Ich würde so gern auswendig spielen können

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Saxoryx, 11.November.2025.

  1. Livia

    Livia Ist fast schon zuhause hier

    Es ist sehr unterschiedlich, was ein Schüler selber wahrnimmt und was nicht. Und wie schnell sich seine Wahrhnehmung im Lernprozess entwickelt. Das reicht von Schülern, die sich selber überhaupt nicht zuhören und selbst wenn sie es versuchen, dauert es mindestens ein Unterrichtsjahr unter Anweisung bis sie anfangen, ihr Spiel selber wahrzunehmen und beim Üben zu korrigieren. Das kann unterschiedliche Aspekte betreffen: Klang, Intonation, Artikulation, Rhythmus, selbst richtige Töne.
    Am schwierigsten ist es mit Klang und Tonkontrolle, da hier oft auch die Hörerfahrung fehlt, wie ein Saxophon klingt und Schüler auch teilweise unterschiedliche Klangvorstellungen haben - dabei jedoch bspw. einen unkontrollierten Sound mit einem bratzigen Rock-Sound verwechseln. Das ist wirklich anstrengende Arbeit als Lehrer, v. a., wenn der Schüler nicht so sehr die Notwendigkeit sieht, an seinem Ton zu arbeiten, wie man selber. Und das dementsprechend nicht so viel tut, wie man sich das wünschen würde.

    Und dann gibt es das andere Extrem. Schüler, die vom ersten Ton an alles hören und wahrnehmen. Teilweise etwas zu viel, so dass sie nach einigen Monaten aufhören, wenn sie ihren eigenen Anforderungen nicht gerecht werden. Diese sind vom kleinsten leisesten Luftrauschen im Ton gestört, das man nicht mal als Lehrer wahrnimmt. Dadurch bremsen sie sich selber, da der Ton erst perfekt klingen muss, bevor sie überhaupt im Stück weiterspielen. Sie können sich monatelang mit Tonbildung beschäftigen, ohne wirklich Übungen oder Stücke zu spielen. Das Vertrauen, dass sich Klang auch entwickelt und technische Feinheiten sich automatisieren - auch ohne, dass man ständig an ihnen übt, fehlt ihnen.
    Wenn diese Art Schüler jedoch viel üben und durchhalten und auch lernen, Perfektion nicht als Maß aller Dinge zu nehmen, werden sie zu sehr selbstständigen und reflektierten Saxophonisten.
     
  2. Sohn der Alpen

    Sohn der Alpen Ist fast schon zuhause hier

    Ich finde die von ihm gesetzten Prioritäten in diesem Video interessant. Da stört ihn ein um eine Millisekunde versetztes fis aber über die schleppenden 16tel zu beginn verliert er kein Wort.

    Ist nicht böse gemeint. Scheint ein begnadeter und fleißiger Typ zu sein.
     
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  3. JES

    JES Gehört zum Inventar

    @Livia

    Dann gehörte ich zu erster Kategorie.... Mittlerweile eher zur zweiten.
    Warum der Wandel?
    Weil bei mir die Entwicklung zwischen Tonbildung und Technik sehr unterschiedlich ist. Für ersteres brauche ich länger, also versuche ich da mehr Fokus drauf zu legen und erst die Technik anzufangen, wenn die Tonbildung sitzt.
    Bei dem, was du beschreibst, sehe ich aber eben auch die Schwierigkeit der 60 bpm-Methode. Die einen hören die Fehler gar nicht erst, die anderen hören zwar, dass was nicht stimmt, vielleicht sogar was, haben aber die Technik nicht für eine Korrektur. Daher ist diese Methode in meinen Augen eher geeignet für erfahrene Spieler...
     
  4. ppue

    ppue Mod Experte

    All die Methoden sind halt nur Methoden. Und diejenigen, die "ihre" Methoden erfunden haben, haben selber meist gar nicht nach dieser Methode spielen gelernt, sondern sind ihren eigenen Weg gegangen.

    Hinterher (nach Jahren des Lernens) ist man halt immer klüger und meint, die optimale Methode auch für Anfänger gefunden zu haben. Dabei hat man sich von den Anfängern um Jahre entfernt, sodass die allheilbringende Methode oft meilenweit an den Fähigkeiten der Schüler vorbeigeht.

    Das macht eine Methode nicht schlecht, denn anderen Einsteigern bringt sie womöglich viel. @Livia hat die grundverschiedenen Typen von Lernenden grandios beschrieben. Jede Methode ist nur eine Möglichkeit, sich weiterzubilden.

