Rhythmus und Tempo beim Üben

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Gelöschtes Mitglied 13399, 28.August.2023.

  1. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Hallo, alle

    Bei mir sieht es derzeit so im Überaum, dass ich kleine Bausteine größerer Melodien oder Tonräume als Viertel bei Tempo 50-80 bpm auf Schleife oder auf und ab übe. Ich frage mich nun aber, ob es nicht klüger wäre, beispielsweise Achtel zu spielen, um das Antizipieren des nächsten Schlags zu üben? Dabei verlöre ich aber womöglich an Präzision, da ich dann schneller spielte.

    Und wo wir schon dabei sind - wie übt man Swing, wo Swing ja eigentlich nicht notierbar ist. Ich würde schon sagen, dass ich swinge - wobei da immer viel Luft nach oben ist - nehme es aber so war, dass Swing auch viel mit Phrasierung und entsprechendem "melodischen Timing" zu tun hat und weniger mit einer Grundart, Achtel zu spielen.

    Also, übt ihr Swing gezielt? Und wenn ja - wie? Als Triolen, als punktierte Achtel oder ganz anders?

    Grüße
    Paul
     
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  2. philipp_b

    philipp_b Ist fast schon zuhause hier

    Ich lasse tatsächlich manchmal das Metronom auf triolische Offbeats klicken und spiele dazu.
    Wenn es weniger technisch und etwas menschlicher sein soll, dann ist es wohl am hilfreichsten mit Saxophonisten / Saxophonsätzen mitzuspielen, deren Swing dir gefällt. Das können Bob Mintzer Etüden sein oder alte Aufnahmen der Basie Bigband. Es gibt auch ältere Aebersold Playalongs, bei denen so Leute wie Paul Chambers und Billy Higgins in der Rhythmusgruppe mitspielen.
    Da Hände und Stimme bei uns ja schonbenutzt werden, können wir kaum zwei rhythmische Ebenen darstellen. Deshalb finde ich es wichtig beim Saxophon finde ich es, sich aufzunehmen und aus der Beobachterperspektive anzuhören.
     
  3. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    Mitspielen oder-singen einfacher Melodien oder Soli
     
  4. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Weil ich (bisher) eigentlich nur im stilistischen Raum bis Be- und Hardbop unterwegs bin, übe ich ALLES als geswingte 8el zu einem Drumgroove von BIAB in passenden Tempi. Die geswingten 8el sind mal eher triolisch, mal fast even, nach Laune und Geschmack, aber swingen soll es immer, bei jeder Tonleiter, jedem Pattern, jeder Übung.
     
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  5. peterwespi

    peterwespi Ist fast schon zuhause hier

  6. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Ich versuche mal meine persönliche Antwort unter Reflexion alter Diskussionen hier.

    Klassischer Swing ist ja in aller Regel ziemlich ternär, auch bei höheren Tempi. Da ist die Kunst m.E. die richtige Phrasierung, Tonlänge und das erforderliche Maß an Verzögerung. Aber auch hier gibt es ganz unterschiedliche Rezepte, die mit Stilistik zu tun haben, z.B. Johnny Dodds spielt ternär und swingt sehr im Stile der Trad/NO/Chicago-Stilistik, Lester Young spielt ähnlich ternär, phrasiert aber völlig anders und swingt wahnsinnig, aber auf eine andere Art. Heute würden wir sagen er swingt “klassisch”, historisch gesehen ist es eine von zahlreichen Varianten auf dem Zeitstrahl.

    Hier kommt dann immer wieder der Einwand, dass vieles, was swingt, gar nicht ternär ist. Vor allem bei hohem Tempo wird es weniger ternär.
    Ich denke, genau da muss man noch mal unterscheiden. Im klassischen Swing wurde auch bei hohem Tempo möglichst ternär geswingt. Im Bebop wurden die schnellen Achtel zunehmend weniger ternär und danach oft auch die langsamen Achtel, vor allem bei manchen Interpreten, z.B. Dexter oder phasenweise Rollins. Die Übergänge sind zeitlich gesehen fließend, aber irgendwann haben wir es mit einer ganz anderen Art zu swingen zu tun.

