Musik für die Zehennägel

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Werner, 7.Februar.2011.

  1. yts62

    yts62 Ist fast schon zuhause hier

    Hallo pue,

    möchte mich Dreas Beitrag anschließen. Es hat sich niemand negativ geäußert - nur insofern, dass manche sagen, diese Art der Tonierung nicht zu mögen. Das wiederum hat etwas mit persönlichem Geschmack zu tun und nicht mit Toleranz.



    ... ich finde nicht, dass man etwas begreifen muss, um es kritisieren zu können. Kritik ist ja schon, wenn man sagt: das gefällt mir nicht.

    Deiner Aussage nach müsste man sich also zuerst mit einer Materie, die einem nicht zusagt, so intensiv beschäftigen, dass man sie versteht. Das stelle ich mir grauenhaft vor.

    Ich kritisiere ja nicht, dass Werner mit seinen Jungs diese Musik macht - immer jedem so, wie´s ihm gefällt. Ich sage nur, wie manch anderer, dass sie mir nicht gefällt. Mehr sogar, ich finde sie absolut nervtötend.

    Wenn ich mich also nun stundenlang mit der freien Improvisation beschäftigen muss (wobei ich glaube, dass ich sie dann immer noch nicht verstehe), um darüber eine Kritik abzugeben - das wäre körperliche Folter für mich.

    Was aus den geschriebenen Beiträgen hervorgeht - freie Impro polarisiert gewaltig.
     
  2. Gast

    Gast Guest

    hallo pue, dein Beitrag, in dem du mehr Toleranz einforderst, steht eben dieser Forderung entgegen. Du unterstellst anderen Usern, sie verstünden etwas nicht und dürften es deswegen nicht kritisieren. Diese Einstellung finde ich arrogant.

    Bluesige Grüße
    Bluesgerd47
     
  3. Thomas

    Thomas Strebt nach Höherem

    @pue: mir ist nicht klar, was Du eigentlich ausdrücken willst
    ...das ist doch sehr erfreulich
    ...ja, und? das bezweifelt ja niemand...
    ...doch, sicher, aber darum geht es hier doch nicht, oder?
    Es gibt auch welche, die sich trauen, ohne Noten, mit Konzept, mit Absprache auf die Bühne zu stellen und loszututen. Das ist sicher nicht zwangsläufig einfacher...

    ich kann eigentlich kein Zeichen mangelnder Toleranz erkennen, und man wird doch wohl noch sagen können, wenn man etwas nicht mag... wo ist Dein Punkt?
    LG
    Thomas
     
  4. saxhans

    saxhans Ist fast schon zuhause hier

    Liebe Leute,

    was soll die ganze Aufregerei?

    Ich muß nicht alles verstehen, und ich will auch nicht alles verstehen, aber ich habe eine eigene Meinung, und die darf ich in einem Forum äußern.

    Für den einen ist der Free-Jazz Kunst auf höchstem Niveau, für den anderen Katzenmusik.

    Für die Putzfrau war die Butter garniert mit alten Zeitungen in der versifften Badewanne Müll, für Beuys war es Kunst.
    Ich habe mit beidem kein Problem.

    Gruß Hans
     
  5. Wuffy

    Wuffy Gehört zum Inventar

    Sehe ich genauso.....nur habe ich zugegebenermassen nie den Mut, dass auch öffentlich kund zu tun, schweige lieber und denk mir meinen Teil.

    Doch wenn's jeder so hielte, würd ja auch nix mehr polarisieren.

    Deshalb....gut gebrüllt Hans!

    Wuffy
     
  6. ppue

    ppue Mod Experte

    Pardon, ich lese hier überwiegend nervtötend, scheußlich, halt ich keine fünf Minuten aus... Geht die Antworten von Anfang bis Ende durch.

    Jedem seine Meinung, soll er es so finden. Find ich spannend. Wenn ich ähnliche Attribute bei der 1000sten Improvisation über Summertime bemühen würde, wär das Geschrei groß.
     
  7. edosaxt

    edosaxt Strebt nach Höherem

    also noch ne Portion edosenf:
    Kunst kommt nicht von gefallen, muß nicht gefallen und (ich provozier mal) darf sie auch nicht!
    Ob Werners Beitrag Kunst ist, kann ich nicht beurteilen, da ich mich mit dieser Form der Musik noch nicht auseinandergesetzt habe, aber wohl nachholen muß.

