Vom Blatt lesen

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von altomania, 20.November.2022.

  1. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Kannst du nicht, dafür bedarf es eines Lehrers oder zumindest einer weiteren kundigen Person, die dir zuhört und dich auf deine Fehler aufmerksam macht.
     
  2. Witte

    Witte Ist fast schon zuhause hier

    Denke das iss nen guter Vergleich, mit der Mustererkennung..., Worte als Ganzes sehen...;)

    Hab in dem Kontext noch gut nen Einkaufszettel, den mir damals meine Mutter mitgab, in Erinnerung...:p

    Mit Deutsch als Leistungskurs, sollte man ja auch sprachlich nicht so untalentiert sein...

    Fazit war, das da Blumentopferde draufstand..., für viele von euch sicherlich auch direkt erkennbar..., hat zumindest damals bei mir nen echt langen Augenblick gedauert, bis ich das Wort wirklich erfasst hatte, da ich erstmal mehrmals hintereinander "Blumento-Pferde" gelesen hab...:p

    Hat dann für nen herzhaften Lacher gesorgt, als mir dann bewusst wurde das "Blumentopf-Erde" gemeint war...:p

    Vll. auch ne Inselbegabung, da Pferde zu entdecken, wo jeder normale Mensch Erde liest...;) Kann mich allerdings auch nicht daran erinnern jemals zuvor dieses Wort Blumentopferde irgendwo gelesen zu haben..., von daher Vokabular ist was essenzielles, um ein Wort, oder eben auch Musik schnell zu erfassen...

    Gerade entdeckt, das sogar eine Punkband mit dem Namen existiert..., da war ich scheinbar nicht alleine..., das Wort erstmal vollkommen "sinnfrei" zu erfassen...


    Die BlumentoPferde

    Die BlumentoPferde ist eine deutschsprachige Punkband aus Torgau und Meißen, deren Mitglieder später nach Leipzig zogen.
     
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  3. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Das braucht auch nicht Jeder. Aber als Profi hast du oft Situationen, wo du mal kurz bei einem Auftritt einspringst für einen erkrankten Kollegen oder es keine oder fast keine Proben gibt (beides häufig). Und Amateurkollegen haben es auch öfters, daß sie Aushilfe bei Big Band Proben machen sollen an einer Stimme oder Songs, die sie nicht kennen.
    Und nur weil man etwas gut vom Blatt lesen kann, heisst es leider noch nicht, daß dann das Zusammenspiel der Musiker auch klappt.
     
  4. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Auch wichtig ist zu lernen und zu begreifen wie Noten notiert und organisiert werden, um die Muster erkennen zu können. Würde ich die gleichen Noten anders notiert (also nicht in Aufteilungen in Viertel und Halbe) bekommen, könnte ich es nicht spielen, weil ich die Muster visuell nicht mehr erkennen kann. Die Situation hatte ich bei einer Big Band mit einem Arrangeur, der keinerlei Ahnung hatte wie Noten korrekt notiert werden, es war für die Musiker kaum spielbar, weil das Notenbild keinen Sinn ergeben hat, weil die Aufteilung nicht gestimmt hat und dadurch die Muster und der Viertelpuls nicht mehr sichtbar waren.
     
  5. ppue

    ppue Mod Experte

    Sorry @JES, bei aller Kritiksucht deinerseits, die Problemstellung war wie folgt:

    Und natürlich braucht man da Anleitung, wenn man sich nicht selber durchfuchsen kann (-;
    Und das erleichtert halt der Viola, weil er "komplexe Rhythmen" in Halftime notiert. Die Noten aus 1B wirst du doch spielen können, oder? Hochschulniveau ist das nicht.
     
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  6. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Deshalb das Beispiel. Du kannst so ein Wort buchstabieren, aber solange du das betonungsmuster und den sprachrythmus nicht kennst bzw erkennst, kommt da unsinn raus.
    Genau so ist es beim vom blatt spielen auch. Solange man nur Noten aneinanderhängt, selbst wenn man es mit dem richtigen Zeitwert und Tonhöhe tut, ist es immer noch keine musikalische Phrase.

    Hiermit wird jetzt bestätigt, dass ich selber nicht erkenne, ob ich eine mir unbekannte Phrase richtig oder falsch im sinne von "akkurat spielen" nicht selbst erarbeiten kann.
    Heißt das nicht, dass die Spieler, die unbekannte Stücke sofort fehlerfrei vom Blatt spielen können, einfach nur alle darin vorkommenden Phrasen schon kennen? Oder wie machen sie es sonst?
    Wenn ich jetzt mal von mir ausgehe, ich habe rel. wenig Probleme damit die Noten zu spielen. Da müssen schon mehr als 5 Vorzeichen kommen oder innerhalb des stücks tonartwechsel vorkommen. Schwierig ist der "Flow" mehrerer Noten im Zusammenhang. Dabei hilft mir (und das ist mein Vorgehen) Kombinationen von Noten, mit Schwerpunkt Timing, zu erarbeiten, also Phrasen zu erarbeiten, die ich dann nur mit anderen Tonhöhen an anderer Stelle wiedererkenne und reproduziere. Konkret, wenn ich verinnerlicht habe, wie bspw eine triole getimed wird, kann ich das auf quasi alle tonhöhenkombinationen anwenden (wenn die Finger schnell genug sind).
     
  7. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Kennen ist nicht die richtige Formulierung, wobei teilweise ist es sogar richtig und zum Teil nicht. Du lernst Rhythmen zu erkennen und als Muster abrufen zu können und in dieses Muster werden die Notenhöhen nur noch eingefügt. Manchmal erkennt man aber auch musikalische Muster und weiss sofort automatisch was gegriffen werden muss als nächstes, wenn z.B. ein Akkord gespielt wird oder eine chromatische Phrase. Im Idealfall hörst du auch im Kopf was du da bei den Noten siehst aber das ist nicht immer und bei allen Phrasen so und hängt auch vom Leistungsstand des Spielers ab. Und wenn du genug Muster gelernt hast, lässt sich das auch wunderbar auf viele andere Muster übertragen und da eine Hilfe sein.
    Wenn man das bei bestimmten Dingen häufig genug gemacht hat sind bestimmte Rhythmen und Phrasen so verinnerlicht, daß diese dann später bei anderen Stücken wie von selbst sofort gespielt werden können, selbst wenn es Abweichungen, Änderungen oder Variationen gibt.
     
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  8. Rick

    Rick Experte

    Genau - zu den vielen Standbeinen eines Berufsmusikers kann es auch gehören, sehr gut vom Blatt spielen zu können, dann wird man häufiger gebucht, als wenn man auf mehreren Proben bestehen muss.
    Ich habe in den letzten Monaten viele Auftritte gehabt, allerdings fast nur mit unterschiedlichen Ensembles, all deren Repertoire konnte ich nicht drauf haben, für Proben gab es keine Zeit, also war ich ständig gezwungen, das so gut wie möglich "auf den ersten Blick" hinzubekommen.

    Anderer Anwendungsbereich: Wenn Schüler im Unterricht mir unbekannte Noten mitbringen: "Das muss ich für die Big-Band bis nächste Woche können. Würdest du es mir bitte mal vorspielen?" :-D
     
    Zuletzt bearbeitet: 22.November.2022
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  9. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Hätte ich so eine Frage/Bitte vorzubringen und sollte mir das reine Vorspiel dann wirklich etwas bringen, würde ich mir die Frage stellen, ob mir der Stuhl in dieser BigBand nicht ein, zwei Nummern zu groß ist.
    Eine gewisse Vorstellung davon, was da stehen könnte, wenn man schon die Noten mitnehmen / kopieren / knipsen durfte…

    Aber natürlich ist es legitim, mit seinem/ihrem Lehrer bestimmte rhythmische, Phrasierungs- oder grifftechnische Nüsse zu knacken.
    Und da ist so eine Fertigkeit auf jeden Fall nützlich für den Lehrer.
     
