Mit dem Saxofon Gefühle ausdrücken

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von ppue, 26.September.2022.

  1. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Wenn ich die Altmeister (Benny Carter ganz besonders) höre, denke ich, dass sie durchaus bewusst auf exaltierte Art und Weise Gefühle rübergebracht haben.
    Damals war Jazz aber auch nichts für Intellektuelle
     
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  2. bluemike

    bluemike Ist fast schon zuhause hier

    Hi,

    seit ich diesen Thread lese, bin ich zwiegespalten. Und ich bin mir sicher, dass ich mit jedweder Erklärung scheitern muss, weil es bei genauerer Betrachtung sehr komplex ist, was in mir vorgeht, wenn ich Musik spiele. Wohlgemerkt bei genauerer Betrachtung, weil Musik zu spielen für mich eine alltägliche Selbstverständlichkeit ist. Zumal ich während des Spielens meistens an nicht allzu viel denke. So viel als Vorrede.
    Was ich immer empfinde wenn ich spiele, ist Freude über den Klang, Freude über das, was mir einfällt, Freude, wenn ein Arrangement klappt, Freude, wenn es mit den anderen Musikern zusammen stimmig ist. Ich weiß, das geht an der Ausgangsfrage des Threads vorbei.
    Also noch einmal anders: So abgedroschen es klingt, glaube ich, dass Musik und Musiker dann gut sind, wenn sie etwas zu sagen haben, eine Geschichte erzählen. Ich spiele in sehr vielen Kontexten und Stilrichtungen. Aber eines ist immer gleich, ob Jazz oder Pop oder sonstwas: Etwas nur richtig zu spielen, reicht nicht. Es sollte so sein, als ob ich zu jemandem spreche - in einer Sprache, die eben nicht explizit sagen kann: Ich bin traurig, ich bin voller Freude, etc.
    Ich transportiere nicht willentlich (oder wissentlich) Emotionen. Ich schaffe die Grundlage dafür beim Hörer. Denn erst dort ergibt sich, was Emotionen auslöst. Natürlich kann "You don't know what love is" nicht klingen wie "Get Lucky". Natürlich spielt man unterschiedliche Stücke mit anderem Gestus und findet mit Glück den Aspekt einer Komposition, der zu einem als Musiker spricht und klinkt sich ein. Frei nach Ornette Coleman (finde das Zitat grade nicht), der gesagt haben soll, dass ein und dieselbe Note in einem Stück wie Sadness nicht so klingen könne wie in einem Stück, das Joy heißt. Ich betrachte mich eher als Durchlauferhitzer für all die Musik, die da draußen ist und die durch mich klingen kann. Und mein Klang gibt ihr Gestalt. Ob das jetzt ein Solo in einer Country-Band ist oder ein Arrangement für eine Hörspielmusik.
    Die Emotion muss beim Rezipienten entstehen. Das ist m. E. nur bedingt steuerbar. Ich glaube, es war Louisiana Red, der zu mir gesagt hat: Wenn Du den Blues hast, kannst Du ihn nicht spielen. Was nichts daran ändert, dass man aus ökonomischen Gründen spielen muss, wenn ein Job ist - ob man drauf ist oder nicht. Es ist immer mit Freude darüber, dass man spielen kann, dass man klingt. Auch, wenn der Sound am Abend bescheiden ist oder sonstige Hindernisse da sind. Und manchmal - an guten Tagen - ist da eine überwältigende Lust zu spielen, ein großartiges Gefühl davon, dass jetzt alles geht und ich etwas zu sagen habe.
    Gottfried Benn hat einmal über das Vortragen von Lyrik gesagt: Nur keine Wärme. Und viele Schauspieler, mit denen ich bei Lesungen, etc. gearbeitet habe, betonten immer wieder, dass zwischen Leser und Text eine gewisse Distanz bestehen müsse. Vielleicht eben damit beim Zuhörer Emotionen entstehen und er nicht nur die fremden des Vortragenden übernehmen muss. Ich trete hinter die Musik zurück. Ich bin nicht so wichtig. Ich habe keine Distanz zu meinem Spiel. Wie sollte ich auch? Ich habe auch keine Distanz zu meiner Stimme. Und jetzt wird es schwierig: Es ist für mich ein Unterschied, wie meine Stimme klingt und welche Geschichte ich damit erzähle. Meine Stimme klingt nahezu immer gleich, wenn ich spiele. Aber die Geschichte ist immer eine andere. Ergibt das alles Sinn? Ich fürchte nicht.
     