    Natürlich kann ich mich auf den Standpunkt stellen, ich setz mich nur mit Kunst auseinander, die mir gefällt, die mich in einem ästhetischen Sinne anspricht, mir wäre das zuwenig.
    Es gibt eine Welt jenseits der gefallsüchtigen, ewig sich wiederholenden Farb- und Strukturkombinationen (bildende Kunst) und Harmonieabläufen (Musik). Diese Welt ist wild und grell, manchmal auch trüb und grau, aber niemals langweilig.

    all is pretty!

    edo
     
  8. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @ pue

    Ja stimmt. Dazu gehöre ich auch. Ich find es immer noch gräßlich!

    Pue, bisher habe ich Deine Beiträge immer als ausgewogen und kompetent wahrgenommen und sie sehr geschätzt.

    Jetzt hast Du Dich aber ziemlich verannt.

    Sicher hätte es geholfen, wenn Du die Beiträge kommplett gelesen hättest. Dann wäre Dein Urteil nicht zum Vorurteil verkommen.

    Sicher warst Du auch, u.a., in der Beuys-Ausstellung in Düsseldorf. Diese hat mich sehr beeindruckt.

    Ich finde das was Beuys gemacht hat aus ästhetischer Sicht grässlich. Dennoch finde ich seine Idee der Kunst, gerade auch vor dem gesellschaftlichen Kontext, genial.

    Und genauso geht es mir mit dieser Musik. Ich finde sie abstossend! (Und das darf ich auch! Das kann niemand bewerten!) ABER ich toleriere sie und sehe sehr wohl auch, dass sie in den letzten Jahrzehnten die Musik befruchtet hat.

    Und wenn Du Dích daran stösst, dass wir unser Meinung zu unserem Musikgeschmack klar äußern und dann konnterst:

    kommt das ignorant und arrogant rüber...so empfinde ich es jedenfalls...

    Nichts für ungut,

    Dreas
     
  9. Tröto

    Tröto Ist fast schon zuhause hier

    saxhans schrieb . . .

    Nun, die ganze Aufregerei kam wohl auch dadurch zustande, dass in manch einem Beitrag, der sich weltmännisch-liberal und nur scheinbar völlig unaufgeregt gab, bei genauerem Lesen und Einfühlen doch der unausgesprochene Vorwurf der Scharlatanerie hervortrat.

    Soweit ich mich, der Nicht-Beuys-Kenner, erinnere, war ja genau dies der ewige Vorwurf, mit dem Beuys sich zeitlebens und seine künstlerischen Nachlassverwalter nach seinem Tod sich auseinandersetzen mussten.

    @edo

    Guter Beitrag. So sollte es sein! Aber es ist leider, leider ganz schön anstrengend, mit stets wachen Augen und offenen Ohren und allen anderen Sinnen sich allem Neuen wissbegierig und vorurteilsfrei zu stellen.
     
  10. bhimpel

    bhimpel Ist fast schon zuhause hier

    Ich möchte auch noch meinen Senf dazugeben.

    Ist vielleicht ein Quäntchen Wahrheit dabei: Der Spaß bzw. die Freude, die Zuhörende und Musiker bei Musik empfinden ist ein bisschen antiproportional. Einerseits spielen Unterhaltungsmusiker die beliebte Unterhaltungsmusik häufig nicht, weil sie die Unterhaltungsmusik so spitze finden. Andererseits gehen Freejazzer in Free Jazz so richtig auf und die Zuhörer können im Allgemeinen nicht so viel damit anfangen. (Natürlich gibt's immer Ausnahmen.)

    Free Jazz ist zunächst erst einmal nicht etwas, das man zur Freude der anderen spielt. Es ist extrem schwierig, da etwas zu bringen, was bei den meisten gut ankommt, selbst wenn diese der frei improvisierten Musik gegenüber aufgeschlossen sind. Und die Qualtität der freien Improvisation kommt extrem auf den Zufall und die Tagesform an. Ich spreche da aus eigener Erfahrung. Ich habe in einem Holzbläser-Sextett (Saxophone und Doubles) so etwas eingesetzt.

