Jetzt höre ich schon den ganzen Tag Blues ...

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Raggae, 24.Januar.2011.

  1. Roman_Albert

    Roman_Albert Ist fast schon zuhause hier

    Für mich ist es immens lehrreich, Leute zu hören, die KEINE Meister sind, aber ihr Inneres vor Publikum nach aussen kehren:

    http://tamingthesaxophone.com/saxontheweb-blues.html

    Da höre ich viele Sachen wesentlich besser und kritischer, die ich selbst (falsch) mache, und denke "näääää, da achtest Du in Zukunft drauf, dass Du sowas vermeidest"

    Deshalb find ichs auch essentiell, hier die "Lied des Monats" Idee weiterzuführen: Jeden darin zu bestärken, Sachen hochzuladen und einzustellen.
    Kritik ist nicht notwendig, alle Amateure hier wissen, dass es an vielem hängt.

    Ermutigung und Beispielfunktion schaffen Begeisterung, und Begeisterung schafft überzeugte und aufnahmewillige Schüler.
    Also, aufhören zu schwätzen, Tute ins Gesicht, Mikro davor und los gehts.
    Ist ja schon fast Februar und wir ham nach anfänglicher Begeisterung ein wenig Ebbe bei den Beiträgen :-o
     
  2. fruitbat

    fruitbat Ist fast schon zuhause hier

    Hmmm, wenn ich so manche Antworten lese, weiß ich nicht, ob mich das dem Blues näher bringen würde. Es ist ja schön, licks auswendig zu lernen und die Akkordfolgen zu beherrschen, aber hat das was mit Blues zu tun? Ich bin beim besten Willen kein Könner der Improvisation, daher mag ich ja falsch liegen, aber bisher habe ich eher folgendes Konzept verfolgt:

    1. Tonleiter lernen und irgendwas damit spielen, Hauptsache die Tonleiter geht ins Ohr und die Griffe sitzen intuitiv
    2. Ein Gedicht oder irgendeinen Nonsens ausdenken, jedenfalls was konkret Verbales, dann nach dem Bluesschema spielen (Aussage 4 Takte, Wiederholung Aussage 4 Takte, Antwort 4 Takte)
    3. Die Harmonien durchspielen (Akkordbrechung) und analysieren, wo tonleiterfremde Töne eingebaut werden könnten
    4. ...

    Wichtig ist mir, nur so wenig wie möglich Kopf einzuschalten, und erstmal Neues zu automatisieren. Wenn das dann intuitiv klappt, dann wieder bischen Theorie. Mir bringt das gar nichts, die Akkordfolgen auswendig zu lernen und dann mechanisch abzuspulen bzw. die Angst im Nacken zu haben, wieder mal aus dem Schema gekommen zu sein. Lieber experimentieren und Schritt für Schritt eine Annäherung an musikalische Regeln finden, als sich die Rübe mit Theorie zunageln und verklemmt abspulen.

    Sicher habe ich meinen Lehrer schon ganz schön gequält, weil ich seine Theorie nicht gleich umsetzen kann, aber was soll's. Beim Spielen nach Noten kann ich mich knechten nach allen Regeln der Kunst, aber für das improvisieren hilft mir nur Muße, freier Kopf und viel viel Spaß an der Sache.

    Caras Antwort (Gedicht) fand ich am besten!!!!
     
  3. cara

    cara Strebt nach Höherem

    hallo fruitbat

    da stimme ich völlig mit dir überein. Ich glaube kaum, dass es die Theorie war, die aus Blind J. Davis, Sonny Terry, Muddy Waters, Brownie McGhee, John Lee Hooker usw. große Bluesmusiker gemacht hat.

    Diese Musik, muß man gehört haben, diesen Spaß in den Knochen, den sie hatten, wenn sie spielten. Am besten ist es, solche Musik live zu erleben. Ich schreibe extra nicht "live zu hören", sondern "live zu erleben". Sie ist sooo ansteckend. :-D

    Gruß Cara
     
  4. Gast

    Gast Guest

    @ fruitbat

    Genauso empfinde ich das auch! :)
    Freier Kopf, Spaß am Spielen,...dann kommen die Ideen irgendwann von allein! :-D
     
  5. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    . . . es gab einen kurzen Ausweicher der Diskussion mit Raggae in die Parallelwelt. Da sie mehr mit dem Blues als mit dem dortigen Thema ( http://saxwelt.de/index.php/home-topmenu-17/am-anfang-/92697-warum-dorische-und-myxolydische-skalen-lernen.html?limit=7&start=28&lang=de#98403 ) zu tun hat, antworte ich hier.