    Wenn man swingen üben will muss man meines Erachtens eigentlich dazusagen, wie wer.

    Bei mir ist es so, dass ich viele Arten Swing in verschiedenen Tempi für mein Empfinden sauber singen kann, aber nicht spielen. Und ich glaub der Grund für holprige oder hölzerne Performabce sind meistens technische Unzulänglichkeiten, die in den Fingern beginnen.

    Daher versuche ich, Phrasen in ansteigendem Tempo sowohl binär als auch ternär komplett legato zu üben, bis sie wirklich glatt gehen - um mir zumindest von den Fingern die Freiheit der gewünschten Notenlänge zu ermöglichen. Der Mund muss dann im zweiten Schritt drüber.
     
  7. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Ich muss gestehen, ich mag die ternäre Spielweise überhaupt nicht. Wenn es nicht richtig gut gemacht ist, per Phrasierung, aber auch besonderen rhythmischen Brechungen und entsprechendem Feingefühl, geht mir das entstehende hüüdeldüüdlehüüdeldüüdel ziemlich schnell auf den Keks.

    Zudem fühle ich mich in der Latinwelt ja sehr viel wohler, und da ist eher gerades Spiel angesagt.

    Swingen kann man aber so oder so.

    Mein Ansatz in der Richtung war, die Offbeat Phrasierung gnadenlos mit Metronom von langsam bis schnell zu üben.

    Letztendlich braucht es aber lange Jahre, und vor allem im Umfeld guter Musiker, das richtige Timing für die jeweilige Musik zu entwickeln. Musste gerade einsehen, oder besser gesagt, hatte gerade das Glück, in der Hinsicht mal wieder auf den Boden der Tatsachen zurück geholt zu werden, und nochmal gründlich zu lernen.

    Gruß,
    Otfried
     
  8. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Das meiste übe ich im Prinzip als gerade Achtel, legato. Wenn ich dann die Artikulation dazunehme, swingt es eigentlich automatisch.
    Ansonsten würde ich mal acht Takte Mobley, Parker oder Stitt auf Transcribe vom Tempo her runterschrauben, genau die Artikulation transkribieren und im Kreis mitspielen.
    Also wenn Du Melodiebögen hast, dann übe die doch mal mit dem Metronom auf 1 und 3 und schau was passiert (das werde ich jetzt gleich mal tun, auf Hal Galper‘s Empfehlung hin, habe das sonst immer nur bei schnellen Tempi gemacht).
    LG Juju
     
  9. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Gute Idee! An der Artikulation muss ich sowieso viel arbeiten, da ich bisher ganz überwiegend legato geübt habe. Immer mal wieder spiele ich Parker Sachen mit seiner Artikulation, brauche aber eine Ewigkeit, bis ich das Muster dahinter checke, er macht ja mehr als nur off-beat-tongueing.
     
  10. blattlaus

    blattlaus Schaut öfter mal vorbei

    Metronom auf zB 1, 2, 3 oder 4 stellen
     
  11. The Z

    The Z Ist fast schon zuhause hier

    Guter Tip von Juju!

    Ich handhabe das eigentlich recht ähnlich.

    Wenns um kleine Bausteine geht, kannst du sie auch auf verschiedenen rhythmischen Ebenen üben. Also zuerst als Viertel, dann als (gerades!) Achtelpattern beginnend am am Schlag und auf der Und, dann Achteltriolen auch wieder von jeder Position beginnend, dann Sechzehntel...
     
  12. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Ja, meine Denke war immer, je langsamer und häufiger, desto besser, dachte, der Rhythmus käme nach dem Ohr, was er auf der Makroebene ja auch tut, aber die Artikulation und die Feinheiten des Rhythmus wollen eben auch geübt sein.
     
  13. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Wenn schon Swing, dann würde ich eher auf 2 und 4 üben.

