Musikalität und Depression ?

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von saxfax, 8.Februar.2023.

  1. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Ich glaube schon. Aber es ist eben auch das heiße Thema in meiner Altersgruppe. Manche sind gerade Eltern geworden, andere wollen, haben aber keine Partner. Andere können nicht oder es klappt nicht.
    Da lass ich die Fragen
    Wir haben die Möglichkeit zum Indiviualismus. Schaffst du es nicht, liegt es an dir.
    Das erzeugt den Druck.
    Menschen, die Krieg und Tod erlebt haben, hatten gar keine Zeit über sowas nachzudenken.

    Eine Kollegin war ein Jahr in Nicaragua. Sie wäre gerne dort geblieben - die Menschen seien freundlicher und zufriedener gewesen.
     
    altoSaxo, Rick, Livia und 2 anderen gefällt das.
  2. SaxPistol

    SaxPistol Strebt nach Höherem

    Das ist meines Erachtens nur eine Seite der Medaille.
    Die Menschen sind ganz einfach auch offener geworden, was seelische Leiden betrifft und holen sich eher Hilfe.
    Früher hat man "sowas" solange wie möglich versucht zu verbergen, weil es eben gesellschaftlich auch nicht akzeptiert war, man galt als "bekloppt", wie es so schön in Loriots Ödipussi heißt.
    Die Betroffenen sind erst zum Arzt gegangen, wenn es gar nicht mehr anders ging, mit überschaubarem Therapieerfolg (wegschließen, ruhigstellen).
    Es ist halt wie jede andere verschleppte Krankheit. Aus einer Grippe wird eine Herzmuskelentzündung etc.
    Wollen wir lieber froh sein, dass sich Betroffene heute eher Hilfe holen.
     
    altoSaxo, Rick, Livia und 5 anderen gefällt das.
  3. altblase

    altblase Strebt nach Höherem

    Nö, gerade in einer individualistisch geprägten Gesellschaft, kann ich mich am ehesten so entfalten, wie ich es möchte. Und genau das nimmt eher den Druck raus, bei mir zumindest. In kollektivistisch geprägten Gesellschaftssystemen/Communities sieht das anders aus.:cool:
     
    Zuletzt bearbeitet: 9.November.2023
  4. SaxPistol

    SaxPistol Strebt nach Höherem

    Ich glaube, @Jacqueline meint das so, dass selbst das Streben nach besonderer Individualität, Originalität schon einen beträchtlichen Druck auslöst.
    Kennt man im Kleinen: der besonders originelle Vorname für den Nachwuchs, das Urlaubsziel, wo noch keiner war, Klamotten, die kein anderer trägt ...

    Mainstream zu sein, gilt ja schon in so manchen Kreisen als verpönt.
     
    slowjoe, Rick, ppue und 2 anderen gefällt das.
  5. visir

    visir Gehört zum Inventar

    "Druck" ist immer relativ. Differenz zwischen Ist und Soll, wie immer beide definiert sind.
    In einer Diktatur hast du keinen Druck, wenn du dich dem System fügst, wenn du mitmachst. Dann ist alles ganz einfach. Krieg ist natürlich eine andere Nummer.
    Im "Wirtschaftswunder" war alles ganz einfach. Seitdem steigt der Druck - in dem Fall in der Wirtschaft - langsam, aber kontinuierlich, alleine schon aus dem Dogma des ständigen Wirtschaftswachstum. 2008 war ein erster Paukenschlag, der den Druck spürbar erhöht hat. Nach meiner Wahrnehmung ist die "Grundspannung" danach auf einem erhöhten Niveau weitergegangen. Der Markt ist umso heißer umkämpft, es wird auf Dauer mit niedrigen Preisen gekämpft, man hat dadurch geringere Margen, also muss man den Umsatz steigern, aber wie... die Pandemie hat wieder eins draufgelegt: Verknappung von Ware aus Fernost, Teile, die man nur noch zu Wucherpreisen bekam, was wieder den Kostendruck in den Firmen erhöhte - es schaukelt sich gerade so richtig auf.

    Auf gesellschaftlicher Seite spüre ich wenig Druck, aber dafür bin ich vielleicht zu alt. ;)
    Wobei z.B. die Klimakrise schon so ein Grundniveau an Spannung darstellt, und die Pandemie war natürlich auch nicht angenehm.
     
    altoSaxo und Rick gefällt das.
  6. altblase

    altblase Strebt nach Höherem

    Nö! Gerade in einer individualistisch geprägten Gesellschaft habe ich die Freiheit zu entscheiden, ob ich besonders individualistisch leben und originell sein möchte oder nicht. Die individualistische Gesellschaft schreibt einem da nichts vor.