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  10. JES

    JES Gehört zum Inventar

    @ilikestitt

    Du hast es erfasst. Ich übe daher solche Phrasen /Figuren/wie auch immer man sie nennen mag, schaffe mir eine Art Bibliothek davon, die ich dann abrufen kann. Mein Klarinettenlehrer hatte mir vor 40 Jahren geraten, wenn ich solche unbekannten Phrasen erarbeite, nur mit metronom. Einstellung auf die kürzeste vorkommende note als Schlag. @ppue's Beispiel ist ähnlich, da wird die Phrase so verzögert, dass quasi alles "auf schlag" passiert.
    Was mir auch in letzter Zeit sehr hilft ist YT. Da gibt es Leute, die zeigen die Noten eines Stückes und spielen dazu. Ich lese quasi mit. Nur, jeder weicht irgendwann, irgendwo mal von den Noten ab (künstlerische Freiheit), und das zu finden, analysieren und vergleichen mit dem, was ich da spielen würde....
    Das erkennen von musikalischen Mustern, wie du es beschreibst, kann ich mir nur tatsächlich über musikstücke erarbeiten. Da helfen mir Etüden nicht oder nur wenig. Das ist auch nicht wirklich meine Baustelle, da ich mit Noten lesen und in Griffe umsetzen im Vergleich zu rhythmischen Aufgaben wenig Probleme habe. Da spiele ich die Noten, ohne Takt, Länge etc einmal trocken durch und gut.

    Frage: wie machst du das? Ist deine Bibliothek schon so groß, dass es quasi nichts mehr gibt, was du nicht (er) kennst und abrufen kannst? Hast du eine andere Technik? Denkst du da überhaupt noch drüber nach, oder ist da schon so viel Routine, dass die Abläufe automatisch passieren und du quasi beim Anblick schon eine genaue Vorstellung hast, wie es klingen muss? Wie überträgst du bekannte Muster in ein anderes Metrom (andere taktart bzw auch andere spielart wie swingachtel vs gerade achtel)?
     
  11. giuseppe

    giuseppe Strebt nach Höherem

    Ich versuche das Blattspielen - Sight Reading noch mal auseinander zu dröseln. Für mein eigenes Verständnis, aber vielleicht kann ja jemand folgen oder korrigieren, was er anders sieht. Vielleicht oder wahrscheinlich gibt es aus der Musikdidaktik Erkenntnisse, die längst viel tiefer gehen. Ich versuche es trotzdem mal.

    Normales Spielen nach Noten läuft so ab:

    Lesen - Verarbeiten - Spielen

    Allein das Lesen selber ist dabei wohl ein bisschen komplexer als es aussieht.
    Aber vor allem im Mittelteil, beim Verarbeiten, passiert m.E. viel: Entziffern, Erkennen, Verstehen, inneres Singen, inneres Greifen (stimmt’s, ihr Doubler?).
    Gemeinsam mit dem Lesen wird daraus eine Einheit. Das kann man meines Erachtens wie gesagt gut mit dem Schrifterwerb vergleichen. Man kann buchstabieren und man kann ganze Worte erkennen. Beides zu können ist die Voraussetzung für einen guten Leser.
    Das Spielen bringt noch mal ganz andere Erfordernisse. Die können wir aber gut vom Rest trennenden getrennt üben, als technische Fähigkeiten auf dem Instrument. Ich muss nicht versuchen, das Coltrane-Solo vom Blatt zu spielen, wenn ich es technisch nicht spielen kann. Ob ich es lesen kann, kann ich so nur bedingt überprüfen.

    Beim Blattspiel verschwindet scheinbar der Mittelteil.
    Lesen - Spielen

    Das Verarbeiten ist scheinbar weggefallen, die Note auf dem Papier triggert ohne komplexes Nachdenken eine Finger-, Zwerchfell- und Mundstellung, bei manchen Leuten in einem atemberaubendem Tempo, bei dem aktives Nachdenken wirklich ausgeschlossen werden kann.
    Was passiert, dass es vom Anblick der Note direkt in die Finger geht? Ich persönlich glaube nicht, dass die Verarbeitung wegfällt. Ich denke, sie wird stetige Wiederholung zunehmend ins Unbewusste ausgelagert. Die Verknüpfung zwischen schwarzem Punkt zwischen 2 Linien und einem Fingergriff ist schnell gelernt, das kriegen auch Kinder als erstes hin. Bei einer langen Linie mit 30 Noten und komplexem Rhythmus muss aber viel mehr passieren. Wie @Juju erläutert hat, ist ein Schlüssel zum Erfolg die korrekte rhythmische Erfassung des Notenbildes, noch vor der Erfassung der Einzelnote. Da das Unmöglich in Echtzeit passieren kann, muss das Blattspiel einigermaßen vorausschauend passieren. Es wäre interessant mit einer Kamera zu überprüfen, wo so ein Superchecker im Moment des Spiels auf die Noten schaut. Blickt er einen Takt voraus und speichert zwischen? Springt er hin und her?

    Ich denke, dass jeder der Schritte Lesen - Verarbeiten - Spielen ein kritisches Kettenglied sein kann, das einen ausbremsen kann.
    In meinem Fall sehe ich das Defizit z.B. ganz klar rechts. Ich übe zu wenig und habe technische Defizite, kann viele Noten zwar einigermaßen gut lesen, diese auf dem Instrument aber nur deutlich langsamer vom Blatt spielen, weil ich mich sonst verhaspel.
    Im Fall der Ausgangsfragestellung vermute ich das Problem eher weiter links.
    Vorschläge, wie man die linken 2/3 am besten trainiert, gab es ja einige hier.
     
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  12. JES

    JES Gehört zum Inventar

    @giuseppe

    An zwei Stellen würde ich, von mir ausgehend, und ich bin kein sehr geübter blattspieler, kurz einhaken.
    1. Die rhythmische Erfassung: da ist mir in deiner Beschreibung zu viel Nachdenken dabei. Das stimmt bei unbekannten Mustern, die du dir neu draufschaffst, bei bekannten mustern weißt du den Ablauf bspw eines taktes, einer Phrase oder gar eines ganzen Abschnitts. Das ist quasi mit abgespeichert.
    2. Wie beim lesen von Text geht man mit zunehmender Erfahrung weg von einzelnen Buchstaben hin zum lesen ganzer Wörter oder gar Abschnitte. Damit passiert das vorausschauen von alleine. Ich vermute (das beobachte ich im Augenblick bei mir), dass es gar keine feste Länge gibt, die voraus gelesen wird.

    Es gibt da Untersuchungen zu, dass der Mensch optisch automatisch Worte oder Satzstücke erkennt und richtig liest, obwohl diese Rechtschreibfehler enthalten (@ilikestitt hat das beschrieben, er weiß aus den Harmonien intuitiv, was folgen muss. Probier mal eine figur zu spielen mit einem vorzeichenfehler. Du stoppst, weil es nicht passt, dann analysierst du, muss das so oder tatsächlich falsch. Wenn du dich länger mit einem musikstil beschäftigt hast kannst du das auch für rythmische Figuren. Im latin auf straight 1 lässt mich anhalten und prüfen, weil ich eher off-beat erwarte (hoffentlich stimmt der ausdruck)). Das geht nur, wenn du das Muster "Wort" als ganzes erfasst hast, und nicht mehr buchstabierst. Nur damit kommst du in den Fluss und es klingt fließend.
     
