Mit dem Saxofon Gefühle ausdrücken

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von ppue, 26.September.2022.

  1. Wanze

    Wanze Strebt nach Höherem

    Das isr super-spannend... Diskrepanzen zwischen Text und Melodie...Ich arbeite mich gerade an 'You are my sunhine' ab. Wenn man es reduziert, eine äusserst einfache Harmonik, I, IV, V7, bleibt alles in einer Tonart. Deshalb wird es oft als fröhliches Kinderlied missverstanden oder als lustiger Country-Song interpretiert...
    Dabei ist der Text in Wirklichkeit tieftraurig:

    The other night, dear, as I lay sleeping
    I dreamed I held you in my arms
    When I awoke, dear, I was mistaken
    So I bowed my head and I cried

    You are my sunshine, my only sunshine
    You make me happy when skies are gray
    You′ll never know, dear, how much I love you
    Please don't take my sunshine away


    I′ve always loved you and made you happy
    And nothing else could come between
    But now you've left me, to love another
    You have shattered all of my dreams

    ... Du hast all meine Träume zerstört...

    Die wahre Meisterschaft zeigt sich jetzt darin, dieses Stück, das im wesentlichen Dur Akkorde hat, in eine Dur Tonart läuft, so zu interpretiern, dass diese Traurigkeit rüber kommt. (Nein, ich kann es auch nicht.)
    Dead South - sowieso eine Super-Gruppe schafft es:


    Natürlich singen sie die Melodie etwas anders - aber das ist nicht alles. Kann jemand sagen, was sie alles für musikalische Stilmittel einsetzen?

    Grüße,
     
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  2. jimi

    jimi Ist fast schon zuhause hier

    Dies hat eine ähnliche Behandlung.:)





     
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  3. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @esbleibtspannend
    Ich hatte mich gedanklich von diesem Tread schon abgemeldet ("nicht weiter beobachten")

    Aber wie's der Zufall will.

    Vor einer Stunde hatte ich einen längeren Disput mit'm
    alten Kumpel und Gitarristen.
    Er war noch vom Konzert eines gestandenen Bluesgitaristen begeistert.
    Letzte Woche und live im kleinen Club

    Folge dessen meinte mein Kumpel, er wolle sich in Zukunft mehr dem Blues widmen.
    Müsse dafür aber sich verstärkt u.a. Tritonussub. -Akkorde raufschaffen.

    Ich widersprach.
    Meinte, wichtiger als noch mehr Akkorde zu lernen (er hat mehrere Dutzend abrufbereit ;)),
    wäre aus meiner Sicht ....

    Kümmere dich, wie auch immer, um dein ganz persönliches und für dich authentisches
    -Bluesfeeling- .... um dein "Groove-Handwerk."

    In dem Zusammenhang spielt die -time-
    im sehr weit gefassten Sinne, eine größere Rolle als raffinierte Akkorde.

    So schliesst sich für mich der Kreis zu den aktuellen Musikbeispielen hier.

    Bei gleichem musikalischen Ausgangsmaterial kommen, je nachdem wie im
    Vortrag mit -Zeit- umgegangen wird, unterschiedliche Stimmungen raus.

    Ich denke, Zeit im Sinne von -notierter Rhythmusvorgabe-
    ist bei allen Beispielen gleich.

    Die verschiedene Stimmlagen beim Gesang und die Arrangements der Fassungen
    hinterlassen natürlich auch ihre "emotinalen Spuren"

    VG
     
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  4. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @JES
    Dr. Psycho meint:

    "Du bist auf dem richtigen Weg.
    Schmeiss das alte playalong weg !
    Such' dir ein Neues, für dich passendes !

    Aber bitte bleibe deinen -Emotionen treu- beim Musizieren.

    VG
     
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  5. ppue

    ppue Mod Experte

    Kunststück: Sie spielen es in Moll.
     