    Werner schrieb
    "Im Blues . . . die Durbluesskala (C, D, Eb, E, G, A) scheint so eine Art wie heißt das, "kleinste gemeinsame Menge"? oder Schnittmenge zu sein, die man je nach Akordumgebung mit anderen Tönen anreichern kann, aber nicht muß.
    Jedenfalls funktioniert sie dort ausgezeichnet."

    Raggae schrieb:
    "Dann bleibt dein Tonales Zentrum also C? Die IV kommt da ja z.B. schon mal gar nicht vor, und eine bloße Anreicherung um F wäre für mich noch kein Wechsel des Tonalen Zentrums."

    Ja, sowieso. Das tonale Zentrum wird von anderen Harmonien umgeben. Das ist ja immer so, und durch die anderen Harmonien, insbesondere die Dominante / V.Stufe als Ruheklang bestätigt.
    Speziell an der Stelle, beim Wechsel von I / C7 nach IV / F7 kann es tatsächlich sinnvoll sein, weiter in C zu denken, so man möchte. Falls man denken möchte ;-) . Genaugenommen dann Cm6.

    Beschränkt man sich als Grundgerüst auf die Durbluesskala (plus Ergänzungen), und schreibt dann wie beschrieben so Minimelodien zB, Blues in C:
    /C7 /F7/C7 / /
    /F7 / /C7 / /
    /G7 /F7 /C7 / /

    im folgenden sind alle Töne Viertel, ein Bindestrich bindet die Note an die vorherige an:
    /C D E-E/G A C-C /C E G A / C-C-C-C/
    /C D Eb-Eb/G A C-C /C E G A / C-C-C-C/
    /G-G-G-G/F-F-Eb-A(tiefes A)/C-E-G-A/C-C-C-C/

    Eine geniale Melodie, ich weiß, sie wird in die Geschichte eingehen.
    Ich denke aber, trotz oder gerade wegen ihrer Einfachheit kommt tatsächlich etwas typisches Bluesmäßiges rüber. Und das empfinden von C als Grundton mit irgendwie etwas anderer Einfärbung durch die IV Stufe passt auch, was sich insbesondere oft durch die Betonung des Dreiklangs der I Stufe, jetzt eben in Moll (also C,Eb,G) zeigt, während der eigentliche und theoretisch zu erwartende Grundton der IV Stufe relativ unwichtiger ist. Es gibt jede Menge Bluesthemen, die das so haben.
    Das habe ich auch mal bei David Freedman (Jazz-Vibraphon) mitgekriegt, der sprach beim Blues vom Wechsel nach Moll.

    Raggae schrieb:
    "Interessant! Das war gestern nur ein Gedanke, der mir im Halbschlaf kam. Das Licht war schon aus, die Augen zu, da fing ich an, mich darüber zu ärgern, dass in einem C-Blues Stück d# statt eb notiert war, um Druckerschwärze für das folgende Auflösungszeichen zu sparen, was aber (finde ich) die Funktion als b3 verschleiert. Da fiel mir dann plötzlich auf, dass F-Mixo ja die gleichen Töne hat wie C-Dorisch, usw.

    Die Idee ist anscheinend also, trotz Halbschlaf, gar nicht soooo schräg. :lol:

    Ich mache es eigentlich auch gar nicht so selten, dass ich mir bei nem C-Blues die ganze Zeit ein tiefes C geshuffelt als Pedal-Tone denke. (Und damit will ich gar nicht unterstellen, dass Basser nichts zu tun haben ... :lol:)"