    Herauszufinden, mit welchen Methoden man selber am besten lernt, könnte so die beste aller sein. Für mich ist die beste Methode, keine zu haben, sondern wild in der Welt der Musik herumzuprobieren, einfach gesagt, zu spielen, im besten Sinne des Wortes.

    Nur passt diese Methode nicht in ein winziges YouTube-Filmchen, weil es zum Glück immer ein individueller Weg ist, wie überall in der Kunst.
     
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  5. Sohn der Alpen

    Sohn der Alpen Ist fast schon zuhause hier

    Die Frage ist doch, ob eine kaum wahrnehmbare Minimalstabweichung im Tempo bei Vierteln in 60 bpm überhaupt als Fehler angesehen werden sollten.
    Gerhard Mantel führt in "Mut zum Lampenfieber" eine Untersuchung von Profimusikern auf, in welcher festgestellt wurde, dass deren Tempoabweichung bei - und jetzt möge man mich bitte korrigieren, wenn ich mich falsch erinnere - einem Sechzehntellauf in 120 bpm bei plus und minus einem Sechzehntel lag. Das ist bei einem solch praxisnahen Beispiel eine ganze Menge.

    Mir erschließt sich das Ziel dieser "60-bpm-Methode" mit dem Fokus auf Minimalstabweichungen, die nicht als Fehler im Sinne von "Änderung im Rhythmus" wahrgenommen werden können, nicht.

    Wenn die meine Schüler aber dazu bewegen würde, jeden Tag eine Stunde Saxophon zu spielen, wäre ich der letzte, der sich dagegen aussprechen würde.
     
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  6. Sohn der Alpen

    Sohn der Alpen Ist fast schon zuhause hier

    Ganz recht! Mir drängt sich dann oft der Eindruck auf, die Methode ist weniger für die Schüler als vielmehr für den Inhalt der eigenen Internetpräsenz.
     
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  7. Livia

    Livia Ist fast schon zuhause hier

    Ich denke, die 60-bpm-Methode wurde entwickelt, weil es sich gut erklären lässt und die Grundidee/-struktur sehr einfach ist. Ich würde diese Methode als sinnvoll erachten, um grundsätzlich Timing und Skalen zu üben, jedoch eher weniger, um ein konkretes Stück oder konkrete Stellen damit zu üben. Dafür fehlen natürlich die Zwischenschritte im Tempo. Als er Viertel gespielt hat, bin ich geistig weggedriftet, und wenn man einen Lauf in Achteln spielen kann, kann man ihn danach nicht gleich in Sechszehnteln spielen (wobei er das so vielleicht nicht gemeint hat - er hat eher Beispiele genommen von Skalen, die man schon kann, die aber noch etwas unsauber sind.)
    Und nicht zu unterschätzen sind die unterschiedlichen Bewegungsmuster im langsamen und schnellen Tempo. Deswegen bringt das Spielen in Vierteln meiner Meinung nach hier überhaupt gar nichts, außer vielleicht das Tempo, das man gerade auf dem Metronom eingestellt hat, kurz zu üben. Auch in Achteln werden sich die Finger eher anders bewegen, als in Sechszehnteln.
    Ich würde diese Methode eher für fortgeschrittene Schüler als geeignet sehen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 20.Dezember.2025 um 11:04 Uhr
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  8. ppue

    ppue Mod Experte

    Bob Reynolds würde ich ein paar Intonationsübungen verpassen. Wie man hört, hat ein jeder seine eigenen Baustellen vor der Haustür.
     
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  9. Blofeld

    Blofeld Ist fast schon zuhause hier

    Immerhin hat er die Finger immer schön auf den Tasten;-)
    Aber im Ernst: Er ist ein toller Saxophonist, ich mag auch die Art seiner Kompositionen.
     
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  10. Sohn der Alpen

    Sohn der Alpen Ist fast schon zuhause hier

    ...was eine Erklärung für seine "Timingschwäche" sein könnte :)
     
  11. Guido1980

    Guido1980 Ist fast schon zuhause hier

    Zum Nachlesen.
     

    Anhänge:

  12. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich schieb das dann mal in den Philosophie-Thread ...
     
  13. Sohn der Alpen

    Sohn der Alpen Ist fast schon zuhause hier

    Alter Wein in neuen Schläuchen - Zeitgenössische Betrachtung des Musik-Influencers im Spannungsfeld von Aufmerksamkeitsökonomie und Frustrationstoleranz.
     