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  6. Sax a`la carte

    Sax a`la carte Ist fast schon zuhause hier

    Da ich diesen Song auch hin und wieder spiele, interessiert es mich, welche Geschichte beide erzählen.
    LG Franz
     
  7. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Hier mal eine Aufnahme von mir, bei der ich mich komplett von Gefühlen habe tragen lasse, weil ich an meine Liebste gedacht habe.

    https://soundcloud.app.goo.gl/NyyKTJAKGDxLX6YE9

    @ppue meine Antwort auf Deine Fragen im Ausgangsthread. Gefühle im Stück von „traurig“ auf „fröhlich“ kriege wahrscheinlich nicht hin. Muss in die Stimmung eintauchen können.

    CzG

    Dreas
     
    Zuletzt von einem Moderator bearbeitet: 16.Oktober.2022
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  8. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest


    Vielleicht sind eure Ansichten gar nicht entgegengesetzt. Mir geht es auch eher wie bebop, Christian Weidner z.B. übrigens, soweit ich seine Aussagen zu diesem Thema erinnere, aucj.
    Man kann gerade dann, wenn man sehr ähnliche Dinge immer wieder tut, besonders gut wahrnehmen, was sich wie verändert, Veränderungen bewusst bewirken.
    Kaum was anderes macht einer, wenn er z.B. Mozart interpretiert und eben nicht sagt: Das hat doch eh schon wer anders gemacht, ich komponiere etwas Neues.
    Ein guter Interpret bezieht sich auch auf schon vorhandene Interpretationen, anstatt wild drauf los irgend etwas zu spielen (oder in anderer Profession zu schreiben), Hauptsache neu.

    Wir brauchen beide Arten von Menschen (und all das, was zwischen den Extremen an Persönlichkeiten ist):
    Die, die jeden Tag einen neuen Kontinent entdecken wollen, und die, die jeden Tag in ihrem Leben das gleiche Musikstück am gleichen Klavier spielen, es aber immer wieder anders machen wollen.
     
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  9. JES

    JES Gehört zum Inventar

    https://www.songtexte.com/uebersetzung/ibrahim-ferrer/quizas-quizas-deutsch-2bd6f08a.html

    Übertag das mal auf eine Beziehung, wo der eine nicht weiß, wo er mit dem anderen dran ist und nicht weiß, wie es weiter geht,... und der andere weiß es irgendwie auch nicht.

    "schatz, wo wollen wir in urlaub hin?“....." k. A"
    "wann wollen wir....? "......“ k. A"
    "wollen wir überhaupt....?“....." vielleicht "
     
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  10. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Klar, mach ich schon.
    Eigentlich reicht es das Tempo des pa zu verlangsamen.
    Jetzt hat einer hier ca. 6 Seiten zuvor gemeint, jau, Gefühle mit vibrato, bending.... Effekten.
    Hab ich mal beobachtet... Nö. Eigentlich ist bei mir nur die Dynamik anders (auch beim einzelnen ton selbst), die Art des Ton anspielens (viel weicher) und time. Jegliche Effekte verderben bei mir jeden emotionalen Ausdruck... Vielleicht, weil ich es falsch einsetze, nicht professionell gut umsetzen kann... ich brauche es nicht.
     
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  11. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Lass doch mal hören.

    CzG

    Dreas
     
  12. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @ppue

    Noch was.

    Ich spiele ein Stück um so besser, je mehr ich eine emotionale Basis herstellen kann.

    Wenn ich das Stück mit meinen Gefühlen und Erinnerungen verbinden kann, wenn das Stück in mir was zu klingen bringt.

    Stücke, die das nicht schaffen kann ich nicht wirklich gut spielen. Die emotionale Grundlage fehlt.

    Ist mir häufig hier auch im TOTM passiert.

    CzG

    Dreas
     
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  13. JES

    JES Gehört zum Inventar

     
  14. Rick

    Rick Experte

    Ja, einmal Dur, einmal Moll.

