Das Metronom ist Dein Freund!

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Wanze, 7.November.2018.

  1. noodles

    noodles Ist fast schon zuhause hier

    Richtiger wäre vielleicht: "Das Orchester interpretiert unter der Führung des Dirigenten". Ich kann daran aber nichts Überkommenes erkennen. Wenn man so ein Werk wie Bruckners 7. einstudieren will, muss jemand vorne stehen, der den Laden führt und zusammenbringt, sonst gibts großes Chaos.

    Stimmt, das ist auch mein großes Kino. In der Agogik steckt wahnsinnig viel Potential und Spannung drin und es ist sehr interessant, "sich darin zu trainieren". Mit viel Übung gelingt das sogar (bis zu einem gewissen Grad) beim "Üben mit Metronom".

    Wenn ich an manchen Stellen in der Klassik nicht mehr zählen würde, wäre ich hoffnungslos verloren. Häufig zähle ich konzentrierter an Stellen, wo man es nicht mal vermuten würde, die rhythmisch gar nicht schwer sind, sondern eher die längeren Noten gehalten werden. Ob man jemals an den Punkt kommen kann, an dem es vorteilhaft ist, nicht mehr zu zählen, wage ich zu bezweifeln.

    ich habe noch nie in meinem Leben einen (von mir als respektabel bezeichneten) Musiker getroffen, der von sich behauptet, er hätte nie mit Metronom geübt. Die meisten, die ich kenne, nehmen den kleinen Nervtöter sehr, sehr ernst.
     
  2. ppue

    ppue Mod Experte

    Ein Orchester kann nicht interpretieren. Dazu bedarf es der Absprache. Die Orchestermitglieder aber setzen sich nicht zusammen und sprechen ab, wie sie die Sechszehntel nehmen wollen. Das bestimmt der Dirigent und ist damit Interpret des Werkes.

    Musik ist immer auch Abbild der gesellschaftlichen Struktur der jeweiligen Zeit. Ein dirigiertes Orchester ist entspricht dem Volk und einem Führer. Ich dachte, die Struktur hätten wir hinter uns gelassen. Aber wer weiß, in letzter Zeit bin ich mir nicht mehr so sicher.
     
  3. Rubax

    Rubax Strebt nach Höherem

    Genau, ich zähle bei langen Tönen und bei längeren Pausen, das Metronom hilft trotzdem auch bei kürzeren Passagen zum Einstudieren, besser um Fehler festzustellen, zu leicht schleichen sich 8tel-Pausen ein ...
     
  4. quax

    quax Gehört zum Inventar

    Aua. Und schon habe ich Migräne.


    Wie ist das bei Deine Chor?
     
    murofnohp gefällt das.
  5. Kohlertfan

    Kohlertfan Strebt nach Höherem

    Ein Orchester ist im Grunde ein Musikinstrument, das vom Dirigenten gespielt wird.

    Eine Band kann eine demokratische Angelegenheit sein, wobei sich da ja auch in der Regel der größte Egomane und Rechthaber durchsetzt! :wink:
     
  6. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    :)
    Wenn da "das Volk" nicht mitspielt, ist (auch da) "der Führer" machtlos. Die Voraussetzung, dass dies nicht in pure Anarchie mündet ist (auch da), dass sich Teile (des Orchesters) abstimmen und zusammentun und unter einer "Führung" (upps ---schon wieder ----- wir kommen nicht von weg.....) eine "geregelte Revolution" durchführen...........................................
     
  7. ppue

    ppue Mod Experte

    Ähnlich überkommene Struktur, ganz recht. Kommt auch aus jahrhundertlanger Tradition.

    Wir arbeiten ja dran. Auch unsere parlamentarische Demokratie weißt in seiner hierarchischen Struktur noch mehr Merkmale mit dem Kaisertum auf als eine wirkliche Demokratie, wo die Bürger an oberster Stelle stehen und die Politiker deren Willen umsetzen.
     
  8. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Manchmal auch der kreativste Kopf
     
  9. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich assoziierte mit "Führer" nicht den Knallkopp aus dem letzten Jahrhundert, sondern meinte ganz allgemein das Prinzip, ohne eine jegliche Wertung.
     
  10. noodles

    noodles Ist fast schon zuhause hier

    Wie auch immer, ich sehe das nicht so. In jedem Fall halte ich den Dirigenten für notwendig, wenn man ein so komplexes Gebilde aus einzelnen Musikern zu einem sinnvollen Ganzen vereinigen möchte.

    70 Einzelmusiker, die im Profiorchester im überwiegenden Teil höchstes künstlerisches Niveau erreichen, mit einem Stück Blech zu vergleichen, ist doch sehr reduziert. Das klingt ja so, als ob Dirigenten jeden künstlerischen Vorstoß des Orchesters erwürgen möchten, nur um Ihren eigenen Stempel auf das Orchester aufzudrücken. Ich habe nicht die Erfahrung gemacht, dass Dirigenten so agieren. Sie versuchen eher, die Interpretation des Orchesters hervorzulocken, sie zu animieren, zu unterstützen und zusammenzubringen. Jeder Spieler hört ja auch alle anderen und versucht (hoffentlich) sich in das Ganze einzufügen. Kann man das schon als eine Art "Interpretation" einstufen?
     
    Livia gefällt das.
  11. ppue

    ppue Mod Experte



    Die Probe beginnt bei 2'39''.
     