    Wer sein Leben allerdings stringent danach ausrichtet, was andere denken oder erwarten, macht sich allerdings selbst Druck, unterwirft sich einer kollektivistischen Denke und handelt nicht mehr individualistisch.:cool:
     
  7. scenarnick

    scenarnick Admin

    Das würde ich anders formulieren. In einer Diktatur hast Du den Druck, konform zum System zu sein. Je nach Deinen Anlagen und Deiner Einstellung musst Du Dich schon verbiegen -> Druck
     
  8. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    *"da lass ich die Fragen mal über mich ergehen" sollte da stehen.
     
    Rick gefällt das.
  9. altblase

    altblase Strebt nach Höherem

    Für mich wäre das zu übergriffig und von der Thematik her zu wenig bereichernd und fruchtbringend.:cool:
     
  10. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Sehr viel!

    Wenn man - die einschlägigen Mediziner mögen mir Ungenauigkeiten und Terminologie verzeihen - eine seelische Erkrankung als Ungleichgewicht auffassen will, in der sich äußere Einflüsse (alle, die wir seit Geburt erfahren) materialisieren, wenn sie in bestimmter, ungünstiger Konstellation auf unsere Genetik treffen,
    dann hat das nicht zu erfüllende Versprechen, das universell freie Individuum sei das einzige, was glücklich macht, großes Potenzial für tiefgreifende Enttäuschung und damit Ungleichgewicht.
     
    Rick, giuseppe und Jacqueline gefällt das.
  11. visir

    visir Gehört zum Inventar

    Das ist das logische "wenn nicht" zu meiner Aussage. Was ich sagen wollte: "Diktatur" ist nicht per se Druck. Auch Putin finden viele Russen super. Und "Diktatur" muss noch nicht einmal Druck sein, wenn man den Diktator nicht super findet - wenn man "unter dem Radar" bleiben kann. Im Film "Der Bockerer" ist die Titelfigur einer, der weitgehend unter dem Radar bleibt.
    Erst, wenn der Diktator von dir persönlich was verlangt, wo du nicht mitmachen willst, entsteht "Druck".
    Das soll keiner Diktatur das Wort reden, sondern nur den Kurzschluss "Diktatur -> Druck" relativieren.
     
    slowjoe und Rick gefällt das.
  12. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Stimme Dir zu!
     
    altblase gefällt das.
  13. ppue

    ppue Mod Experte

    Die vielen Drogensüchtigen bei den alten Jazzern sind recht einfach erklärt. Die meisten von ihnen waren schwarz oder Kreolen, gehörten einer stark unterdrückten Minderheit in den USA an. Schon von daher sind sie der normalen Gesellschaft entrückt.

    Noch weiter geht die Entfremdung vom täglichen sozialen Leben, weil die Musiker nachts gearbeitet haben, was sie üerwiegend auch heute noch tun. Dass das nicht immer einfach ist und schon gar nicht, wenn man auf Tour ist, kenne ich von meinen verschiedenen Beziehungen gut.

    Der gemeine Musiker aus einer Swingband der 30er Jahre fing vielleicht um 20 Uhr an zu spielen und war um Mitternacht fertig. So denke ich mir das gerade aus. Danach ging es in die Jazzkneipe, wo munter weitergejammt wurde. Auch aus eigener Erfahrung heraus weiß ich, dass da keiner der Kollegen zum Apfelsaft gegriffen hat und da man die Müdigkeit wegschnupfen konnte, war der Weg z.B. zum Heroin nicht weit.

    Im Morgengrauen ging man ins Bett und schlief bis Zwei, besorgte sich einen Kaffee und etwas zu essen und am Nachmittag gab es vielleicht schon wieder die nächsten Proben. Das normale soziale Leben bekommst du da nicht mit, sondern lebst in einer extremen Blase. An Kinder ist da kaum zu denken und auch langfristige Beziehungen sind kaum machbar. Es fehlte jegliche Spiegelung und das Leben unter Drogen war quasi Standard.

    Auch wenn es heute nicht mehr so extrem ist, ist die Nachtschicht als Musiker auch hierzulande oft nicht so einfach mit dem täglichen Leben zu vereinbaren.