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  14. Analysis Paralysis

    Analysis Paralysis Ist fast schon zuhause hier

    Ich weiß jetzt nicht, ob ich stolz sein soll, dass ich auf diese Sachen selbst draufgekommen bin.
    Für mich wäre das das wichtigste, was ein Schüler kapieren muss - neben der Tatsache, dass er oder sie für sich selbst der wichtigste Lehrer ist.
    Kreativität - sozusagen Improvisation - beim Üben.

    Ich gestehe, ich stoße da meist auf taube Ohren. Dauert nicht mehr lang :)
     
  15. Sohn der Alpen

    Sohn der Alpen Ist fast schon zuhause hier

    Stolz kannst Du sein, wenn Du ein 20-Minuten-Video über musikpädagogische Trivialitäten produzierst und veröffentlichst und damit 50.000 Aufrufe erreichst.
     
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  16. Analysis Paralysis

    Analysis Paralysis Ist fast schon zuhause hier

    Naja, er schaut aber auch gut aus.
    Neben der Tatsache, dass er auch spielen kann.
    4,7 Mio Aufrufe :)
    Sind halt nur simple Blueschords :)

     
  17. giuseppe

    giuseppe Gehört zum Inventar

    Vielleicht. Ich folge aus Prinzip keinem Influencern außer am Rande der mit -a am Ende, die im Winter in meiner Branche ein bisschen dazugehört wie der Wetterbericht.
    Wenn ich aber mal darüber stolpere schaue ich mir auch mal was an und würde sagen, dass mich Reynolds deutlich weniger nervt und deutlich besser spielt als der Durchschnitt. Die Dosis macht hat das Gift…
     
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  18. Guido1980

    Guido1980 Ist fast schon zuhause hier

    Ich kann hier auch gerade nicht mehr nachvollziehen warum ein professioneller Saxophonist hier so negativ besprochen wird.

    Ich finde ihn sehr angenehm und er macht hochwertige Musik.

    Für mich bedeutet das, dass ich mich aus solchen Themen noch mehr zurückziehe, als ich es eh schon tue.

    Schöne Adventszeit euch allen.
     
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  19. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Im Gegensatz zu einigen anderen hier ging es mir nicht darum, einen Künstler, Musiker oder Lehrer zu kritisieren, sondern eher, ob und was ich für mich davon mitnehme.
    Zum einen könnte ich jetzt nicht unbedingt beim direkten Üben ev Abweichungen erkennen. Tickt da ein Metronom mit vielleicht, wenn es dann gerade Achtel sind, vielleicht, geht das aber in Richtung Swing oder Latin eher nicht.
    Gleiches für Tonqualität. Mit einer Referenz höre ich einiges, ohne einiges nicht, anderes besser. Fällt mir gerade auf der Trompete auf.
    Daher stelle ich mir für mich die Frage, ob ich mich damit beschäftigen soll, ob es mich weiterbringt, ob es mich in die Richtung bringt, in die ich will, und ob es ev für mich geeignetere und effizientere Verfahren gibt.
    Für mich beinhaltet Musik eine gewisse Abweichung von der Präzision. Daher klingen in meinen Ohren musikprogramme, mit denen Noten abgespielt werden, sehr steril. Nicht nach Musik. So will ich gar nicht spielen wollen. Vielleicht muss man es können um dann gezielt anders....
    Und letztlich, ob es nur mir so geht, oder ob meine Einschätzung ev auch für andere Lernende gilt.
     
  20. giuseppe

    giuseppe Gehört zum Inventar

    Ich sag es mal so. Jemanden wie Reynolds zu bashen ist so, wie wenn die Jungs im Karate-Kindertraining Witze über die Schlagtechnik von Myke Tyson machen. Das ist reizvoll bis zum leicht flauen Gefühl der Erkenntnis, wieviel Selbstbewusstsein das eigentlich erfordert.

    Das bedaure ich eh schon und würde weniger davon begrüßen.

    Back 2 Topic: mich würde so sehr interessieren, was konkret @Saxoryx jetzt getan hat, um in 3 Tagen das zu schaffen, was sie in Jahren nicht geschafft hat. Wie sah das Übungsprogramm denn konkret aus? Methode nach M.G. reicht mir da einfach nicht. Ich habe irgendwo am Anfang in diesem Thread mit viel Liebe ausführlich erklärt, wie ich auswendig lerne. Jetzt bin ich ehrlich gespannt was für dich der Trick ist. Bitte erklär’s mir!
     
    bthebob gefällt das.
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