Frage an die Lehrer-Kollegen

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von yts62, 11.Januar.2010.

  1. MatthiS

    MatthiS Schaut nur mal vorbei

    Hallo.

    Ich hatte als Sax-Lehrer mal genau so´n Fall, ähnliches Alter allerdings ein Junge.

    Ich habe zunächst mit der Mutter gesprochen und es war eine ähnliche Antwort ("er ist so"). Da sie immer noch beim Unterrichten im Raum saß, habe ich sie gebeten dann nicht mehr dabei zu sein.
    Danach habe ich mit dem Schüler selbst gesprochen, warum er jetzt weint, sich den Druck macht etc. Und ich habe von mir erzählt, wie es mir ging als Schüler und heute noch geht. Und letztendlich habe ich mit ihm das Üben geübt. Er hat mir gezeigt (also nicht nur gesagt!), wie er zu Hause übt, das habe ich ihn erstmal auch genauso machen lassen und dann habe ich ihm gezeigt, wie es effektiver wird. Und alles zusammen hat dann super funktioniert.
    Und wenn es dann trotzdem mal wieder zu Frustation kam, haben wir eben wieder darüber geredet etc.

    Die Vorschläge alternative Sachen zu machen bzw. auszuprobieren halte ich im Übrigen auch für eine sehr gute Idee.

    Und bezüglich der Therapeutenarbeit: In einem anderen Fall hatte ich mal ein pubertierendes Mädchen, die auch plötzlich anfing zu weinen nachdem ich vorsichtig Kritik übte. Wir haben darüber geredet und heraus kam, daß sie Probleme zu Hause hatte. Danach haben wir wohl mindestens ein viertel Jahr fast nur geredet im Unterricht und alibimäßig mal ´n Ton oder ein Stück gespielt. Das war auch okay.

    Mit was bzw. welcher Schule etc. unterrichtest Du denn?

    Gruß, MatthiS
     
  2. MatthiS

    MatthiS Schaut nur mal vorbei

    Hallo.

    Ich hatte als Sax-Lehrer mal genau so´n Fall, ähnliches Alter allerdings ein Junge.

    Ich habe zunächst mit der Mutter gesprochen und es war eine ähnliche Antwort ("er ist so"). Da sie immer noch beim Unterrichten im Raum saß, habe ich sie gebeten dann nicht mehr dabei zu sein.
    Danach habe ich mit dem Schüler selbst gesprochen, warum er jetzt weint, sich den Druck macht etc. Und ich habe von mir erzählt, wie es mir ging als Schüler und heute noch geht. Und letztendlich habe ich mit ihm das Üben geübt. Er hat mir gezeigt (also nicht nur gesagt!), wie er zu Hause übt, das habe ich ihn erstmal auch genauso machen lassen und dann habe ich ihm gezeigt, wie es effektiver wird. Und alles zusammen hat dann super funktioniert.
    Und wenn es dann trotzdem mal wieder zu Frustation kam, haben wir eben wieder darüber geredet etc.

    Die Vorschläge alternative Sachen zu machen bzw. auszuprobieren halte ich im Übrigen auch für eine sehr gute Idee.

    Und bezüglich der Therapeutenarbeit: In einem anderen Fall hatte ich mal ein pubertierendes Mädchen, die auch plötzlich anfing zu weinen nachdem ich vorsichtig Kritik übte. Wir haben darüber geredet und heraus kam, daß sie Probleme zu Hause hatte. Danach haben wir wohl mindestens ein viertel Jahr fast nur geredet im Unterricht und alibimäßig mal ´n Ton oder ein Stück gespielt. Das war auch okay.

    Mit was bzw. welcher Schule etc. unterrichtest Du denn?

    Gruß, MatthiS
     
  3. yts62

    yts62 Ist fast schon zuhause hier

    Hallo MatthiS,

    vielen Dank - sehr guter Ansatz.

    Ich unterrichte mit der Literatur von Mattiahs Böyer - Saxophon ab 130 (Sax-Schule für Kinder)

    Ich halte das Buch für recht geglückt, da es die Kinder zum einen durch sehr leichte Übungsstücke und zum anderen durch lustige Illustrationen anspricht.

    Die Stücke bestehen am Anfang alle nur aus wenigen Tönen, um zunächst mal ein Gefühl für das blasen und das Instrument zu bekommen. Es sind auch sehr viele Kinderlider in dem Buch, aber soweit sind wir noch nicht.

    Es dauerte bei meiner Schülerin alleine schon fast 2 Monate, bis sie überhaupt mal raus hatte, wie fest sie in in das Sax reinblasen musste, um einen Ton zu erzeugen.

    Sie ist ein sehr zartes Persönchen, und am Anfang blies sie in das MPC, als wenn sie eine Seifenblase formen will.

    .. das war in diesem Fall genau so - nicht nur das, sie hatte auch noch ihren hyperaktiven 4-jährigen Sohn mit dabei, der das Unterrichten nicht gerade leicht machte. Da ich eine mobile Musikschule betreibe (also zu den Schülern nach Hause fahre) konnte ich natürlich nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und sie bitten, weg zu bleiben. Aber nach einigen Unterrichtseinheiten bat ich sie dann doch darum. Sie war etwas pickiert, kam aber meinem Wunsch nach. Seitdem haben wir unsere Ruhe während des Unterrichts.
     
  4. JES

    JES Gehört zum Inventar

    @yts62
    Also ich unterrichte nicht. Besser nicht, weil mir dazu die Geduld fehlt.
    Allerdings kenne ich dieses Problem aus der anderen Perspektive, nämlich der Deiner Schülerin. Weil während Schule und Studium war es bei mir das Gleiche, gebüffelt wie ein Irrer und dann doch nichts erreicht. Mir hat dann jemand auf den Kopf zu gesagt, daß ich nur schwarz und weiß, richtig oder falsch und eben perfekt oder gar nicht kenne, aber eben keine Zwischenpositionen wie grau.

    M.E. machen sich Schüler in den seltensten Fällen den Druck selbst, schon gar nicht mit 11 Jahren. Das kommt von außen, wahrscheinlich doch über die Mutter. Kleine Menschen reagieren sehr empfindlich auf so Sprüche wie "jetzt bezahlen wir schon 25€, nun spiel auch mal was vor." oder " zeig doch mal, was ihr im Unterricht heute NEUES gemacht habt". Und unbewußt wissen kleine Menschen eben auch, daß es der Familie vielleicht nicht einfach gefallen ist überhaupt ein Instrument zu kaufen und daß dafür vielleicht ein urlaub ausgefallen ist (Schuldgefühle!)

    Die zweite Quelle bist u.U. sogar Du selbst. "Wenn der Lehrer schon so ein Stück fehlerfrei spielen kann, warum kann ich das nicht, wo ich doch geübt habe. Bin ich dümmer als mein Lehrer??" das waren so Gedanken, die mir durch den Kopf geschossen sind. Und da kommst Du schwer gegen an als Schüler. Als Erwachsener kannst Du u.U. mit dem verstand gegen solche Gedanken an, als Heranwachsender, mmhh??? Abhilfe: der Lehrer verhaut sich eben auch :). Auch mal beim Vorspiel, wo alle Aufmerksamkeit auf Dir ruht. Flutsch, ein Ton der da nicht sein sollte. Dann lacht ihr beide drüber. Oder noch besser, Du verhaust Dich beim Zusammenspiel, sie nicht. Was meinst Du wie glücklich die Kleine wird, wenn sie DIR als ihr Vorbild zeigen kann, daß Du Dich verhauen hast, sie also etwas besser kann also Du.
    Und der dritte Ansatz, den hier schon einige genannt haben: weg von richtig oder falsch. Das gar nicht erst dieser Druck aufkommt etwas nicht richtig zu können. Hier kann ich Dir kein Rezept geben, aber Du hast ja schon Tips dazu bekommen.
    Ich bin überzeugt die Kleine packt das. Nur Du mußt ihr dabei helfen und das wird Dich Kreativität, Geduld und sehr viel Einfühlungsvermögen kosten.
    JEs
     
  5. Mankalita

    Mankalita Kann einfach nicht wegbleiben

    Hallo Jes,

    in einem Punkt täuschst du dich sicher. Kinder (Schüler) machen sich wohl selber Druck, auch schon mit 11, sogar schon mit 10. Oftmals sind wirklich die Eltern daran "Schuld", weil Kinder viel mehr (auch unterbewußt und unterschwellig) mitbekommen als manche Erwachsene ahnen. Manche Kinder setzen sich aber auch selbst unter enormen Druck, die Gründe kann ich dir nicht sagen, ich weiß nur aus eigener Erfahrung (meinem jüngeren Sohn) dass es so ist. Sei es dass sie über andere Kinder was aufschnappen, sei es eigener Ehrgeiz der übertrieben wird...

    Netten Gruß - Christine
     
  6. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Hi Christine
    Also ich sehe in Deiner Argumentation keinen Widerspruch: Kinder machen sich Druck, weil sie von Eltern, Freunden etc. was aufgeschnappt haben. Auch übertriebener Ergeiz kommt m.E. von außen, weil Ziele und Zeitvorgaben von außen kommen. Und meißtens kommen da noch Lob und Tadel dazu, ebenfalls von extern. Wir Erwachsenen erkennen manchaml gar nicht, was für unseren Nachwuchs für Lob und Tadel steht. Das müssen nicht verhängte Strafen oder Belohnungen sein. Aufmerksamkeit, Zeit mit den Eltern etc. oder aber auch Status bei den Mitschülern können auch Antrieb sein.
    Ich behaupte außerdem, daß übertriebener Ergeiz keinen Spaß mehr macht. Aber ich bin kein Psychologe. Es wird da sicher auch Fälle geben, wo es eben anders ist.
    JEs
     
  7. yts62

    yts62 Ist fast schon zuhause hier

    .. das ist ja genau der Grund, warum ich bei der ganzen Sache so unsicher bin und somit nicht weiß, was richtig oder eben falsch ist. Meiner Meinung nach können Tränen während des Unterrichts nicht die Antwort auf freudiges miteinander musizieren sein. Auch wenn die Pädagogen unter euch behaupten, dass weinen durchaus eine positive Äußerung sein kann, so gehört sie doch nicht in den Musikunterricht, wo es fröhlich und gelassen zugehen sollte. Für mich steht im Unterricht nicht die jeweilige Leistung des Schülers, sondern der Spaß an der Sache im Vordergrund. Die Leistung folgt dann nämlich erfahrungsgemäß auf den Fuß.

    Die Mutter sagt, dass ihre Kleine wie eine Verrückte übt und ich selbst sehe ja auch, wie verbissen sie bei der Sache ist - erst letzten Montag hatte sie beim spielen ständig das a mit dem h verwechselt. Als ich nach eingen Versuchen merkte, dass es eng wird (nicht nur das, sie begann dann auch, das g mit dem a zu verwechseln), habe ich das Thema gewechselt und wollte mir ihr einige Rhytmus-Übungen machen. Sie meinte jedoch, sie würde lieber weiter die Töne üben. Keine 2 Minuten später weiter floßen wieder Tränen.

    Man spürt deutlich, dass diese Gefühlsregung aus Wut und Enttäuschung entsteht. Mein Versuch mit ihr darüber zu reden endete damit, dass sie vor mir stand und gar nichts mehr sagte. Wie gesagt, sie ist nur sehr schwer zugänglich und hat meines Erachtens ein kommunikatives Problem, denn sie kann (oder will) sich nicht äußern (das ist laut Aussgae ihrer Mutter in der Schule übrigens auch so - Betragen: 1, Beteiligung am Unterricht: 6 - auf Fragen antwortet sie nicht, hingegen sind ihre schriftlichen Leistungen überdurchschnittlich).

    Ich habe nächte Woche einen Termin bei einer befreundeten Erzieherin. Sie hat mir angeboten, bei einer Unterrichtsstunde beizuwohnen und zu versuchen, das Problem zu erkunden. Ich hoffe, das und die vielen Tipps, die hier genannt wurden, bringen uns weiter.
     
  8. GelöschtesMitglied3606

    GelöschtesMitglied3606 Guest

    Eindeutig hochbegabt das Mädchen, bin ich mir ziemlich sicher. Erkundige dich in der Richtung, gerade was Hochbegabung im Instrumentalunterricht (nicht unbedingt hochbegabt am Instrument, aber generell) angeht. Hochbegabte haben IMMER auch Bereiche wo sie extrem schlecht sind. Und wenn einen sonst immer alles zufliegt, oder man einfach den Ehrgeiz hat alles zu können und das klappt dann nicht, dann ist eine Reaktion, wie sie von ihr kommt nur die logische Konsequenz in ihrem Alter.
     
  9. yts62

    yts62 Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Clownfisch,

    macht was dich so sicher, hast du in dieser Richtung Erfahrungen aus dem privaten oder beruflichen Bereich?

    Wenn ich in diese Richtung etwsa unternehme, dann geht das nur mit den Eltern zusammen. Und ich möchte mich da nicht zum Deppen machen mit einer Behauptung, die sich evtl. als völlig haltlos herausstellt.
     
  10. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Klar,
    sie bringt in der Schule die Leistungen, mündliche Beteiligung ist ihr zu langweilig aber sie hört mit und stört nicht. Aber das kommt dann später. Kenne ich :)
    JEs
     
  11. GelöschtesMitglied3606

    GelöschtesMitglied3606 Guest

    Ich habe in der Uni mehrere Seminare zur Hochbegabung besucht, und was du da beschreibst klingt für mich sehr danach. Schriftlich gute Leistung, mündlich nicht dabei, zeigt ja dass der Grund für ihre mündliche Nichtleistung nicht am Nichtkönnen liegen kann.
    Frag sie doch mal warum sie in der Schule nichts sagt, ob es ihr zu einfach/langweilig ist? Hochbegabte haben auch häufig die Einstellung: "Ich könnte, wenn ich wollte". Im Endeffekt hilft natürlich nur ein Test, der dies bestätigen kann. Aber wenn man den macht, dann hat man zumindest Gewissheit. Vllt. hat sie jetzt festgestellt, dass sie Sax nicht so einfach kann und dann wird sie fuchsteufelswild, da die Meinung Ich könnte, wenn ich wollte nicht mehr greift. Denn sie kann ja nicht obwohl sie will. Alles klar. Also das sind für mich hier aus der Ferne Indizien für eine Hochbegabung.
     
  12. GelöschtesMitglied3606

    GelöschtesMitglied3606 Guest

    Ein Nachtrag noch, erschreckend dabei ist zu sehen, wie wenig Lehrer Ahnung von Hochbegabung haben, und die Schulzeit für hochbegabte Kinder zu einer nichtnötigen Qual werden.
    Bekannte von mir haben Zwillinge, die eine ist eher zurückhaltend und die andere quatscht den ganzen Tag nur rum. Letztes Jahr bei der Schultauglichkeitsuntersuchung ist die ruhige durchgefallen, da sie auf die Fragen der Prüferin nicht geantwortet hat, die Prüferin meinte, (in anderen Worten) "so ein dummes Kind sei ihr schon lange nicht mehr untergekommen." Die, die den ganzen Tag nur am quatschen ist und aufgeschlossen, hat auf jede Frage mit einem Wortschwall geantwortet. Die Prüferin hat sie für schultauglich erklärt. Auf die Frage der Eltern nach der Untersuchung, warum die ruhige denn nicht genatwortet hätte meinte diese, die Prüferin habe doch alles auf ihrem Zettel stehen gehabt, da brauch sie ihr doch die gleichen Fragen nicht mehr zu stellen. Ergebnis die Eltern haben ihr Kind, da schon vorher Verdacht bestand testen lassen und siehe da die Ruhige ist hochbegabt. Die Quasseltante ist in der Schule total unglücklich, weil sie nämlich total hinterher hinkt, ich denke, sie war einfach noch nicht schultauglich.
     