    Ob das nun zu mehr oder weniger Depressionen führt, kann ich gar nicht sagen. Für mich gibt es dutzende von Depressionsarten mit ganz unterschiedlichen Auslösern, die ich überhaupt schwer auseinanderhalten könnte.
     
  14. Lagoona

    Lagoona Ist fast schon zuhause hier

    Bei den Jugendlichen auf jeden Fall.
    Die ständige Erreichbarkeit ist ein Problem.
    Meine Auszubildenden bekommen in einer Stunde Mittagspause 60 Nachrichten über Massenger und fühlen sich genötigt sofort auf Jede zu antworten.
    Antworten sie nicht, kommt nach 2 Minuten die Nachricht: Was ist los mit Dir?
    Bei uns früher zu Hause hat das Telefon 2 mal am Nachmittag geklingelt.
    Dann gab es noch Sport oder Musik.
    Es ist einfach ein neuer Stress, den es so damals nicht gegen hat.

    Stell dir vor, es klingelt der Postbote 900 Mal an einem Wochenende, das ist das was die Jugendlichen abkriegen.
    Auch für Erwachsene ist die ständige Erreichbarkeit ein Problem, hier noch mal schnell eine E-Mail beantworten und so weiter...
    Das gab es früher so nicht.
    @ppue
    sehe ich auch so wie Du, es gibt ganz viele Faktoren, die psychische Probleme begünstigen oder hervorrufen
    und jeder Mensch reagiert unterschiedlich darauf.
     
    Roman_Albert, giuseppe und Gerrie gefällt das.
  15. Lagoona

    Lagoona Ist fast schon zuhause hier

  16. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Das kannst du in der Demokratie auch so formulieren. Da hast du dich den Entscheidungen der Mehrheit (im Idealfall) zu beugen, auch wenn es deinen Überzeugungen nicht entspricht.
     
    Rick und scenarnick gefällt das.
  17. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Wenn junge Menschen schon auf ticktock heulen, dass sie nach abgeschlossener ausbildung 8 Stunden am Tag arbeiten müssen, nur 30 Tage Urlaub bekommen, mit 36k€ abgespeist werden und nun so gar keine Zeit mehr für Freunde und Freizeit haben.... Oh mann
     
  18. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Da gebe ich Dir absolut Recht!

    Als ich Anfing zu arbeiten kamen grade die Faxgeräte der 3. Generation auf den Markt. Die konnten eine A4 Seite in 10 Sekunden übertragen. Sensationell.

    Vorher war Post. Brief verschicken, nach sechs Tagen gab es eine Antwort.

    Mit dem Fax ging es los und das ganze hat sich ständig beschleunigt.

    Und die, die heute damit aufwachsen haben nicht gelernt, dass es auch einen „Ausknopf“ gibt.

    Und der Spruch „wer glaubt ständig erreichbar sein zu müssen gehört zu Personal“ sagt ihnen nix.

    CzG

    Dreas
     
  19. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Wie ernst ist das tatsächlich gemeint. Bringt natürlich 'ne Menge Likes.

    Das Gefühl kann ich schon verstehen.

    Als ich Anfing zu arbeiten war ich die ersten Wochen jeden Abend platt wie 'ne Flunder.

    Natürlich musste ich mich erst an den neuen Tagesrhythmus gewöhnen. Alleine die tägliche neue Informationsflut musste man lernen zu verarbeiten.

    Ich wäre natürlich nie auf die Idee gekommen mich zu beschweren. War einfach nur spannend….

    Insofern, sollte das echt sein ist es schon befremdlich.

    Allerdings sollte man auch nicht den Fehler machen und solche Einzelposts als repräsentativ zu nehmen.

    CzG

    Dreas
     
  20. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Stimme zu!!
    Das nervt mich auch extrem.
    Ich habe die "empfänger hat die nachrichten gelesen" bei whatsapp deaktiviert --> darüber gibt es Beschwerden.

    Oder wenn eine Freundin es nicht direkt schafft zu antworten wird sich entschuldigt. Das geht mir extrem auf den Keks.

    Und noch einen Zacken schärfer ist es, wenn die Leute ihre Nachrichten auf der SmartWatch lesen.

    :mad::mad:


    Sorry :D
     
  1. Diese Seite verwendet Cookies, um Inhalte zu personalisieren, diese deiner Erfahrung anzupassen und dich nach der Registrierung angemeldet zu halten.
    Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden