Talent – ein großes Wort

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von RomBl, 6.September.2015.

  1. Gast_13

    Gast_13 Guest

    Es gibt mit Sicherheit aussergewöhnliche Biographien, wo man versucht ist, von Talent zu sprechen.
    Mir fällt da spontan Boris Vian ein: https://de.wikipedia.org/wiki/Boris_Vian

    Er hat in seinen 39 Lebensjahren 4 oder 5 Romane geschrieben, dazu ein paar Kriminalromane, war Jazztrompeter, Ingenieur, Leiter der Schallplattenabteilung von Phillips und hat noch diverse Chansons geschrieben und gesungen, darunter welche, die noch 1999 in Frankreich verboten waren (Le Deserteur).

    Ein sehr aussergewöhnlicher Mensch, bei dem es mir schwerfällt, nicht von Talent zu reden.

    Aber ich denke es gehört so einiges dazu, dass man bei jemandem von Talent sprechen könnte:

    Man sollte in einem Umfeld aufwachsen, dass die Auseinandersetzung mit Musik von frühester Jugend fördert und begünstigt.
    Man sollte das nötige Selbstvertrauen haben, um Dinge, die man tun möchte, auch zu tun.
    Man sollte die nötige selbstreflexion haben, um zu erkennen, woran man arbeiten muss.
    Man sollte den Fleiss und Ehrgeiz mitbringen, daran zu arbeiten.
    Man sollte die nötige Haltung haben, was man möchte und was nicht um sich auf ersteres zu fokussieren.

    Das sind ein paar Punkte, die mir dazu einfallen, gibt warscheinlich noch ein paar mehr!
     
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  2. ppue

    ppue Mod Experte

    Talent ist ein Begriff für etwas, was man beobachtet. Man beobachtet, dass jemand besonders geschickt ist auf einem Gebiet. Warum ein Mensch etwas besonders gut kann, hat verschiedene Gründe.

    Es kann eine Art Inselbegabung sein, ein Elternhaus mit langer Tradition in einer bestimmten Tätigkeit oder zufällige Verstärkungen bestimmter Vorlieben einer Person. Irgend etwas ist da, was einen Menschen schneller vertraut werden lässt mit einer Tätigkeit als andere.

    Was daraus entsteht, ist selten einzuschätzen.

    Mit viel Talent gesegnet scheinen die Wunderkinder. Unter dem Stichwort findet man bei Wikipedia einen kritischen Absatz:

    "Die Inszenierung hochbegabter Kinder als „Wunderkinder“ war häufig mit erheblichen Einnahmen verbunden, deshalb wurden diese nicht selten Opfer ehrgeiziger Eltern.[1] Litt bereits Wolfgang Amadeus Mozart unter seinem Vater, so wurde sein Zeitgenosse, der Cellist Zygmontofsky, von seinem Vater mit Hunger und Schlägen so gefügig gemacht, ausgelaugt und verbraucht, dass er schon mit elf Jahren starb.[1] Bereits früh gab es die Kritik, die Kinder würden wie dressierte Affen als Zirkusnummer oder Jahrmarktattraktionen vorgeführt.[1][5] Eine seltene Ausnahme war die Haltung des Vaters von Georg Friedrich Händel. Dieser sperrte sich gegen eine Gewinn bringende Förderung seines talentierten Sohnes, „weil sie blosserdings zu nichts anders, als zu Belustigung und Ergetzlichkeit diene“.[5] Erst auf Intervention Herzog Johann Adolphs von Sachsen-Weißenfels lenkte er ein.[5] In jüngster Zeit wurden Kinderstars wie Michael Jackson mit der Problematik in Verbindung gebracht.[5]


    Der Psychiater Andrew Solomon porträtierte in seinem Buch Weit vom Stamm: Wenn Kinder ganz anders als ihre Eltern sind primär Kinder mit körperlichen und geistigen Behinderungen, entschied sich aber, auch sogenannte „Wunderkinder“ und ihre Familien zu porträtieren, weil seiner Überzeugung nach die Tatsache, ein mit seinen Begabungen herausragendes Kind zu haben, eine nicht weniger isolierende, verwirrende und lähmende Erfahrung sein kann als ein Kind groß zu ziehen, das unter einer schweren Behinderung leidet. Solomon kommt zu dem Schluss, dass ein solch hochbegabtes Kind das Kräftespiel innerhalb einer Familie nicht weniger verschieben kann als ein unter Schizophrenie oder Schwerstbehinderung leidendes Kind.[6] Er weist zwar darauf hin, dass viele als Wunderkinder vermarktete Künstler sehr ich-bezogen sind, dass es häufig aber die Eltern sind, die über ihr Kind einen narzisstischen Trieb ausleben. Solomon schreibt weiter, dass sie häufig ihre eigenen Hoffnungen und Ambitionen auf ihre Kinder konzentrieren und statt in ihnen Neugier zu kultivieren, jagen sie dem Ruhm nach.[7] Solomon vertritt weiterhin die Ansicht, dass in der klassischen Musikindustrie in den letzten 30 Jahren die Vermarktung von Wunderkindern zugenommen hat, weil viele Manager überzeugt sind, nur darüber eine Käuferschicht zu erreichen, dies aber häufig zu Lasten einer gesunden mentalen Entwicklung der Kinder gehe. Die von ihm interviewte Pianistin Mitsuko Uchida schlug vor, dass Zuhörer eines Wunderkinds sich fragen sollten, ob sie bereit wären, sich von einem gleichalten hochbegabten Kind vor Gericht vertreten oder von ihm operieren zu lassen. Die Musikkritikerin Janice Nimura vertrat gegenüber Solomon die Ansicht, dass der Auftritt eines Wunderkinds die höfliche Form einer Freak-Show sei. Während es heute als politisch unkorrekt gelte, in einer Sideshow einen Jungen anzustarren, der ein deformiertes Gesicht habe, ist es nach wie vor gesellschaftlich akzeptiert, einen sechsjährigen Pianisten beispielsweise in der Today Show auftreten zu lassen, ja es gelte sogar als inspirierend, weil man dadurch zeige, zu welchen Leistungen Menschen in der Lage wären.[8] Zu den von Solomon detaillierter porträtierten Persönlichkeiten, die bereits im Kindesalter als sogenannte Wunderkinder im Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit standen, gehören unter anderen Jewgeni Igorewitsch Kissin, Leon Fleisher, Yefim Bronfman, Lang Lang und Vanessa-Mae und ihre jeweiligen Familien."


    Überdurchschnittliches Talent zu haben, ist wohl nicht selten auch eine Belastung, wenn nicht sogar ein Art Krankheit.

    Eine Kultur, in der die Besten und Begabtesten vergöttert werden, ist gar nicht so mein Ding. Ich stehe auf alltagsnahe Kultur, eine, die mit den Menschen vor Ort zu tun hat. Es kommt mir dabei nicht darauf an, wie gut jemand auf seinem Gebiet ist, sondern wie er seine eigene Kultur in die Gesellschaft einbringen kann. An dieser Kommunikation ist mir sehr gelegen.
     
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  3. Isachar

    Isachar Guest

    ppue

    danke !

    sehr schön zusammengefaßt !

    isach
     
  4. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Frage: Alltagsnahe Kultur, was ist das?

    Der Mainstream im Radio, was auf den Parties üblicherweise läuft, in Discos incl. Ü30-Bereich (Deutscher Schlager mit Techno-Rhythmus, darauf tanzt man dann Disco-Fox, alles schon gesehen)? Operette fpr die Massen, die die Oper querfinanziert? Musicals, die jahrelang in riesigen bauten gegeben werden?

    Oder verstehst Du was anderes darunter?

    Grüße
    Roland
     
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  5. ppue

    ppue Mod Experte

    Hallo Roland,

    ja, ich verstehe da was anderes drunter.

    Kultur vor Ort heißt für mich schon live Musik machen, mit der Blaskapelle, dem Chor, der Jazzkombo, auf der Straße, auf dem Weihnachtsmarkt, im Jazzclub oder Altenheim, zum Straßen- oder Stadtteilfest, zur Benefizveranstaltung, auf dem St.-Martinszug, bei der Vernissage örtlicher Künstler oder ganz ausgefallen, wie zum Beispiel der verehrte @prinzipal auf seiner Kiosktour durch den Pott.
     
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  6. Isachar

    Isachar Guest

    roland

    techno ist doch keine alltagsnahe kultur ! genausowenig wie das essen bei mc doof.
    sowas ist eher weltumspannende alltägliche UNkultur !
    da bin ich ganz bei ppue !

    grüßle

    isach
     
  7. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Aha, danke für die Aufklärung. :)

    In diesem Fall bedeutet 'alltagsnah' nicht das, was Leute 'üblicherweise' im Alltag hören, sondern man trägt die Musik in den Alltag der Leute hinein. Solche Aktionen mache ich auch immer wieder gerne.


    Techno ... ja, ich assoziiere damit üblicherweise 'Deppentechno' oder 'Partytechno'. Aber es gibt auch intelligente elektronische Musik. Die Szene ist aber auch nicht-trivial:
    http://techno.org/electronic-music-guide/

    Brandt, Brauer Frick, mit Fernsehbalett:



    Grüße
    Roland
     
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  8. PhyllisSi

    PhyllisSi Schaut nur mal vorbei

    Gute Bericht und Nachricht.
    Sehr sinnvoll und bedeutet.
     
  9. Saxfreundin

    Saxfreundin Strebt nach Höherem

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  10. prinzipal

    prinzipal Ist fast schon zuhause hier

    danke der blumen ! einfach bei http://www.trinkhallen-tour-ruhr.de/ schauen.

    ...

    ist aber auch sehr anstrengend. die straßenbahnen quitschen wirklich lauter ...

    :-D
     
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  11. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

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  12. Nordstern

    Nordstern Ist fast schon zuhause hier

    Die Zwei passen sicher auch gut in diesen Thread:

    Andrea und Eva in jungen Jahren...

     
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  13. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Ohoh, jetzt krame ich diesen bösen Thread nochmal aus, da ich mich letztens mit einem Bekannten über musikalisches Talent bzw Talentförderung unterhalten habe.

    Eine Frage an die erfahrenen Pädagogen:

    Wie geht ihr damit um?

    1. Fragen Euch die Schüler, ob sie Talent haben? Oder merken sie es selbst?
    2. Wenn sie es haben: sagt ihr es ihnen? Wenn ja, wann und warum? Also ist es pädagogisch sinnvoll das zu tun?
    Weil a) ruht sich der Schüler dann eventuell darauf aus und wird überheblich oder b) er entwickelt einen Leistungsdruck und verliert evtl den Spaß am Musizieren oder oder...

    Wie ich Talent für diese Fragestellung definieren/eingrenzen möchte (weil da schon so ewig viel drüber diskutiert wurde):

    Ein Schüler/eine Schülerin lernt bei gleicher Lernzeit/Übezeit einfach auffällig schneller als die "Normalgruppe".

    Bitte nicht verbal kloppen wegen der bösen Talentfrage ;-)
     
  14. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Ok, die Frage ist evtl zu komsich? :roflmao:
     
  15. ppue

    ppue Mod Experte

    Im Grunde ist das doch Wurscht mit dem Talent. Wenn ich einen Profisprinter trainiere, motiviere ich den genau so, wie ich auch einen Patienten in der Reha, der wieder gehen lernen muss, motiviere. Will doch jeder da weiterkommen, wo er gerade steht.

    Die Motivation wird in beiden Fällen anders aussehen, aber in der Regel merken die Schüler, wo sie stehen. Besonders dann, wenn sie in Ensembles oder Bands spielen und sich vergleichen können.
     
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  16. GelöschtesMitglied11073

    GelöschtesMitglied11073 Guest

    Zudem kann auch jemand,der kein Talent hat Profi werden,er muß halt entsprechend mehr dafür tun
     
  17. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Mit geht's nicht um die Wichtigkeit von Talent sondern wie damit pädagogisch umgegangen wird.

    PS: mir persönlich ist es egal, ob ich es habe oder nicht.
     
    Rick gefällt das.
  18. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Wenn die Band aus Mitspielern besteht, die alle auf dem gleichen Stand sein sollte. Also von der Inputseite her.
    Ein talentierter kann ich einer weit fortgeschritten Gruppe landen und sich dann total schlecht fühlen oder jmd., der weniger begnadet ist landet in einer Gruppe, die noch schlechter spielt und fühlt sich dann wie der Einäuguge unter den Blinden.

    Ich denke an Musikschulen ist es eher weniger das Problem, da die Gruppen homogener sind?
    Aber in der "freien Wirtschaft" :-D landet man manchmal in total kunterbunten Gruppen.
     
    Rick gefällt das.
  19. ppue

    ppue Mod Experte

    Ja, und deshalb ist das auch völlig relativ.

    Ich würde mit jemandem mit Talent genau so umgehen, wie mit dem mit weniger Talent. Als Lehrer hole ich beide da ab, wo sie stehen.
     
  20. Jacqueline

    Jacqueline Strebt nach Höherem

    Aber teilst du es ihm mit? Ist es notwendig, das zu tun?
     
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