Swing-Phrasierung in schnellerem Tempo

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Mugger, 1.November.2014.

  1. Mugger

    Mugger Guest

    Moin,

    gute Idee, das gleiche über verschiedene Grooves zu spielen.
    Es hat mich auf eine Übung gebracht:

    Ich hab eine Etüde über einen weniger bekannten Standard gespielt, und versucht, die ersten 16 Takte (Tempo 230) gerade zu spielen.
    Das fällt mir gar nicht leicht.
    Dann habe ich triolisch gespielt (fast zu viel), aber ist ja nur ein Test :)
    Es gibt doch eine relativ große "Spannweite", in der es funktioniert, zumindestens in dem Tempo.

    Georgette

    Liebe Grüße,
    Guenne
     
  2. saxhornet

    saxhornet Experte

    Mit Verlaub:
    Es war eine ernst gemeinte Frage, da schnell die Begriffe durcheinander gewirbelt werden und ich nicht wollte daß ich Dich falsch verstehe, bevor ich mich in einer Antwort auf was anderes beziehe als Du. Wenn mich das zu einem <edited bei rbur> macht, daß ich nachfrage, bevor es Missverständnisse gibt, dann sei das so. Zum korrekten Umgangston im Forum gehört so eine Ausdrucksweise gegenüber Forumskollegen allerdings nicht.

    Saxhornet
     
  3. rbur

    rbur Mod

    Leute, etwas Beherrschung bitte.
     
  4. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    Moin,

    natürlich ist es ein Unterschied, ob man bei 160 bpm 1/16 oder bei 320 bpm 1/8 spielt, denn die Rhythmusgruppe spielt ja völlig anders.

    Ich gehe mal von der typischen Beckenfigur des Schlagzeugers auf dem Ridebecken aus, die ja gerne so einen leichten Swingtouch hat. Spiele ich dazu 1/8 liegt es nahe, diese triolisch oder sowas ähnliches zuspielen, damit es zueinander passt.

    Spiele ich aber 1/16 dazu, so können diese viel freier gespielt werden, es passt eh nicht ;-) Soll natürlich nur heißen, hier bildet sich das genannte typische Spannungsmuster heraus.

    Generell gilt aber natürlich, was auch immer durchgehend gespielt, wird langweilig.

    Eine Variation, die ich gerade übe ist im Latin über den 2/2 Takt 6/8 zu spielen, aber in der Offbeatphrasierung, also nicht 123,456 sondern 123456. Das finde ich sehr spannend.

    Gruß,
    Otfried

     
  5. Viper

    Viper Ist fast schon zuhause hier

    ...was, wie, wo? -nervöse Liveaufnahme? -medium up tempo?
    Sieht eher aus nach "leichtem" Understatement!
    Bei dem geblasenem Highspeed-Chorus werde ich ganz blass vor Neid (und Bewunderung)... :applaus:

    V.G.
    klaus
     
  6. saxhornet

    saxhornet Experte

    Joe Lovano äusserte sich mal in einem Video, soweit ich mich erinnere,
    daß es für ihn vom Gefühl her beim Spielen von Achteln (oder waren es Sechzehntel) einen Unterschied macht ob er vom Fuss her dabei Halbe oder Viertel zählt. Auch wenn er allein und ohne Begleitung spielt.

     
  7. Rick

    Rick Experte

    Hallo Klaus,

    erst mal danke für das Lob, doch man misst sich ja immer an dem, was unter optimalen Umständen möglich wäre - an dem Tag war es trotz Sommer ziemlich kühl (Open Air im zugigen Burghof, der Burgherr ließ sogar Decken an die Zuhörer verteilen), ich erinnere mich noch gut an unsere kältesteifen Finger... :-(
    Leider habe ich keine bessere Aufnahme, die ich mal eben so verlinken könnte.

    --------------------------------------

    Moin Otfried,

    das ist ein wichtiger Aspekt, finde ich!