  13. yts62

    yts62 Ist fast schon zuhause hier

    .. das klingt ziemlich schlüssig. Ich werde in der nächsten Stunde mal versuchen, etwas in dieser Richtung aus ihr heraus zu bekommen. Das wäre je echt ein Hammer - höchst interessant.
     
  14. GelöschtesMitglied3606

    GelöschtesMitglied3606 Guest

    Viel Erfolg, dass Wichtigste ist viel Einfühlungsvermögen und gib ihr das Gefühl, dass sie bei dir "zu Hause" ist. Also lass sie alles sagen. Weinen beruhigt und ist auch im Instrumentalunterricht mal erlaubt, dennoch sollte dies nicht jedes mal passieren. Biete ihr doch mal nen Tee an oder besser nen Saft und komm vorsichtig forschend mit ihr ins Gespräch lass sie reden, stell Fragen in denen du fragend wiederholst was sie sagt um sie quasi zu Fragen ob du es richtig verstanden hast. Mach ihr bloß keine Lösungsvorschläge, sondern versuche sie vllt. alleine auf den Trichter kommen zu lassen. Sowas nennt sich aktives Zuhören und kommt quasi aus der "Reformpädagogik" der 70er Jahre, besonders praktiziert von Thomas Gordon, vllt kennst du ja das Buch, Lehrer-Schüler Konferenz. Was das angeht ist das ziemlich gut.
    Ich wünsch dir viel Erfolg, würde mich freuen, wenn du weiter berichtest, wie es weiter verläuft.
     
  15. yts62

    yts62 Ist fast schon zuhause hier

    Hallo Clownfisch,

    klar, wenn´s dich interessiert, will ich das gerne machen.

    Ich werde mir auch mal das von dir genannte Buch "Lehrer-Schüler-Konferenz" besorgen - man lernt ja nie aus ;-)
     
  16. yts62

    yts62 Ist fast schon zuhause hier

    Hallo liebe Freunde und Kollgen,

    so, der Knoten ist geplatzt - die Lösung des Problems ist dermaßen einfach, dass ich mich frage, warum ich nicht schon viel eher drauf gekommen bin.

    Ich musste in der vorletzten Woche den Unterricht an einem Tag ausfallen lassen wegen eines Live-Termins. Nun stehen in einem solchen Fall bei mir immer zwei Möglichkeiten zur Verfügung. Entweder wird der Betrag für die fehlende Stunde am Monatsende bei der Überweisung verrechnet oder ich hole die Stunde nach.

    In diesem Fall konnte ich die Stunde am darauffolgenden Samstag nachholen.

    In die Riege der Schüler, die dafür in Frage kamen fiel auch die besagte Problemschülerin.

    Die Mutter lieferte sie also am Samstag um 14:00 Uhr bei ab und wir gingen in mein Studio. Nachdem die Kleine ihr Sax ausgepackt hatte und sich mit einigen kleinen Tonleitern warmspielte glaubte ich, ich hätte ein ganz anderes Kind vor mir.

    Sie blies plötzlich mit einer bis dahin nie da gewesenen Kraft ins Sax, dass ich beinahe erschrak und den Mund nicht mehr zubekam. Angesichts meiner Verwunderung, die sich wohl nicht verbergen ließ, grinste sie übers ganze Gesicht und war während der ganzen Stunde so gelöst und fröhlich, wie ich sie bis dato noch nicht erlebt habe.

    Angesichts dieses Erlebnisses habe ich der Mutter vorgeschlagen, dass in Zukunft die Unterrichtsstunden bei mir stattfinden. Die Mutter fand das zwar verwunderlich, stimmte jedoch zu.

    Letzten Montag war sie wieder bei mir zum Unterricht, und das gleiche wiederholte sich. Vollkommen frei und unbefangen bläst sie ihr Sax und es macht ihr sichtlich Spaß.

    Ganz offensichtlich ist si zuhause einfach zu befangen, um mal ordentlich loszulegen.

    Das ist schon merkwürdig. Dieses Ereignis widerspricht zu hundert Prozent meinen bisherigen Erfahrungen. Im allgemeinen sind jungen Schüler gerade zuhause im Schutz der Familie völlig frei und ohne Hemmungen. In diesem Fall ist es jedoch genau umgekehrt.

    Ich bin auf jeden Fall froh, dass sich dieses Problem gelöst hat.

    Ach übrigens, wir habne in den letzten beiden Stunden so viel Stoff geschafft, wie vorher in 4 Monaten bei ihr zuhause nicht. Ist wirklich sagenhaft.
     
  17. mrbrightside

    mrbrightside Ist fast schon zuhause hier

    Freut mich für euch beide, dass der Knoten geplatzt ist.

    Ich denke dadurch, dass sie bei dir jetzt so frei spielen kann, wird ihr Selbstbewusstsein wachsen, sodass sie sich bald auch zu Hause traut voll los zu legen :)
     
  18. claptrane

    claptrane Strebt nach Höherem

    Mir ist wirklich ein Stein vom Herzen gefallen. Ich habe die ganze Zeit mitgelesen weil mir dieses Mädchen so leid tat.

    Ich habe mich natürlich nie dazu geäußert, weil ich kein Pädagoge bin und auch nie auf diese Lösung gekommen wäre.

    Aber im Nachhinein ist es wirklich einleuchtend und es freut mich für dich und das Mädchen das ihr eine Lösung gefunden habt.
    Ich kann mir die häusliche Situation glaube ich bildlich vorstellen : "Nicht so Laut ,hier sind noch andere Personen" "Hast du schon geübt, dein Lehrer kommt morgen!" usw.

    Vielleicht wäre es gut wenn das Mädchen auch einen Übungsort hätte wo sie keiner hören kann und sie sich nicht diesen Druck machen muss.
     
  19. yts62

    yts62 Ist fast schon zuhause hier

    ... ob wir den Unterricht wieder zur ihr nachhause verlegen, dass weiß ich jetzt noch nicht - dass ihr Selbsvertrauen dadurch eine Schub nach vorne bekommt steht bestimmt außer Frage.


    ... na, mir erst :-D :lol:


    ... so ungefähr stelle ich mir das auch vor - und dann noch der phsychisch behinderte kleine Bruder, der ohnehin immer und überall im Mittelpunkt steht - so was drückt schon gewaltig.

    Das mit dem separaten Übungsraum dür die Kleine ist bestimmt keine schlechte Idee - aber ich will jetzt mal sehen, wie sich das ganze entwickelt.

    lg
    Rolf
     
  20. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Hallo Rolf,

    ich habe hier auch nur - sehr berührt - mitgelesen, weil
    ich zum diesem Thema keinen kompetenten Beitrag leisten konnte.

    Es freut mich aber außerordentlich, dass jetzt alles gut wird.

    Besonders bemerkenswert fand ich Dein Ringen um eine Lösung!!!
    Da kenne ich viele Lehrer, die sich das in solcher Situation einfacher machen. Respekt!

    Schön, dass es Lehrer mit diesem Berufsethos noch gibt!

    Beste Grüße,

    Dreas
     
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