    Und Free Jazz ist ja nicht gleich Free Jazz. Ich war früher mal in einem Free Jazz Konzert in Berlin. Hinterher hatte ich Ohrenschmerzen, es war einfach nur extrem lauter Krach. So etwas würde ich auch heute noch nicht verstehen. Ich versuche bei der freien Improvisation Dinge zu kreieren, die rhythmisch und harmonisch nachvollziehbar sind und auch Melodien aufweisen, so dass hinterher Leute kaum glauben konnten, dass es wirklich weder ein richtiges Stück noch vorher abgesprochen war. Aber es gab natürlich auch abschreckende Beispiele, wo das nicht funktionierte.

    Aber gerade für die Musiker, die frei improvisieren, kann es extrem viel Freude bringen. Es erfordert Mut, schult das Gehör, die Musikalität. Und bei genügend Übung kommen auch hin und wieder schöne Sachen bei raus.

    Naja, my 2 cents...
     
  11. Dieter_B

    Dieter_B Ist fast schon zuhause hier

    Hallo zusammen
    Habe mir gestern dieses Video angesehen (und angehört).
    Hey, dass kann ich auch.
    Das ist noch nicht mal schwer, man braucht doch nur einen Ton zu fabrizieren und die Finger irgent wie gehen zu lassen. Und wenn dann noch ein paar Leute dazu kommen die es ebenso machen, kann das nur genau wie auf dem Video klingen.
    Und dazu braucht man noch nicht mal lange unterricht!

    Es mag jetzt etwas provokant formuliert sein, aber um es noch mal mit Beuys zu vergleichen:
    Für mein - wohl subjektives- empfinden hatte auch diese ButterEcke nichts, aber auch überhaupt nichts mit Kunst zu tun. Was Beuys aber zum echten Künstler gemacht hat, war seine Fähigkeit diesen Schmier als Kunst teuer verkauft zu haben. Und so sehe ich das auch mit diesem -sorry- "Gräuschevideo"!

    Einen wohlklingenden Gruß
    Dieter
     
  12. yts62

    yts62 Ist fast schon zuhause hier


    ... also das geht jetzt in eine Richtung, die ich so gar nich nachvollziehen kann.

    1. denke ich, dass Sarkasmus "weltmännisch-liberal und nur scheinbar völlig unaufgeregt" hier völlig fehl am Platz ist (es sei denn, ich habe da etwas falsch verstanden), und

    2. kann ich beim besten Willen nirgends den Vorwurd der Scharlatanerie hinein interpretieren.

    Ganz ehrlich verstehe ich gar nicht, was du damit zum Ausdruck bringen willst. Vielleicht kannst du uns ja ein wening aufklären.
     
  13. yts62

    yts62 Ist fast schon zuhause hier


    ... oioioi - ich glaube, jetzt wird´s wirklich sehr kontrovers.

    Ich bin nun bei weitem kein Kenner von freier Impro (die Jungs mögen ja den Begriff "free Jazz" nicht so gerne) und schon gar kein Freund davon. Aber ich glaube eines mit Sicherheit sagen zu können, dass jeder von den Spielern sein Instrument recht gut im Griff hat. Das kann man schon alleine am Sound der einzelnen Instrumente heraushören.

    Ich glaube Dieter_B, dass deine Äußerung, so wie du sie formulierst, wohl bei vielen Leuten auf Unverständnis stößt, und dass wiederrum ist sehr gut nachvollziehbar.

    Hör mal genau hin, dann wirst du das Format der einzelnen Spieler erkennen.
     
  14. wollex

    wollex Schaut öfter mal vorbei

    Toller Beitrag ,wünsche mir mehr davon .so ist Abwechslung im alltöglichen Forumsleben .....

    LWG ALex
     
  15. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    @ Dieter

    Das ist ein Trugschluß! Um so spielen zu können mußt Du Dein Instrument beherrschen und was von Musik verstehen.

    Schau mal hier:

    http://www.youtube.com/watch?v=VqJV3dTCFRU&feature=related

    Jede Wette, dass Du das nicht annähernd nachspielen kannst.
    (Wohlgemekt, mögen tue ich das auch nicht, dennoch sehe ich darin eine Form der Kunst, des künstlerischen Ausdeucks)

    Für sich betrachtet könnte man den Eindruck gewinnen. Aber wenn man das im Gesamtkontext dessen was Beuys gemacht hat betrachtet, kommt man schnell zu einem anderen Urteil. Der Einsatz von Fett und Filz bei Beuys war ja eine Botschaft.