  12. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Dann verstehe ich diesen Deinen Satz nicht


    Aber : :topic:
     
  13. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich dachte, wir wären auf dem Weg zu mehr Demokratie. Leider sehe ich in letzter Zeit in vielen Ländern das Bedürfnis des Volkes nach einem starken Mann. Das wäre dann so etwas wie ein Führer.
     
    murofnohp und Bereckis gefällt das.
  14. RomBl

    RomBl Guest

  15. tango61

    tango61 Ist fast schon zuhause hier

    Vom Metronom als Freund, zur Philosophie von Macht, Führung und Unterwerfung.
    Wohin die Musik uns treibt
     
    Wanze gefällt das.
  16. Wanze

    Wanze Strebt nach Höherem

    Ja, irgendwann gleiten die Diskussionen ab... aber trotzdem freut es mich, wie sich der Thread entwickelt: Ich hatte lange überlegt, ob ich so etwas einfaches wie den Umgang mit dem Metronom hier posten soll... schliesslich sind die aktiven Mitglieder zu 95% Experten. ;)
    Das Feedback zeigt, dass es doch gut war, den Link zu teilen. Vielleicht werde ich mir bei Gelegenheit erlauben, auf weitere Grundlagen-Videos hinzuweisen.

    Grüße,

    Wanze
     
  17. ppue

    ppue Mod Experte

    Der Schritt vom Metronom zu Philosophie ist kleiner als man denkt, denn Musik ist Kultur und bildet die Gesellschaft ab.

    Du kannst dich an etwas dran hängen, dich führen lassen und schauen, dass du möglichst genau mitspielst (zum Beispiel an ein Metronom oder einen Dirigenten), oder du machst das Tempo selber in Eigenverantwortung.

    Ich denke, beides will geübt und gekonnt sein.

    Im (eher demokratischen) Jazz hat jeder Spieler seine eigene Zeitauffassung während die Militärkapelle dem Rhythmus des Tambourmajors folgt.
     
    Zuletzt bearbeitet: 16.Dezember.2018
  18. GelöschtesMitglied1589

    GelöschtesMitglied1589 Guest

    Der Titel "Das Metronom ist dein Freund!" erinnert mich an die Anekdote, als der damalige Bundespräsident Gustav Heinemann (die Älteren mögen sich erinnern) gefragt wurde, ob er denn dieses Land liebe. Die wunderbare Antwort lautete: "Ich liebe meine Frau."
    In dem Sinne: das Metronom kann mir als Werkzeug dienen, aber nie und nimmer mein Freund sein.
    Dazu ein Auszug aus dem wunderbaren Lied "A Case of You" von Joni Mitchell, das auf den Punkt bringt, wieviel isolierte Konstantheit als Freund oder Partner wert ist:

    Just before our love got lost you said
    "I am as constant as a northern star"
    And I said "Constantly in the darkness
    Where's that at?
    If you want me I'll be in the bar"

    Wer's hören möchte, bitte schön.

     
    murofnohp gefällt das.
  19. Paco_de_Lucia

    Paco_de_Lucia Ist fast schon zuhause hier

    ...
    was hast Du denn für eine?
    Selbst erstellt? oder kann man das erwerben?
    Da hab ich auch ab und an Nachholbedarf - wennst in der BB einspringen musst - und die Arr. in Parkermanier uptempo da stehen, wirds oft kniffelig,
    besonders, wenn der Druck dann nicht mehr so toll lesbar ist.....schnell Strukturen erkennen ist hilfreich.
    Thx
    Paco
     
  20. Paco_de_Lucia

    Paco_de_Lucia Ist fast schon zuhause hier

    Das glaubt aber auch nur ein Dirigent-Student im 1.Semelster
    Ein Orchester ist schon ein - nicht sehr liberales - Konsortium aus vielen Musikern, die auch recht gut ohne Dirigenten auskommen.
    Zumindest im prof. Bereich, wo Intonation, Rhythmus etc [bleiben wir mal Klassisch] kein Thema mehr sind,
    auch das 'Aufeinander Hören' exellent umgesetzt ist. - das meine ich mal für die symphonische Musik, bei Oper wirds schon etwas schwieriger.
    Für mich ist der Dirigent eher eine Art coach, der die Stücke sinnhaft erarbeitet, eigene Ideen mit einbringt - viele Möglichkeiten hat er eh nicht, da die 'Musik' in Form von Noten → Tonhöen, Rhythmus und Dynamik feststeht.
    Er kann dann mit Agogik bisi rummachen. Und das wird dann auch oft schwammig.
    Wenn ich manche Dirigenten sehe beim Konzert, frag ich mich, was macht der da eigentlich.
    Aber gibt auch andere - die Dich in einen Bann ziehen - wie ein Sog, da bist plötzlich zu Leistungen fähig, die Du Dir so gar nicht zugetraut hättest.
    Ja, das ist der eher negative Eindruck, gibt aber auch Egomanen, wo dann was tolles hinten rauskommen - und man als kleiner Member froh war, dabeigewesen zu sein.
    Bsp. Miles Davis.
    Bei sehr demokratischen Bands wird dann eher über die Teesorte diskutiert, bis wir die erste Note mal gespielt haben...lieber ne klare Ansage und ein klares Konzept.
    [das gilt für mich]
    cheers Paco
     
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