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  3. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Also Gefühle in der Musik im Spielen auszudrücken ist mir wichtig.

    Muss aber zum Stück passen.

    „Pink Panther“ traurig spielen geht gar nicht.

    „Autumn Leaves“ fröhlich spielen, passt auch nicht wirklich

    „Summertime“ geht auch freundlicher. Wenn man den Taxt kennt, eigentlich auch nicht.

    Was ich sagen will: Meine aktuelle persönliche emotionale Lage kann ich den Stücken nicht aufzwingen, ich muss die Stücke passend auswählen.

    Als Profi muss ich auch fröhliche Stücke spielen können, selbst wenn mir grad nicht danach ist.

    CzG

    Dreas
     
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  4. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    Journalisten-Frage an Roman Polanski:

    "Welche Botschaft haben sie mit diesem Film an ihre Zuschauer ?"

    Antwort Polanski:
    "Keine !
    Wenn ich eine Botschaft habe, schicke ich sie mit der Post"

    Komisch, .... das mir dieses Zitat bei dem Tread grade einfällt.

    Obwohl ich mich mein ganzes Berufsleben lang gegen
    alles -emotions und seelenlose- in meiner Branche gewand habe.

    VG
     
  5. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    Ganz kurzes Zitat noch zum Thema, dann geb' ich Ruh' :D

    "Man (der Leser, in dem Fall) merkt die Absicht und ist verstimmt."

    VG
     
  6. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich habe oft in der "Bar jeder Vernunft" in Berlin gespielt. Für ein Programm hatten wir als Einlassmusik Benny Carter mitgebracht. Die passte so hundert Prozent ins Ambiente des Spiegelzeltes, dass die Veranstalter sofort die Platte haben wollten.

    https://pogometrie.de/Benny_Carter_Poinciana.wav

    Man sieht beim Hören sofort die Betriebsamkeit der glamourösen, mondänen Säle in New York zur Zeit der Swing-Ära. Genau dieses Gefühl vermittelte sich dann auch in Berlin und färbte mit seiner Größe auf das kleine Spiegelzelt ab.

    upload_2022-9-27_18-17-0.png

    Hier vermitteln sich Gefühle, die zu einer bestimmten Ära und zu einem bestimmten Lebensgefühl gehören.
     
  7. Rick

    Rick Experte

    Hm, Authentizität?
    Ich kann nur Emotionen transportieren, die ich auch von mir kenne, schon mal gefühlt habe. Glücklicherweise bin ich ein recht reflektierter Mensch und habe mir schon vor Jahren zur alltäglichen Aufgabe gemacht, meine Stimmungslagen zu hinterfragen und zu analysieren:
    Was fühle ich gerade? Warum fühle ich das in diesem Moment? Soll ich das jemandem mitteilen oder lieber mit mir selbst ausmachen?

    Nun zur Musik, ein Beispiel, das für mich immer wieder eine Herausforderung war:

    Mein (geliebter, bewunderter) Vater starb überraschend zwei Wochen nach meinem 20. Geburtstag. Das war für mich im Nachhinein ein absoluter Schock, ein Trauma, das sich tief in mein Unterbewusstsein gefressen hat.
    Wenn mich jemand fragte, was ich deswegen fühlte, konnte ich allerdings nur wahrheitsgemäß antworten: Garnichts. Ich war da wie in einer Glocke gefangen.

    Aber ich hatte dann jahrelang oft denselben Traum: Ich vermisste ihn, doch plötzlich kam er zurück, war nur verreist gewesen (solche Begebenheiten mit Vermissen, bis der Papa wieder vor der Tür stand, gab es oft in meiner frühen Kindheit). Ich genoss die Zeit mit ihm, aber irgendwann war er dann doch endgültig tot - und ich nahm den Schrecken und die Verzweiflung wahr, die ich im Wachzustand nicht bemerkte.