    Auch da könnte man sagen: "Kann ich auch...", können wir eben nicht, sonst hätten wir´s ja gemacht.

    Noch ein Beispiel:

    Mondrian (der Maler mit Bildern mit den bunten Quadraten).
    Das sagt auch jeder: "Kann ich auch".

    Eine Hochschule hat das mal untersucht, hat Mondrianbilder von malerisch begabten Laien nachmalen lassen.
    Danach wurden diese Bilder und die original Mondrians ganz normalen Menschen vorgelegt. Zu >90% wurden die Origiale sofeort erkennt.

    Mein Fazit:

    Abstrakte Malerei, abstrakte Musik, abstrakte Literartur
    (z.B. James Joyce "Finnegans Wake") ist selbstverständlich Kunst. Voraussetzung dafür ist, dass der Künstler sein Werkzeug beherrscht, Kunst versteht, in der Lage ist konkretes zu abstrahieren...

    Und das macht man mal nicht so eben nebenbei.

    LG

    Dreas
     
  16. edosaxt

    edosaxt Strebt nach Höherem

    @ Dieter
    Sorry, aber das ist Stammtischniveau und das steht dir nicht.

    lg
    edo
     
  17. Dieter_B

    Dieter_B Ist fast schon zuhause hier

    @yts62
    Format?
    Die Sounds der Instrument mögen gut klingen - ok!
    Ob die Aktivisten gute Musiker sind, kann ich in diesem Video nicht wirklich für mich erkennen (müßte ich vielleicht mal etwas anderes von ihnen hören)!
    Und ich bleibe dabei - für mich sind das alles wilde unkoordinierte Klänge -nein- laute Geräusche wie sie auch Kinder auf einem Klavier produzieren, wenn sie wild darauf einhämmern!
    Es mag sein, dass mir da das nötige Wissen und verständnis fehlt, aber das ist meine ureigene Meinung zu dieser Art von -wie ICH meine- Lärmerzeugung!

    Sicherlich gibt es viele Mensche, die einen Zugang zu dieser Art von Musik haben und dabei sogar entspannen können. Mir fehlt dieser Zugang - solche Klänge erzeugen bei mir eher eine agressive Stimmung (wie man erkennen kann) und vermissen würde ich sowas nie!!

    So jetzt habe ich meinen Dampf abgelassen :)

    Gruß
    Dieter
     
  18. saxstall

    saxstall Schaut öfter mal vorbei

    Hallo Werner

    seit den 70/80ern war Freejazz in der DDR der eigentliche Jazz (mal abgesehen vom Dixieland)und ich habe oft und gerne die Gelegenheit genutzt "solche" Konzerte zu hören.
    War natürlich auch, um das sonst eher seltene Gefühl Freiheit zu erleben....

    ist aber immer was anderes dabeizusein, weil außer Musik und Bild auch noch eine Reihe anderer Umstände zur Wirkung von Musik beitragen (kennt sicher jeder, wenn er später mal einen Mitschnitt anhört/ansieht wo er dabei war, egal was für Musik)

    Meine subjektiven Hinweise zu eurem Stück:

    bei einem so kurzen Stück ist es natürlich schwierig, etwas zu entwickeln, bei längeren gelingt das eher besser

    ihr solltet nicht fast immer alle gleichzeitig und dauernd spielen, Pausen sind oft wichtiger als Töne, Abläufe und Entwicklungen lassen sich vom Hörer dann besser mitvollziehen

    um das, was man will besser zum Hörer zu übertragen muss man alles maßlos übertreiben: Dynamik, Tempi usw.
    (Wenn es einem selbst schon fast peinlich ist, dann kommt gerade die richtige Dosis beim Zuhörer an, sagt unser Bigbandchef immer)

    ruhig mehr Mut zu "instrumentenuntypischen" Klängen und außermusikalischen Aktionen, ihr kommt da noch eher "akademisch verklemmt" rüber

    gut kommen auch immer stilistische oder ganz konkrete Zitate an. Ich möchte als Zuhörer auch Spaß haben.


    Selber traue ich mir "solche" Musik übrigens nicht zu (jedenfalls nicht öffentlich) weil ich denke ich bin zu schlecht dafür.

    Gruß aus Saxen
     
  19. bernd_rossini

    bernd_rossini Ist fast schon zuhause hier

    Also ich verfolge die Diskussion jetzt schon eine zeitlang.