    Aber ich finde die Originalversion aus dem Hitchcock-Film (The Man Who Knew Too Much) genial, weil Doris Day in ihrer Interpretation alles andere als fröhliche oder sorglose Gefühle hat, stattdessen singt sie in großer Angst und Verzweiflung, weil ihr Sohn entführt wurde und er das Lied hören soll, dementsprechend ist sie anfangs laut, hart und angespannt - aber als sie sein Mitpfeifen wahrnimmt, wird ihre Stimme weicher und fröhlicher, wenn auch nur etwas, denn das Kind ist ja noch nicht außer Gefahr...
    Völlig im Gegensatz zu der anderen verlinkten Version von ihr, höchstwahrscheinlich aus demselben Film, am Ende, als alle glücklich wieder vereint sind.
    Mir fällt auf Anhieb kein anderer Film ein, in dem die unterschiedlichen Interpretationen einer Melodie eine so große Rolle spielen!



    (Für diejenigen, die nicht mit diesen alten Hollywood-Klassikern groß geworden sind: Der Vater wird von James Stewart gespielt. Wer war das nun wieder? Ach, egal.)

    Das gehört eben zum Handwerkszeug der Interpretation, nicht nur im Gesang, durch kleine Veränderungen unterschiedliche Gefühle zu transportieren.
    Zumindest war das früher so - ob das heute in ähnlichem Maß noch allgemein im Musikunterricht bzw. -studium gelehrt wird, kann ich nicht beurteilen. Ich lege darauf bei meinem Unterricht wie auch in meinen Ensembles sehr viel Wert, in meinem eigenen Spiel sowieso.
     
    Zuletzt bearbeitet: 17.Oktober.2022
  15. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @Paul2002
    und mit diesem "immer wieder anders machen"
    ist doch eine Vorraussetzung gegeben, damit uns etwas (egal was)

    nicht langweilt.

    Wenn auf einer gedachten "Küchenwage"
    links Neues liegt und rechts genausoviel Bekanntes ....

    ist die Sache neutral und entspannt .... alles easy / peacie.

    Überwiegt die linke Seite, mit zuviel Neuem, ..... Gefahr der Überforderung.
    Überwiegt rechts, mit Übergewicht an Altbekannten .... Gefahr von Langeweile

    So in etwa lautet ein Teilaspekt einer Antwort auf die Frage:
    "Warum gefällt uns etwas und etwas anderes ebend nicht"

    VG
     
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  16. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @Rick
    Bei "M - Die Stadt sucht einen Mörder" mit Peter Lorre, Dt. 1931
    spielt eine gepfiffene Melodie eine Rolle (würde ich meinen)

    Weiss aber nicht mehr, ob die im Film unterschiedlich gepfiffen wird.

    VG
     
  17. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Ich gebe dir ja recht, dass die Mischung aus Neuem und Altem wichtig für uns Menschen ist. Allerdings ist es eben in der Realität sehr stark von der Persönlichkeit und Wahrnehmung eines Menschen abhängig, wann da eine gute Balance vorliegt, den in Begriffen der Statistik ist die Qualität "Alt/Neu" eigentlich stetig und nicht diskret, qualitativ und nicht quantitativ. Man dächte, man könnte ganz einfach die Bestandteile einer Sache quantitativ bestimmen und dann anhand der Frage "Kenne ich das?" sagen, ob etwas "alt" oder "neu" ist, aber so leicht ist es einfach nicht.
    Du kannst nicht wirklich genau erfassen, was du subjektiv wirklich so tiefgehend begriffen hast, dass du es "langweilig" oder "alt" empfindest.

    Das fängt schon an, wenn ich ein Musikstück übe:

    Wie oft habe ich schon eine Tonleiter geübt?
    Empfinde ich deswegen in jeden Musikstil jedes Element einer Melodie, dass eine Tonleiter ist, als alt?
    Vielleicht empfinde ich das Leitersegment selbst gar nicht als Element des Stückes, sondern dessen Zusammenwirken mit einer Akkordbrechung, wodurch deren Gemeinsames auftreten viel neuer ist?

    Wenn wir Dinge erleben und dabei Gefühle haben, reicht unsere Geisteskraft einfach nicht aus, alles bewusst einzuordnen und zu bewerten. Die Gefühle kommen von ganz allein.
     
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  18. Rick

    Rick Experte

    Ja, das war Teil meines Studiums der Musikwissenschaft, Bereich Musikpsychologie.
    Ich bin allerdings seitdem aus dem Thema, habe mich nicht mehr damit beschäftigt.
    Grundsätzlich bin ich immer skeptisch, wenn jemand einfache Antworten zu komplexen Bereichen anbietet - ich weiß auch nicht mehr, ob diese These wirklich wissenschaftlich sauber begründet wurde oder nur mal wieder so eine aus dem Ärmel geschüttelte Behauptung eines eigentlichen Philosophen wie Adorno war, der bekanntlich Mitte des 20. Jahrhunderts zur Musik so einiges rausließ, das man heute kopfschüttelnd belächelt.

    Dass viele Leute allzu Fremdes instinktiv ablehnen, ist ja durchaus wahr, doch es gibt auch andererseits Musikhörer, die gerade das Neue, Ungewöhnliche gezielt suchen.
    Ist wahrscheinlich eine Frage von Sozialisation und Bildung.
     
    Zuletzt bearbeitet: 17.Oktober.2022
    jimi gefällt das.
  19. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Bei mir hat das eher etwas mit "sich Zeit nehmen" oder auch "einen externen Impuls bekommen" zu tun.

    Mal ein Beispiel: für mich war musik von queen am anfang lauter krach, der typ auf der Bühne irgendwie schräg. Irgendwann habe ich dann was uber Freddy gelesen, da fing das ganze an einen Sinn zu ergeben (lange vor dem kinofilm). Dann habe ich mir einige Stücke intensiver angehört, weniger die Texte als die musik. Die war plötzlich nicht mehr sooo trivial, im Gegenteil. Heute ist die musik von queen für mich richtig gut, ich höre sie gerne und ich höre ihr bewußt zu... und entdecke immer noch neues.
    Genauso das o.g. Stück quizas. Ich glaube ich habe das 10.000 mal gehört, mehrere hundert mal gespielt, teilweise auf der Bühne. Den Kopf darüber gemacht habe ich mir, als der impuls kam, sich mal mit dem Sänger zu beschäftigen, und.... eine ganz andere Perspektive.
    Von daher finde ich die beiden Fälle, die du @Rick da aufzeigst, Extremfälle. Vielleicht fehlt manchmal nur der Schlüssel zu einer Musik, um sie zu verstehen.
     
    Rick gefällt das.
  20. Rick

    Rick Experte

    Es sind die Ausschläge des Pendels, die Wahrheit liegt meistens dazwischen.
    Aber es ist wirklich ein komplexes Thema, das sich nicht mit einfachen Antworten bearbeiten lässt, wie so vieles.

    Ganz sicher! Es geht um die Motivation, sich mit etwas "Fremdartigen" zu beschäftigen. Wenn mich der Urheber interessiert, habe ich sie. Denn dann ist es nicht mehr "fremd", sondern "interessant".

    So habe ich, der als Teenager eigentlich nur auf Swing stand, den Zugang zum Modern Jazz gefunden: Das "Jazzbuch" von J. E. Behrendt weckte meine Neugier auf Bebop, Cool Jazz, Hard Bop, Free Jazz usw.
    Und wie kam ein Zwölfjähriger eigentlich auf Swing? Durch einschlägige Musikfilme, die mein Interesse weckten.

    Das ist ja auch im Unterricht sehr wichtig: Motivation schaffen, das "Fremde" zum "Interessanten" wenden.
    Ein alter Freund von mir begann plötzlich, sich für orientalische Musik zu begeistern. Warum? Er hatte damals eine arabisch-stämmige Freundin. Die Freundin ging, das Interesse blieb. :cool:
     
    Jazznote, Sax a`la carte und jimi gefällt das.
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