    Um diesen Traum zu verarbeiten, schrieb ich ein Musikstück: Dream of a dead man. (Ähnlichkeit in der Aussprache: "Dead" und "Dad".)
    Bei den Aufführungen war es mir extrem wichtig, diese Musik nicht einfach irgendwie zu spielen, sondern dabei tief in diesen Mix aus Einsamkeit, Verzweiflung, Traurigkeit, Aufbäumen, letztlich Resignation und Akzeptanz des Verlusts einzutauchen, mich dem komplett hinzugeben.
    Das bedeutete, dass ich vor der Interpretation jedesmal kurz in mich gegangen bin, um diese Gefühlswelt abzurufen.

    Dadurch habe ich viel über das gezielte Ausleben von Gefühlen in der Musik gelernt, aber es hatte auch eine therapeutische Wirkung auf meine Psyche, ich konnte die im Traum zutage getretenen Gefühle bewusst verarbeiten, mir ging es seither besser, ich habe mich dem Schock des Verlusts gestellt, anstatt ihn zu verdrängen.
    Ich weiß nicht, ob mir diese Verarbeitung ohne Musik so gut gelungen wäre. Auf jeden Fall war es MEIN Weg.

    Und das Schöne: Meine Halbschwester (Tochter der Ex-Frau meines Vaters) meinte, sie könne beim Anhören einer Aufnahme dieses Stücks nachempfinden, was ich damit ausdrücken wollte, und es würde bei ihr ähnliche Erinnerungen und Gefühle angesichts seines Todes auslösen.
     
  8. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Viele schreiben sinngemäß, dass die Emotionen der Musik auf sie übergreifen und weniger umgekehrt. Da ist schon was dran. Trotzdem kommt bei mir noch was anderes dazu. Wenn ich mit anderen spiele, habe ich meist einen langen Tag hinter mir, der manchmal ermüdend, manchmal stimulierend, manchmal befriedigend und manchmal unbefriedigend war. Manchmal bin ich energetisch, manchmal wütend, manchmal leer.
    Entsprechend kann ich die Musik auf dem Notenständer - fast egal welche Art - cool, einfühlsam, mit Drive auf der Stuhlkante oder grob spielen. Oder ganz anders. Und jedesmal spiel ich die gleichen Noten und manchmal ein Solo. Schwer tun würde ich mich, die Versionen bewusst zu tauschen, es ist eher die retrospektive Wahrnehmung meiner unwillkürlichen Spielweise.
    Ich nutze das auch als Ventil, und je mehr ich eins brauche, desto besser funktioniert es manchmal mit der Musikalität.

    Nachtrag: Das bewusst einsetzen zu können bzw. immer gleich machen zu können ist wohl eines der (vielen) Dinge, die mich von einem Berufsmusiker unterscheiden.
     
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  9. SaxFrange

    SaxFrange Ist fast schon zuhause hier

    Was ist denn mit den nicht weltbegenden Jazz Legenden und legendären Konsorten?
    Nur hochkarädige Beispiele hiero_O

    Keine Beispiele von den lehendären 70 ern. ( Schlager wird ja erst gar nicht erwähnt) Die letzten Tage habe ich mich mit CCR versucht und auf der Arbeit gespielt. Meine Cheffin hatte den Ohrwurm noch am nächsten Tag.

    Das finde ich etwas schade dass es hier so wenig andere gibt die eine Meinung vertreten oder Lieder einstellen die von der Top Ten Norm Meinung abweicht.:D
    :confused::p
    Wo sind denn eure Beispiele von denen die Zitate handeln:pint:
    VG.Friedrich
     
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  10. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    :pint: ???

    Ich habe Mühe, @SaxFrange , Deinen Beitrag zu verstehen… was ist Deine Kernaussage?
     
  11. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    vielleicht war es die da heute:
    Hol mir jetzt auch eins… Prost!
     
  12. SaxFrange

    SaxFrange Ist fast schon zuhause hier

    Genau :) Ihr denkt wie Noten.
    Bei mir gibts Abweichungen.

    Vermisse hier Eure gespielten Versionen von dem wo man sich so leicht hinter Worten verstecken kann.
    Könnte mir mehr individuell gespielte Beispiele der vielen Mitglieder des tollen Forums hier vorstellen.
    Aber Alkoholfrei ,,war Besoffen" gültet nicht :cry2::karte:
     
    Zuletzt bearbeitet: 27.September.2022
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  13. Blofeld

    Blofeld Ist fast schon zuhause hier

    Bis vor einer halben Stunde war das Niveau dieses Threads wirklich sehr ordentlich.
     
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  14. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @ein weites Feld
    Ich bin am Grübeln !!

    Weil, .... das Thema -Emotionen- lässt mich seit meiner ersten "akademischen Arbeit"
    nicht mehr los. Das war um 1985 rum.

    Wenn ich jetzt drüber nachdenke,
    über Musik und "Gefühle herstellen" habe ich den Verdacht ....

    Vlt. ist alles Quatsch und ein großer Irrtum.

    Sicher, ... würde man Leute auf der Strasse fragen nach
    -Musik und Emotionen- ?
    würden alle sagen:

    "Ganz klar. Starke Verbindung.
    Musik überträgt und erzeugt Emotionen"
    Intensiver als jede andere Kunstform.

    Aber stimmt das im -wissenschaftlichem Sinne- ??

    Oder werden da vlt. nur Erinnerungen in uns wachgerufen,
    die wir dann mit wirklich erlebten Emotionen in Verbindung bringen ?

    Bei meiner Arbeit damals ging es um die Frage:
    "Wie kann es sein, das die Leute im Kino "Rotz und Wasser heulen",
    obwohl ihr Verstand in jeder Sekunde weiss.

    Ist alles -Lug und Trug- !

    Keiner stirbt hier in echt ... jeder Kuß ist nur gespielt.

    Schlüsselwort für eine Erklärung ist:
    -Empathie-

    Der Mensch kann Ereignisse emotional nachempfinden,
    obwohl er sie in diesem Moment überhaupt nicht selbst erlebt.

    Um den Bogen zu @ppue Beispiel Musik in "Bar jeder Vernunft"
    zu kriegen.
    Keiner von uns hat die "Swing Ära" in echt erlebt.

    Aber wenn wir diese Musik hören, erinnert sie uns an Filme
    oder andere, indirekt erlebte Bilder aus dieser Zeit.

    VG
     
  15. Rick

    Rick Experte

    Wieso?
    Ich habe gleich zu Anfang zwei selbst gespielte Hörbeispiele verlinkt, so auch @FraRa und @Wuffy.
    Allerdings sind diese nicht ausführlich kommentiert worden, was ich persönlich etwas schade finde.

    Das letzte geschilderte Beispiel "Dream Of A Dead Man" ist selbstverständlich auch per Aufnahmen dokumentiert, allerdings noch nicht im Internet verfügbar - da gibt es einen schönen Video-Live-Mitschnitt aus dem Jahr 1991 sowie eine CD von 1996, aber alles nie hochgeladen.
    Die betreffenden Ensembles existieren seit Jahrzehnten nicht mehr und ich habe das Stück später nicht mehr im Programm gehabt; die "musikalische Schauspielerei" war immer sehr anstrengend und Kraft zehrend gewesen, außerdem bin ich diesbezüglich mit meinem Unterbewusstsein längst im Reinen.
    Und wie ich schon schrieb wollte ich den Titel nie "einfach so" spielen.
     
    Zuletzt bearbeitet: 28.September.2022
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  16. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Guten Morgen!

    Ich stelle mal die These auf, dass Du genauso wie Du als Mensch nicht "nicht kommunizieren" kannst, kannst Du auch als Musiker nicht" keine Gefühle" vermitteln.
    Das geht IMHO schon mal nicht sobald es einen "Empfänger" der Musik gibt.
    Und gleich denen die glauben mir ein Ohr abquatschen (©Spliff) oder sich eine Ladung Eau de Toilette über den Körper schütten zu müssen dass es wirkt, gehen mir die Emotionszwangsvermittler akustisch ziemlich auf den Senkel. "Emotion" funktioniert nur ohne "s" bei mir, "Feeling" auch. Die Mehrzahl erdrückt mich.