    ---

    Dann wollte ich kurz was über verschiedene Herangehensweisen beim Spielen und Lernen sagen.
    Ich denke wir haben Herz, Bauch und Hirn. Ich mag es, wenn die sich durchdringen und gegenseitig bestätigen und helfen, insofern versuche ich meist zu verstehen, was beim Spielen, insbesondere Improvisieren eigentlich vorgeht. Welche Mechanik funktioniert dahinter?
    Und diese Mechaniken gibt es. Ein begeisterter Fahradfahrer oder Autofahrer nützt sie genauso wie ein Jazzmusiker. Es ist für den Autofahrer sinnvoll zu wissen, wie Kupplung und Bremse funktionieren, sonst kann er nicht freudig durch die Gegend kurven. Und für einen Jazzer oder Bluser entsprechend, wie ein Blues funktioniert.
    Hier wurde viel, z.T. excellent über Motivation geschrieben, die eigentliche Antriebsquelle des Lernens. Da stimme ich mit vielem überein. Ich denke nur, daß die Begeisterung über die Ausdrucksstärke durch etwas Wissen um die Mechaniken dahinter bereichert wird.
    Letzten Endes geht es darum, daß die Spielfähigkeiten automatisiert abgerufen werden können, daß man sich frei ausdrücken kann, ohne daß man darüber nachdenken MUß. Die Frage ist nur, wie komme ich dahin.
    In welchem Ausmaß auf dem Weg dahin Theorie nötig ist, da muß jeder sein eigenes Maß finden. Natürlich sind die Gewichtungen von Intellekt und rein intuitiver Herangehensweisen unterschiedlich.

    freundliche Grüße
    Werner


    [size=xx-small][color=99CCFF] SwingBand Berlin[/color][/size]
     
  6. Raggae

    Raggae Ist fast schon zuhause hier

    Danke Werner! Bei mir funktioniert das typischerweise so, dass ich den ersten Zugang über die Mechaniken kriege, also genau so, wie Du es beschreibst. Wenn ich die dann mal kapiert und geübt habe (nicht unbedingt in dieser Reihenfolge), habe ich dann irgendwann ein Aha-Erlebnis (oder mehrere ;-)) und es geht ins Gefühl über und wird auch intuitiv.

    Besonders stark merke ich das, wenn ich ein Stück nach Noten lerne, das ich vorher noch nie gehört habe. Erst mal ist das eine frustrierende Angelegenheit, vor allem, was schwierige Rhythmen angeht ... Aber wenn ich es genug geübt habe, kommt dann irgendwann der Punkt, an dem ich denke: Ach, SO soll das klingen! Das ist dann wie eine Befreiung, und dann wird es viel lockerer und ich kann anfangen, selbst zu interpretieren.

    Und beim Blues versuche ich wohl gerade, die Mechaniken zu kapieren. Ist ja auch ganz schön spannend, weil mir die Musik echt gefällt. :)
     
  7. Raggae

    Raggae Ist fast schon zuhause hier

    Ich frage mich, wo diese tolle Version eigentlich her kommt. Auf dem Album "Kidney Stew", das da bei Youtube abgebildet ist, ist nämlich ne ganz andere Version drauf. Und auf dem Album "Kidney Stew is Fine" ist auch ne andere ...
     
  8. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @ Reggae

    Das ist geht mir genauso! Ich beiße mich gerade beim "Lied des Monats" (Gee, ain´t I am good to you) durch. Ich kannte es bisher noch nicht und es hat sich mir auch nicht erschlossen. Gerade die Synkopen quälen mich mal wieder...

    LG

    Dreas
     
  9. Saxax

    Saxax Ist fast schon zuhause hier

    Moin Raggae,


    Werner schrieb:
    Das gefällt mir sehr gut, weil es zeigt, dass es verschiedene Wege gibt, zum Blues zum Jazz und zu vielen anderen Zielen. Wie mir bei der Beobachtung des Threads auffiel, kamen viele Hinweise auf die korrekte Verwendung von Skalen. Ich werfe ´mal kurz eine Frage auf: John Lee Hooker, Muddy Waters, Chu Berry, Coleman Hawkins, Lester Young, Ben Webster, Sidney Bechet und, und, und..... glaubt ihr, dass die wussten, was Skalen sind???? Selbst bei Charlie Parker, Cannonball Adderley und Sonny Rollins hege ich, zumindest für deren Anfangszeit erhebliche Zweifel. In der Jazzharmonielehre von Alfred Baresel (1953/1963) sind zwar einige Tonleitern erwähnt, auch soetwas wie die Bluestonleiter, aber die Diskussion welche Skala zu welchem Akkord passt, das hat dort kaum einen Stellenwert. Schaue ich dagegen in Wolf Burbat "Die Harmonik des Jazz" (Topaktuell von 1988) ist alles voll davon. Cannonball Adderley und alle oben genannten mussten Ihren Blues übrigens auch ohne Aebersold und Band in a Box lernen.