    Gruß,
    Otfried
     
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  14. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Eben nicht, das ist ja genau der Punkt, den Hal Galper bespricht.
    LG Juju
     
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  15. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Deswegen swingt es ja wie sonst was. Die Betonung/ Tongueing hängt sowas von der Phrase ab, die Leute, die off-beat-tongueing so lernen, dass sie es dann gnadenlos durchziehen, haben glaube ich nie wirklich zugehört, was die großen Meisterspieler eigentlich machen. Die Artikulation macht den Swing.
    LG Juju
     
  16. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Kannst du das etwas erklären? Ich bin mir sicher du meinst nicht das stilsichere 1 und 3 Geklatsche beim Musikantenstadel (und allen anderen Gelegenheiten).
     
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  17. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Ich glaube, sie meint, dass man es manchmal so anstellt, dass man bei einen Stück mit, sagen wir 240 Sachen, das Metronom auf 120 stellt und dann auf - und 3 oder 2 und 4 dessen Schläge fühlt. Hal Galper rät, wie ich es verstehe, dies auch bei langsamen Tempi zu tun.

    In einem Video mit Barry Harris habe ich mal gehört, man solle ein Bebop Stück auch als Ballade fühlen können, also etwa 60 bpm, und dann auf 1 und 3 die Schläge fühlen aber gemessen an den 60bpm nur Zweiunddreißigstel spielen.

    Super auf den Punkt gebracht! Ich spiele auch alles mögliche an Artikulation, wenn ich improvisiere, aber eben nach Gefühl. In nächster Zeit will ich mich mal wirklich reinfuchsen, wie X Y zu artikulieren.
     
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  18. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Doch, genau das, aber denke eher leichtfüßige Samba.
    Ich zitiere das mal hier von Hal Galper:
    „Defined as “Swing Beats”, quarter-note time and 2 & 4 of the bar are emotionally charged beats. You snap your fingers on 2 & 4 because those beats swing. They are often used by player‘s as a “crutch” for keeping place and imparting a false feeling of swing to their ideas. Those who count using these beats have yet to reach rhythmic maturity. Learning to play in half time is adult rhythmic behavior.“
    Worauf er hinaus will ist „thinking in half time“
    http://www.halgalper.com/articles/half-time/
    Weil die Lines relaxter und weniger heavy werden. Ich habe auch sonst immer bei langsameren Stücken auf 2 und 4 gedacht und dann bei höherem Tempo auf 1 und 3, aber habe es jetzt mal bewusst bei 160-180 bpm versucht, da ist was dran…
    LG Juju
     
  19. -j.

    -j. Kann einfach nicht wegbleiben

    Also, erstens: meines Wissens sind bisher alle Versuche, "swing" wissenschaftlich zu erklaeren, grandios gescheitert. Gunther Schuller setzte damals als erster Computermodelle ein, musste schlussendlich aber eingestehen, dass "swing" nicht definierbar ist. Vor 4, 5 Jahren machte ich als "Versuchskarnickel" an einer erneuten wissenschaftlichen Studie mit, die das gleiche Ziel hatte, swing empirisch zu erfassen (kann mich nicht mehr an die Uni erinnern -- Jena vielleicht, auf jeden Fall irgendwo in Dunkeldeutschland). Ich hoerte nie mehr einen Pieps von denen, fand auch nie was im Interwebz, also nehme ich an, dass die genauso grandios gescheitert sind.

    Zweitens, das vielleicht offensichtlichste -- bzw. offenhoerigste... -- das noch niemand erwaehnt hat betr. "swing," was mich wirklich echt ueberrascht: konzentriertes Musik-hoeren, mensch!!!! Und zwar nicht nur Saxophonisten: wenn ich persoenlich mir jetzt ein swing-Seminar verordnen wuerde, dann kaemen Wynton Kelly und The Chairman Of The Board, Frank Sinatra, nicht mehr aus meiner CD Rotation raus fuer mind. 1 Monat.

    Fazit: wenn swing nicht empirisch beschrieben werden kann, dann kann es auch nicht "gelernt" werden. Hoechstens und bestenfalls, wie gesagt, durch Osmosis.

    -j.
     
  20. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest

    Dürfte in Weimar gewesen sein das Projekt. Ich kenne es und, ja, es ist gescheitert. Daher ja aber auch der Thread: Wie übt man etwas, dass nicht in Zahlen zu fassen ist.
    Ich höre zum Glück sehr viel und gerne Musik, vor allem Swing, von daher ist der passive Teil des Lernens abgedeckt
     
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