    Cheers, Ton
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 28.September.2022
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  17. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Ich persönlich muss gestehen, dass ich bewusst nur in seltenen Momenten des Einklangs mit dem Instrument übermitteln kann.
    Es sind die Momente, in denen ich fas Gefühl habe, das Horn singt wirklich.
    Sie sind aber sehr selten und ich kann sie nicht bewusst evozieren, daher kann ich zu diesem Thread wenig beitragen.
     
  18. Wuffy

    Wuffy Gehört zum Inventar

    Es wurde schon mehrfach gesagt...ist auch alles immer sehr abhängig vom gespielten Titel.

    Stilmittel für mich auch stark untersch. Dynamik, ein passendes Vibrato..und weit weg von jeglichen Noten.

    Im Endeffekt natürlich auch wie immer und alles: Individuelle Geschmacksfragen

    Eine geniale Sängerin wie Whitney Houston kann man nie 1:1 kopieren, aber in etwa nachempfinden:



    Gr Wuffy
     
  19. ppue

    ppue Mod Experte

    Die beiden Phänomene schließen sich nicht aus. Emotionen scheinen angeboren (z.B. Angst, Wohlsein), aber auch angelernt (z.B. Humor, Trauer) zu sein.

    Musik, die in ihrer Stilistik für das Lebensgefühl in bestimmten Gegenden steht: Pariser Musette, feuriger Flamenco, jamaikanischer Reggae, russische Schwermut, Samba aus Rio, der außergewöhnliche Stil des Gesangs der Inuit, die Komplexität der balinesischen Zimbelorchester oder die meditative Raga aus Indien vermitteln nicht nur direkt Emotionen, sondern tun das auch aufgrund von Klischees (nicht negativ gemeint) in unseren Köpfen.

    Hier vermitteln also nicht Einzelkünstler ihre eigene Stimmung, sondern eine gesamte musikalische Kultur steht für eine Gegend, ein Volk, ja, oft auch eine Lebenseinstellung.

    Dem gegenüber will ich nicht aus dem Blick lassen, wie Musik in ihrem eigenen Mikrokosmos funktioniert. Sie hat aus physikalischen Gründen, seien es Frequenzverhältnisse oder rhythmische Formen, schon in sich das Potenzial, Gefühle zu transportieren. Ein Quartschritt nach oben erhöht die Spannung, ein Quintschritt nach unten entspannt. Auf diesem Grundprinzip baut die ganze abendländische Musik auf.

    Beide Seiten der Musik, die ich hier versucht habe, ganz grob zu skizzieren, triggern meist ganz unbewusst unsere Gefühle, dürfen also in der Diskussion hier nicht unbeachtet gelassen werden.

    Die Einzelkünstler, seien es Solisten, Dirigenten oder auch Komponisten, stehen nun quasi dazwischen, indem sie die Tradition (welcher Kultur auch immer) und den Mikrokosmos der musikalischen Gesetze dafür gebrauchen, sich selber auszudrücken.

    Vielleicht kann man etwas besser diskutieren, wenn man die drei Gebiete gedanklich trennt:

    - Tradition (mit all ihren Assoziationen)
    - Individuelle künstlerische Ausgestaltung
    - Physikalisch-harmonischer Mikrokosmos

    Alle drei Gebiete greifen ineinander. Meine Einteilung ist bewusst künstlich gezogen und soll nur die Bandbreite dessen aufzeigen, worüber wir hier diskutieren.

    Vielen Dank für die Beiträge bis hier. Um @Ricks und @Wuffys Aufnahmen kümmern wir uns auch noch, oder?
     
    jimi, Rick und bthebob gefällt das.
  20. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @bluemike
    Moin, Moin,
    ich bin erst jetzt zum Lesen deines Beitrages gekommen.

    Um deine Schlussfrage zu beantworten:
    "Macht das alles Sinn?"

    Aus meiner Sicht, ja !

    Bemerkenswert obendrein finde ich, ..... ich habe noch nie einen so langen
    Text von dir hier gelesen.;)

    Das Thema scheint dir doch "sehr nahe zu gehen"
    Und das, obwohl du seit Jahrzehnten -im Geschäft- bist.

    Find' ich gut !

    VG
     
    Sax a`la carte, Rick und bluemike gefällt das.
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