    Zu Pue's Beitrag:
    Ich verstehe ihn so, das ihm der Umgangston stört. Mir ist das übrigens auch aufgefallen. Bei frei improvisierter Musik fehlen oft gänzlich hormonische Melodien wie wir sie ja gewohnt sind. Da lassen sich wohl schnell einige hinreissen zu Aussagen wie gräßlich und sonstigen derben Beurteilungen.

    Warum kann man nicht auch da etwas Achtsamkeit in der Wortwahl
    walten lassen? Bei einem schlecht Interpretierten Standart gelingt das doch auch meistens und die Kritik bleibt dabei meist sehr sachlich.

    Finde die Ausführungen von Pue alles andere als arrogant.
    Umso mehr erstaunt es mich wie viele sich von ihm angegriffen fühlen? Muss ich mich für alles rechtfertigen wenn jemand eine andere Meinung hat. Pue hats anscheinend nicht nötig.

    Was mich noch stört sind Aussagen wie: Ihr solltet, man müsste, du musst usw.

    Gar miemand MUSS irgendwas, schon gleich gar nicht auf zuruf.

    Wer Kritik äussert vertritt nur seine Meinung. Also finde ich die Formulierung " ich würde mir das so und so wünschen" oder so ähnlich passender. Nicht man usw., jeder spricht ausschließlich für sich.
    An der Formulierung hängt sehr viel dran. Davon hängts ab, ob eine Diskussion konstruktiv ist oder nicht.

    Abschließende Frage: Ist es eigentlich menschlich, alles was man nicht versteht runterzudeklarieren?

    Gruß
    Bernd
     
  20. ppue

    ppue Mod Experte

    Zur abstrakten Kunst und 'das kann ich auch':

    Ich freue mich immer, wenn ich in ein Museum gehe und denke: 'das kann ich auch'. Das inspiriert mich mehr als ein Rubens, den ich nie malen könnte. Im zweiten Moment denke ich: 'ich bin nur nicht auf die Idee gekommen'.

    Marcel Duchamp hat Anfang des letzten Jahrhunderts einen Hutständer genommen und ihn als Objekt ausgestellt. Dieses 'gefundene Objekte' hat er nicht hergestellt und die Frage: 'das kann ich auch' bekommt hier plötzlich eine andere Färbung.

    Natürlich kann ich auch einen Hutständer zum Kunstobjekt ernennen. Hier hätte der reine Gedanke daran gereicht. Keinerlei Handwerk ist dabei von Nöten. Einzig, dass ich nicht der erste war, vermasselte mir die Einzigartigkeit meiner Kunst.

    Der Gedanke Duchamps selbst ist natürlich die Kunst, ähnlich wie in John Cages 4'33", welches daraus besteht, dass der Klavierspieler (hier ein Orchester) 4'33" nicht spielt.

    Diese Werke setzen bei mir viel in Gang. Muss Kunst schwer herzustellen sein oder 'ist jeder ein Künstler'? Kann eine Idee alleine schon ein Kunstwerk sein. Die Werke stellen den Wert von Kunstwerken in Frage. Ist ein Nichts etwas wert, nur weil es von einem Künstler geschaffen wurde?

    Free Jazz oder freie Musik ist wie auch die oben vorgestellten Kunstwerke nicht ohne den gesellschaftlichen Zusammenhang zu sehen. Der Ausbruch aus den Normen, der Drang zum Abstrakten sind Attribute des letzten Jahrhunderts und für mich Ausdruck einer Gesellschaft, die sich wirklich demokratisch entwickeln möchte.

    Die Gruppenimprovisation ist, wie hier beschrieben, gar nicht unbedingt an Publikum gebunden. Warum sollten Publikum und Zuhörerschaft nicht eins werden. Ähnlich wie bei Cages Stück, in der tatsächlich das Publikum den meisten Lärm macht und sich selber plötzlich hören lernt.

    Ähnlich wie die Entwicklung, die uns Facebook und Consorten plötzlich ermöglichen. Jeder ist ein Künstler und die großen Stars werden weniger. Der 'Star' ist ja erst hundert Jahre alt und wurde von der Musikindustire mit der Schallplatte und dem Rundfunk erfunden.

    Mit MySpace wird er sterben und die Kunst sich demokratisieren.

    Vielleicht ist die Frage, ob scheußlich oder schön, gar nicht so wichtig?
     
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