    Man kann Harmonielehre also auch als Analyseinstrument verstehen, welches dazu dient, zu verstehen, warum bestimmte Dinge so gemacht werden bzw. warum sie für unsere Ohren gut klingen. Entstanden ist vieles davon ohne Theoriebezug. (Nein, dies soll nicht die Bezüge des Jazz und Blues zur europäischen Musiktradition, in der diese Zusammenhänge weitgehend bekannt waren, leugnen)

    Ich kann mich noch an andere Hinweise zum Lernen dieser Musikarten erinnern: Gehörtraining. Der Theoriebeladene Ansatz hieße: lerne erst Intervalle zu hören und zu erkennen und lerne anschließend jedes beliebige (erreichbare) Intervall von jedem Ton aus zu spielen. Wenn du das kannst, kannst Du jede Melodie, die Du im Kopf hast, auch spielen.

    Ich für meinen Teil, habe da eher einen Mischmasch aus Harmonielehre und Intervallen im Kopf. Wenn ein Solo jedoch gut läuft, dann ist von der Großhirnrinde, die die Harmonielehre verwaltet, nur wenig beteiligt. Sprich wenn es wirklich gut läuft (das ist nicht sehr häufig der Fall) kommt es aus einer melodischen und rhythmischen Vorstellung im Kopf und geht direkt in die Finger und die Intonation. Keinerlei Konzentration auf Musiktheorie, ich weiss in dem moment auch nicht, wie das Intervall heisst, ich weiss dann nur wie ich es spielen muss. Der Weg für mich dorthin hieß: zu Platten und CDs mitspielen. (Da sind dann auch die Ratschläge, Ruf und Antwort zu CDs etc. mit drin). Auch das Ausprobieren aller möglichen Intervalle auf dem Instrument hilft da erheblich.

    Eins ist klar: ein Profi wird man so nicht! Es kommt also auch drauf an, wo Du hinwillst. Als Profi muss man selbstverständlich u.v.a. die Skalen und Tonleitern alle beherrschen, muss wissen, wann man sie anwenden kann und, und, und.... Als reiner Hobbyjazzer, darf ich spielen wie ich will.... Wichtig ist nur, dass es mir (und meiner Band, vielleicht noch ein paar Zuhörer/inne/n gefällt. Bei der Verbindung eigene Hörvorstellung zu Umsetzung auf dem Instrument könnte ich für mich auch sagen: es stimmt, wenn es sich richtig anfühlt.

    Jetzt äußere ich noch einen provokanten Verdacht: kann es sein, dass, seit man Jazz über Skalen lernt, viele Leute gleich klingen?

    Im Verlauf der Jazz- und Bluesgeschichte haben sich übrigens die Stellenwerte von Harmonik (Skalen), Tonbildung und Rhythmik mehrfach gegeneinander verschoben. Wenn also die Rede davon war, dass jemand mit 1, 2 oder 3 verschiedenen Tönen ein ganzes Solo super bestreitet, muss das nicht an der Auswahl der Töne liegen. Vielleicht hat der- oder diejenige einfach einen geilen Sound oder tolle rhythmische Einfälle gehabt?

    Mein ganz unprofessioneller Tip: spiel weiter mit den Leuten, die Dir gefallen (CDs und life), hören, spielen, hören, spielen, hören, spielen,.........


    .......... bis du irgenwann den Blues hast :cool:

    keep swingin´


    Dein Saxax
     
  10. Rick

    Rick Experte

    Hallo Saxax,

    ich kann Dir bei Deinen Ausführungen weitestgehend zustimmen, vielen Dank für diesen Beitrag, um das Thema mal vom Kopf auf die Füße (bzw. den "Bauch") zu stellen! ;-)

    Diese "Gleichheit" bzw. Moden gab es schon immer, das läuft über Soundideal und Licks.
    Witzigerweise entsteht manchmal ein neuer Stil, weil es jemand partout nicht schafft, so zu klingen wie sein Vorbild - so wollte Dizzy Gillespie immer spielen wie Roy Eldridge und kam dabei "aus Versehen" auf seinen Bebop... :lol:

    (Und Miles Davis hatte angeblich neben Dizzy noch den populären Harry James als Vorbild - da lag er aber weitab...) :roll:

    Beispiel Tenor, da kann man die wichtigsten Einflüsse leicht identifizieren:

    1930er Jahre: Coleman Hawkins (praktisch alle wollten so klingen wie der "Vater des Tenorsaxofons")

    1940er Jahre: Lester Young (wurde damals u. a. von Dexter Gordon und Stan Getz nachgeahmt)

    1960er Jahre: John Coltrane (ungemein einflussreich, über Jahrzehnte hinweg)

    1990er Jahre: Michael Brecker (der eigentlich ursprünglich so klingen wollte wie Coltrane...)

    Und im frühen Modern Jazz galt es absolut "hip", sich massenhaft Phrasen von Charlie Parker draufzuschaffen.
    Das strahlte sogar noch bis in meine Zeit aus - sobald man eine typische Parker-Wendung spielte, war man im Heidelberg der 80er sofort DER Jazzer. :-D


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  11. fruitbat

    fruitbat Ist fast schon zuhause hier

    Wahrscheinlich nicht. Zumindest sind sie bestimmt nicht mit der Harmonielehre unterm Kopfkissen eingeschlafen. Aber ich würde mich auch nicht mit einem von Ihnen hinsichtlich des musikalischen Talentes messen wollen. :)

    Wie wahr, denn die Menschen sind so unterschiedlich!

    Mir fallen dazu 3 Beispiele von unterschiedlichem Talent und demzufolge unterschiedlicher Herangehensweise an Improvisation ein.

    Meine Cousine: Studium Geige Lehramt, keine Ahnung von Jazzimprovisation, aber sehr gutes Gedächtnis. Sie lernt Stücke sehr schnell auswendig und spielt oft ohne Noten. Sie hat ein so großes Repertoire im Kopf, dass sie wunderbar mit den abgespeicherten Melodien improvisieren kann. Sie würde sich nie so wie ich mit der Abfolge eines Stückes quälen (was war noch mal in Takt 13…?), sondern hat es einfach intus. Sicher könnte sie sich die Harmoniefolgen im Jazz ebenso gut merken und dazu passen improvisieren. Sie spricht übrigens 7 Sprachen ziemlich perfekt.

    Ein Bekannter vom Sport: Laie, Ausbildung Klavier, Trompete, Gitarre, Schlagzeug. Er kann gut singen und aus jedem Instrument einen Ton herausbekommen bzw. ohne weitere Kenntnisse war zusammenzaubern. Null Plan von Theorie, aber ein exzellentes akustisches Gedächtnis. Er hört ein Lied im Radio klimpert es im Anschluß auf dem Klavier nach. Er hört die Akkorde raus und weiß intuitiv, was dazu passt. Natürlich ist das auch jahrelanges Training, aber eher so nebenbei und nicht zielstrebig durch fleißiges Üben. Wenn er das mal machen würde, wäre er sicher ziemlich gut.

    Ein Bekannter aus früheren Tagen im Orchester: Musikstudium Klarinette, spielt Tenorsax, eher kopflastiger Typ, hat Aebersold von vorn bis hinten gespielt, übt wie ein Hochleistungssportler und kann alles erklären. Er analysiert die Stücke genau, übt systematisch und bringt in Folge sehr schöne Improvisationen zustande. Aber mal fix zu einem unbekannten Stück was spielen geht nicht so gut. Braucht er aber auch nicht, denn er spielt in einer Band mit festem Repertoire.

    Und was will ich sagen? Jeder nach Talent und persönlichem Lernmuster. Das sollte man mal wirklich in Ruhe analysieren, um sich nicht der heute so beliebten „Ich-kann-alles-Mentalität“ zu unterwerfen und sich in Folge zu frusten, wenn es nun doch nicht so klappt wie erhofft. Es gibt nun mal individuelle Gaben, die man gut oder weniger gut einsetzen kann. Daher lernt nun mal jeder so verschieden. Schade nur, dass das immer noch oft von Lehrern nicht erkannt und eher nach Schema F unterrichtet wird.

    Ich frage mich nur gerade, wo ich eigentlich hingehöre? :) Schlechtes Gedächtnis, ein Stück auswendig lernen dauert Ewigkeiten und ist ganz schnell wieder gelöscht. Kann nicht gut singen und niemals was nach Gehör aus dem Radio nachspielen. Theorie mag ich schon, aber nur in kleinen Portionen und deren Umsetzung erfordert langes Üben. Prinzipiell lerne ich eher langsam. Aber dafür bin ich kreativ (30 saugute Ideen pro Sekunde…) und kann diese recht feinfühlig umsetzen. Ich mag den Klang meines Instrumentes und habe nach Aussage diverser Leute einen wirklich sehr guten Sound. Naja, das ist doch was?! Wahrscheinlich wird es mir nie gelingen, richtig gute Jazzimprovisationen zu zaubern, aber das ist auch nicht mein Ziel. Musik ist für mich eher Spiegel der momentanen Gefühlslage und erlaubt mir ein Abschalten aus dem Alltag. Je freier ich mich im „musikalischen Raum“ bewegen kann, desto mehr macht es mir Spaß. Und das sollte es auf alle Fälle tun!!!
     
  12. Raggae

    Raggae Ist fast schon zuhause hier

    Ich frage mich auch gerade, wo ich eigentlich hingehöre. Ich glaube, ich verzettel mich recht leicht, weil ich gern alles verstehen und die ganzen Skalen spielen können möchte, usw. Was darunter aber leidet (und deshalb bin ich heute ziemlich gefrustet): Es kommt keine Musik dabei raus!

    Oder bin ich nur zu ungeduldig??? :-?
     
  13. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Ach Reggae,

    das kenn ich auch nur zu gut!

    Am Ende der Übezeit sind immer soviel Saxspielmöglichkeiten übrig :-?

    "Stücke wollte ich noch spielen...ach das Rhythmusding hatte ich noch gar nicht...mensch ich wollte doch was neues beim Improvieseren ausbrobieren...und ja noch ´ne halbe Stunde am keyboard um Akkorde zu verstehen wären auch nicht schlecht..."

    Habe jetzt beschlossen den Tag auf 36 Stunden zu verlängern ;-) . Die gewonnen 12 Stunden stecke ich in die Musik :cool: :cool:

    LG

    Dreas
     
  14. Raggae

    Raggae Ist fast schon zuhause hier

    Hey super, Dreas! Du verstehst mich ... :)
     
  15. lee

    lee Ist fast schon zuhause hier

    "und die ganzen Skalen spielen können möchte....: Es kommt keine Musik dabei raus!"

    möglicherweise schliesst das eine das andere aus??
    freunde dich vielleicht mit dem gedanken an.
     
  16. Raggae

    Raggae Ist fast schon zuhause hier

    Ja, aber ...

    ... ich denke, die Skalen sind wichtig für die Musik??? Geh ich da völlig falsch ran?
     
  17. lee

    lee Ist fast schon zuhause hier

    die musik ist wichtig für die skalen :)
    die skalen sind nur wichtig für die lehrbuchverkäufer.
    was sind skalen: eine statistische auflistung der töne, die in bestimmten zusammenhängen (tonarten, chords..) oft auftauchen.diese statistik ist dann der übersicht wegen so
    organisiert wie sie in musik kaum jemals vorkommt.
     
  18. slowjoe

    slowjoe Strebt nach Höherem


    äähhhmmmmmm....


    Der grösste Teil der Musik die ich so kenne besteht aus Skalenausschnitten und Akkordbrechungen.....



    SlowJoe
     
  19. lee

    lee Ist fast schon zuhause hier

    eine melodie besteht aus schritten und sprüngen.
     
  20. Raggae

    Raggae Ist fast schon zuhause hier

    @sloejoe & grmz: Ich glaube, Ihr meint beide das Gleiche, aber formuliert es anders.

    Also, mein Stand ist: Welche Töne in einem bestimmten Teil eines Stückes statistisch gesehen am häufigsten vorkommen, kann ich mir jetzt schon einigermaßen ableiten, und kriege es auch langsam in die Finger.

    Aber ein "Zufallsgenerator" macht noch keinen geilen Blues, auch wenn er optimiert ist!!!

    Was muss oder kann ich tun, damit daraus jetzt auch Musik wird?
     
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