    Bezüglich des Feelings habe ich viel von Allen Blairman, dem Drummer aus meinem Video, gelernt, der in den 1960ern Zimmernachbar von Elvin Jones war und für diesen auch schon mal bei John Coltrane aushalf (den er aber nicht für seine Rhythmik schätzte, aus den Gründen, die auch Herman erwähnte: Er "swingte" einfach nicht bei schnellen Läufen).

    Wenn ich Allen beim Spielen beobachtete, fiel mir auf, dass er eigentlich IMMER von einem relativ ruhigen Grundbeat ausgeht, von dem aus die Up-Tempi nur Unterteilungen sind.
    Das hat mir ebenfalls der Blues-Drummer Tommy Harris beigebracht, mit dem ich oft in den späten 1990ern on tour war: Das Grundtempo liegt irgendwo zwischen, sagen wir, 70 und 150 bpm, alles Langsamere ist ein Vielfaches, das Schnellere eine Unterteilung davon. Beim langsamen Tempo "fühlt" er das doppelte, spielt aber nur die Hälfte der Schläge - diesen "Trick" habe er wiederum von Count Basies Orchestra gelernt, das so auch noch die langsamsten Nummern "swingen" konnte. ;-)

    Meiner Ansicht nach hängt sowieso alles Rhythmische von Bewegung ab (wie die Wortbedeutung schon sagt), man muss es tanzen oder laufen (mit dem Fuß tippen) oder dies zumindest in sich fühlen. :cool:

    Wenn man im hohen Tempo schnelle Beats fühlen will, gerät man zwangsläufig in Hektik, der ganze Körper wird unruhig.
    Mit einem zugrunde gelegten langsamen Beat hingegen hat man innere Ruhe und kann das schnelle Tempo verhältnismäßig gelassen angehen, was in meinem Video ein wenig deutlich wird, denke ich.

    Sowieso - rhythmische Abwechslung ist immer angeraten! :)


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  8. Mugger

    Mugger Guest

    Moin,

    Time-feel und Timing haben sehr viel mit der körperlichen Befindlichkeit z.B. mit der Verbundenheit mit dem Boden, dem effizienten Einsatz der Muskeln zu tun.
    Das ist auch das Thema, mit dem ich mich hauptsächlich beschäftige.
    Wie man artikuliert, weiß ich eh prinzipiell.

    Ich hab in der Zwischenzeit eine Arbeit von zwei Schweden zum Thema gefunden, eine Zusammenfassung findet man hier, das ganze Elaborat ist kostenpflichtig:

    Swing Ratios and Ensemble Timing in Jazz

    Ich hab heute mal eine Etüde über Maiden Voyage eingespielt, Tempo Viertel 126.
    Die Betonungen der Rhytmusgruppe machen das genaue Spielen der Sechzehntel recht "schwierig", aber natürlich auch interessant.

    Bon Voyage

    Das G statt Gis lassen wir mal bitte als Blue Note durchgehen :)

    Liebe Grüße,
    Guenne
     
  9. Mugger

    Mugger Guest

    Moin,

    Time-feel und Timing haben sehr viel mit der körperlichen Befindlichkeit z.B. mit der Verbundenheit mit dem Boden, dem effizienten Einsatz der Muskeln, dem "Entspannen nach oben und außen" zu tun.
    Das ist auch das Thema, mit dem ich mich hauptsächlich beschäftige.
    Wie man artikuliert, weiß ich eh prinzipiell.

    Ich hab in der Zwischenzeit eine Arbeit von zwei Schweden zum Thema gefunden, eine Zusammenfassung findet man hier, das ganze Elaborat ist kostenpflichtig:

    Swing Ratios and Ensemble Timing in Jazz

    Ich hab heute mal eine Etüde über Maiden Voyage eingespielt, Tempo Viertel 126.
    Die Betonungen der Rhytmusgruppe machen das genaue Spielen der Sechzehntel recht "schwierig", aber natürlich auch interessant.

    Bon Voyage

    Das G statt Gis lassen wir mal bitte als Blue Note durchgehen :)

    Liebe Grüße,
    Guenne
     
  10. Mugger

    Mugger Guest

    Moin,

    Time-feel und Timing haben sehr viel mit der körperlichen Befindlichkeit z.B. mit der Verbundenheit mit dem Boden, dem effizienten Einsatz der Muskeln, dem "Entspannen nach oben und außen" zu tun.
    Das ist auch das Thema, mit dem ich mich hauptsächlich beschäftige.
    Wie man artikuliert, weiß ich eh prinzipiell.

    Ich hab in der Zwischenzeit eine Arbeit von zwei Schweden zum Thema gefunden, eine Zusammenfassung findet man hier, das ganze Elaborat ist kostenpflichtig:

    Swing Ratios and Ensemble Timing in Jazz

    Ich hab heute mal eine Etüde über Maiden Voyage eingespielt, Tempo Viertel 126.
    Die Betonungen der Rhytmusgruppe machen das genaue Spielen der Sechzehntel recht "schwierig", aber natürlich auch interessant.

    Bon Voyage

    Das G statt Gis lassen wir mal bitte als Blue Note durchgehen :)

    Liebe Grüße,
    Guenne
     
  11. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    Wenn dieses lange pdf nur die Zusammenfassung ist, würde mich das wundern. -
    Ich habe mich jetzt mal durchgearbeitet, sehr interessant.

    Ein Punkt scheint zu fehlen, jedenfalls nach dem, was ich gelernt habe, damals bei Wolf Burbat, und wie hier schonmal geschrieben: Die Achtel auf den offbeats, die nicht von einer Note auf dem nächsten downbeat gefolgt werden, werden ziemlich genau auf das letzte Triolenachtel gesetzt. Und dies bliebe so weitgehend unabhängig vom Tempo.
    Also zB zwei Achtel auf die 1 und die einsund, mit einer leeren 2, dann wird die Achtel auf der 1und recht genau triolisch gespielt, auch wenn das Swing Verhältnis sich ansonsten mit dem Tempo ändert.
    In mittleren Tempi kann man das ganz gut fühlen, denke ich. Wie das bei sehr schnellen Tempi ist, ist eine gute Frage.




    [size=x-small]
    http://swing-jazz-berlin.de[/size]
     
  12. saxhornet

    saxhornet Experte

    Das trifft für mittlere Tempi auch zu. Aber es verändert sich mit höheren Tempi. Da wird der Bezug zu den Triolen weniger relevant, denn sonst wird es sehr zickig vom Swingfeel, immer weniger Bezug zu Triolen, je schneller das Tempo ist. So habe ich das zumindest bei jedem Lehrer, Dozenten, Prof. gelernt und auch in der Praxis erlebt. Der ternäre Bezug ist nicht absolut.

    LG Saxhornet


     
  13. Mugger

    Mugger Guest

    Moin,

    ich glaub, Ihr habt beide irgendwie recht...:)

     
  14. Mugger

    Mugger Guest

    Moin,

    ich glaub, Ihr habt beide irgendwie recht...:)
     
  15. Werner

    Werner Strebt nach Höherem

    Hallo Florian,

    es beschleicht mich das dumpfe Gefühl, das du über Swingphrasierung an sich schreibst. -

    Ich habe jetzt mal spasshalber das mit metronom durchgeklopft.
    So ab 240, 250 wird Fingertrommeln mit Achteln schwierig für mich.
    Ok gehe ich auf Viertel, und hänge eine Achtel ran, im Swingfeeling.
    Also ich bilde mir ein, die recht exakte Achteltriole noch zu hören/zu empfinden. Und es ergibt ein Swingempfinden.
    Müsste man mal aufnehmen, und optisch überprüfen, wie in der Studie.

    Das das irgendwann bei absolutem upspeed die Unterscheidbarkeit im Nirvana verschwindet, scheint logisch. Die interessante Frage ist, wann ist das.
    Jedenfalls, wenn das bei 250 noch da ist, dann ist das bis dahin zumindest keine allmähliche Angleichung an binäre Achtel. Sondern ev. irgendwann eben der Zusammenbruch der Unterscheidungsfähigkeit.





    [size=x-small]
    http://swing-jazz-berlin.de[/size]
     
  16. Gast

    Gast Guest

    So sehe ich das auch. Das gilt m.E. auch auf Seiten der Produzenten. Wer gewohnheitsmäßig in Tempi zwischen 120 und 240 Beats ternäre Achtel spielt, spielt auch in noch höheren Tempi - selbst über 300 - noch ternär, auch wenn es kaum noch oder nicht mehr messbar ist, und für manche das Attribut "ternär" nicht mehr verdient.

    Herman



     
  17. saxhornet

    saxhornet Experte

    Nein, ich rede vom Swingfeel, also wie lang bei zwei Achteln die erste und die zweite gespielt wird und wie sich das abhängig vom Tempo verändert.

    So unterschiedlich können da halt die Ansichten sein.

    Saxhornet





     
  18. mato

    mato Strebt nach Höherem

    Ich habe hier mal wahllos ein paar Sekunden aus einem Solo von Rudi Mahall (den ich über alles für seine Präzision und seinen Swing bewundere) geschnitten und verlangsamt.
    Hört selbst!
     
  19. Rick

    Rick Experte

    Okay, okay, allmählich habe ich das Gefühl, mal einen wesentlichen Aspekt einbringen zu müssen, der mir als bisher zu wenig beachtet erscheint:
    Musik ist Kunst.

    J.E.Behrendt wies in seinem "Jazzbuch" ausführlich darauf hin, dass gerade die Phrasierung ein wichtiges Erkennungsmerkmal sowohl von Stilen als auch einzelnen Musikern darstellt. Es gibt also im Jazz eigentlich nicht DIE Phrasierung, sondern jeder findet für sich heraus, wie er es machen will, das gehört zum künstlerischen Reifungsprozess.

    In den 1930ern und 40ern wurden Musiker für ihre jeweils eigenständige Phrasierung bewundert, ich werfe nur mal die Namen Lester Young, Roy Eldridge und Charlie Parker in den Raum.
    Anhand der typischen Phrasierung erkannte man auch, aus welcher Szene jemand stammte, ob er musikalisch in New Orleans, Kansas City, Chicago oder New York sozialisiert war.
    Auch war die Phrasierung das Unterscheidungsmerkmal zwischen traditionell und modern, schwarz und weiß, hot und cool, Rock und Bop...

    Es wundert mich, dass anscheinend sogar an unseren Jazz-Hochschulen diese Aspekt zu kurz kommt. :roll:

    Fazit:
    Jeder muss für sich entscheiden, wie er die Swing-Phrasierung ausführt, ob er den Offbeat eher hart (Shuffle) oder weich (Cool Jazz) betont, wie er die "Achtel" voneinander absetzt (traditionell oder modern, New Orleans oder Chicago?).

    "Amtlich" gibt es nicht. Oder jedenfalls bisher nicht in der offiziellen Jazz-Betrachtung.

    Und das ist auch gut so - ich fände es jammerschade, wenn aufgrund gleichmachender "Jazz-Pädagogik" bald jeder Individualismus, für den Jazz ursprünglich mal stand, zubetoniert würde... :-(


    Eigenständige Grüße,
    Rick
     
  20. reiko

    reiko Strebt nach Höherem

    Rick, Du sprichst mir aus der Seele. Wenn Musik "amtlich" wäre würde ich keine mehr machen.
    Viele Grüße Reiner
     
  1. Diese Seite verwendet Cookies, um Inhalte zu personalisieren, diese deiner Erfahrung anzupassen und dich nach der Registrierung angemeldet zu halten.
    Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden