagogischen Aufwand, irgendwie nicht herumgerissen. Auch der Ertrag der eingeführten Bläserklassen hält sich in engen Grenzen.

    Wie sieht es bei mir selbst aus? Ich bin auch im Laufe der Jahre individualistischer geworden. Ich halte mich sportlich gerne fit, ca. dreimal die Woche, aber bevorzuge das Fitnesstudio. Möchte meine Zeit individuell planen. Um Musikvereine mache ich einen großen Bogen. Mir irgendwie zu viel Gesimmse, Vereinsgequake und Uniformität. Letzteres meine ich nicht nur auf die Kleidung bezogen. Mag auch in punkto musikalische Qualität und Präferenz keine Kompromisse mehr eingehen.
    Projekte, die meiner individualistischen Neigung entgegenkommen, bevorzuge ich eher. Man merkt schon: "Ich! Ich! Ich!" Es ist einfach so.

    Aktive Amateur-Musik wird nicht untergehen, aber individualistischer und nicht mehr in der quantitativen Breite stattfinden. Interessant die Bemerkung eines Freundes, der selbst ein großes Musikhaus betreibt, der darauf hinweist, dass der Umsatz an Blasinstrumenten weiter abnimmt, während der Bereich der Tasteninstrumente kaum bis keinen Verlust aufweist. Auch "richtige" Klaviere werden noch relativ gut verkauft.:cool:
     
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  14. Ôkami84

    Ôkami84 Ist fast schon zuhause hier

    Diese Beobachtung deckt sich mit der des Verkäufers: Mein Schwager (selbständiger Architekt) hat sich mit Mitte 40 ein Keyboard gekauft; vorher hat er nie musiziert. Vorteile gegenüber Blasinstrumenten: Selbst einstellbare Lautstärke (gerade in Mietwohnung oder Reihenhäusern nicht zu unterschätzen), riesige Notenauswahl aus ALLEN Bereichen und so schief wie auf nem Blas-oder Tasteninstrument kann man anfangs gar nicht klingen. Viele wissen doch auch gar nicht mehr, wie ein Saxophon oder eine Trompete sich live anhört und kennen nur Keyboard-Samples oder nachbearbeitetes Zeug.

    Eines solltest Du aber nicht unterschätzen: Diese Individualisierungstendenz kann sich in den nächsten Jahrzehnten wieder drehen, auch wenn es uns schwer vorstellbar erscheint. Menschen machen ihre Geschichte immer noch selbst und die negativen Folgen der extremen Individualisierung/Ellenbogenmentalität sehen viele doch schon sehr klar.
     
  15. JazzPlayer

    JazzPlayer Ist fast schon zuhause hier

    Vielleicht ist es auch einfach mangelnde Frustrationstoleranz bzw. das durch social media geförderte Verlangen, immer gleich für alles sofort eine positive Rückmeldung zu bekommen.

    Ich lerne seit 2,5 Jahren Trompete mit Musikschulunterricht und bin mit mir dabei ganz fürchterlich unzufrieden. Ein großer Teil davon liegt an mir selbst, weil ich zu wenig übe und so hinke ich in fast allen Bereichen meinen Ansprüchen hinterher.
    Trotzdem würde ich sagen, dass ein Blechblasinstrument im Verhältnis zu vielen anderen Instrumenten einfach schwerer zu erlernen ist, bis man ein grundlegendes instrumentales Niveau erreicht. Als Erstinstrument hätte ich das vielleicht sogar wieder hingeschmissen.
    Da ich aber mit anderen Instrumenten gute Ausweichoptionen habe, wenn ich "richtig" spielen will, fällt es mir leichter, doch noch dranzubleiben.
     
  16. rbur

    rbur Mod

    nee, ganz und gar nicht

    https://www.schwarzwaelder-bote.de/...ten.3bfc571e-8c40-413c-9a44-9cbbd98393fc.html
    Gaistal ist nicht mehr singfähig und fusioniert mit Bernbach, die haben dann insgesamt 25 Sänger

    Bad Herrenalb steht sehr gut da, wird aber demnächst ein Altersproblem kriegen, wenn man sich die Bilder auf der Werbseite so anschaut


    Der Männergesangverein bei uns hat sich vor ein paar Jahren aufgelöst, am Schluss 7 Sänger. Durchschnittsalter 75+
    Unser Kirchenchor (ehemals wohl der größte Kirchenchor Badens) hat sich erst mit dem Chor des Nachbardorfes zusammengetan und war unter neuer Leitung auch ganz gut, aber eben total überaltert. Mit dem Weggang der Chorleiterin haben sie dann die Reißleine gezogen und den Chor aufgelöst. Meine Eltern haben da bis zum Schluss mitgesungen. Fast 50 Jahre lang.
     
  17. rbur

    rbur Mod

    In dieses Horn möchte ich auch stoßen! Wichtig ist doch, dass man irgendwas macht. Und ein Chor ist eine gute Gelegenheit auch für Leute mit wenig Geld, etwas zu machen.
    Trotzdem nehmen die Chöre immer mehr ab.
    Manchmal werden Popchöre gegründet, um moderne Sachen zu machen. Aber die sind dann auch irgendwann ein Verein, der einen Probenraum braucht und einen Dirigenten bezahlen muss und nach ein paar Jahren keinen Nachwuchs mehr kriegt.
     
  18. GelöschtesMitglied725

    GelöschtesMitglied725 Guest

    In meinem Umfeld bemerke ich im Hobby/Amateur- Bereich großen Rückgang an Interesse. Und die von altblase genannte Ich-Bezogenheit.
    Zum Beispiel gibt es hier tolle Bands, sogar mit Management, Gigs, kostenlosen Proberaum, aber keine Mitmusiker, die Interesse haben. Gängige Musikrichtung, daran liegt es nicht, denn das gefällt noch vielen.
    Und wenn man dann mal Interessenten gefunden hat, kommen diese mit Forderungen z.B. Ich probe nur 1 x vor Gig, Ich möchte _ _ _ _ stellige Gage, Ich möchte nur diese Songs.........beim ersten Zusammenspiel stellen dich dann aber Fakten dar, die die genannten Forderungen etwas ins Wanken bringen.

    Als ich vor meiner langen musikalischen Pause mit Musik gestartet bin, wären vor solchen Angeboten Musiker an Proberaumtür Schlange gestanden. Habe ich damals oft erlebt, wenn Musiker gesucht wurden.
     
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  19. Bereckis

    Bereckis Gehört zum Inventar

    Vielleicht ist Corona noch nicht weg?

    In meinem Berufsumfeld sind viele aktuell erkrankt.

    Mir persönlich wäre es vermutlich auch noch zu früh.

    Ich denke, dass mit der Zeit auch wieder mehr Interesse geben wird.
     
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  20. rbur

    rbur Mod

    Das war eigentlich schon vorher so.

    Ich habe bis vor ein paar Jahren in so einer betreuten Bezahlband im MusicLab gespielt. Wo man eigentlich meinen müsste, dass die Bass- und Gitarrenschüler da Schlange stehen müssten, um mal nicht nur alleine und mit Lehrer zu spielen. War aber nicht so.
     
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