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  13. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Es ist immer wieder erstaunlich was Schüler hinbekommen, wenn sie es im Ohr haben, auch technisch. Du hast recht, rein in punkto Lesefähigkeit hätten die eigentlich keine Chance auf ihrem Platz in der Big Band, Viele spielen es aber sehr gut, wenn es einmal richtig im Ohr ist (solange sie sich dran erinnern). Müssten sie das gleiche Material vom Blatt spielen ohne eine akustische Vorstellung hätten sie keine Chance. Das ist natürlich nicht optimal aber das Standardproblem mit denen viele Schüler- und Amaterubands und manchmal sogar Profibands (ohne wirkliche Proben, sehr komplexe Stücke und dauernd Subs) zu kämpfen haben.
    Es ist ein Balanceakt zwischen dem Lernen über den Weg wie etwas klingt und sich daran zu erinnern, im Gegensatz zum Lernen es wirklich lesen zu können.
    Auf dem Lernweg führt oft aber kein Weg auch am akustischen Lernen vorbei und wenn man den Rhythmus/Phrase oft genug hatte erkennt man es an anderen Stellen oft auch wieder und man weiss wie es klingt. Im schlimmsten Fall passiert es, daß man sich nur aufs Ohr verlässt, jedes Mal und nicht dazu lernt zu lesen und dann findet keine Verbesserung statt, das ist dann das worst case scenario, weil es zum Entwicklungstilstand meist führt.
    Gerade bei Schülern, die noch unerfahren sind und noch nicht lange spielen habe ich super gute Erfolge damit gemacht für die Sachen die sie im Klassenmusizieren oder in der AG beherrschen müssen Aufnahmen mit Metronom in unterschiedlichen Tempi zu erstellen. Nur irgendwann muss man weg davon und rüber zum Lesen.
    Und mir ging es auch schon bei gekauften Solotranskriptionen, daß ich Stellen, so wie sie notiert waren, einfach nicht verstand und nachvollziehen konnte rhythmisch und dann aber kein Problem hatte, nachdem ich die Stelle gehört hatte.
     
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  14. Stevie

    Stevie Ist fast schon zuhause hier


    Ich bilde mir ein, recht ordentlich vom Blatt spielen zu können (früher viel Klassik und dann viel BigBand ...). (Hoffentlich kein Fall von Dunning Kruger ...;)). Dabei bin ich mit dem Lesen eigentlich immer weiter als mit dem tatsächlichen Spielen; ich schaue also "nach vorne". Hat natürlich seine Grenzen - wenn es super komplex wird, bin ich raus. Und auch die Kollegen können einen ganz schön durcheinander bringen.

    Interessant finde ich, dass ich beim wirklichen Blattspiel am besten zurecht komme also wenn es vom Lesen sofort in die Finger geht - allerdings eher im Sinne von "Durchkommen" und nicht im Sinne von musikalisch schön gestalten. Mehr als die Form und die elementare Dynamik zu erfassen finde ich schon schwierig. Im zweiten Durchgang (was dann ja schon kein Blattspiel im engeren Sinne mehr ist) habe ich dann deutlich mehr Probleme - offenbar setzt dann das Denken ein: wie spiele ich was - Dynamik im Detail, Phrasierung, Hören, was die anderen machen usw.

    Dann braucht es einige Durchgänge, bis auch diese Dinge alle verstanden und verinnerlicht sind und man nicht nur "durchkommt", sondern auch etwas musikalisch Ansprechendes entsteht.

    Gott sei Dank muss man als Amateur "vom Blatt" nichts Perfektes abliefern - da geht es ja in der Regel nur um die erste Annäherung an ein neues Stück.

    So long
    Stevie
     
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  15. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Ich bin da nicht so sehr der Fan davon das auf die kürzeste Noteneinheit runterzubrechen. Meine Erfahrung ist, daß die Übertragung dann zu den eigentlichen Vierteln oder Halben dann wieder eine grosse Baustelle ist und es gar nicht so hilfreich war wie gedacht. Da hat aber jeder sein Konzept von dem er überzeugt ist. Es fühlt sich so anders an, ob ich als Grundpuls Achtel, Viertel oder Halbe denke und Schüler werden davon schnell überfordert, weil der Schritt Einheiten zu bilden und zu schauen wo der Grundpuls jetzt ist (Viertel statt Achtel) sie an neue Grenzen bringt. Durfte ich gerade bei Schülern einer Big Band erleben, die Probleme mit dem Wechsel zur Halftime und zurück innerhalb eines Stücks hatten. Aber auch das Problem liess sich gut lösen, nur halt nicht so wie der Big Band Leiter es den Schülern vermittelt hat.

    Ich halte das schon wieder fürs Trainieren vom Ohr, nicht für eine Verbesserung der Lesefähigkeit. Trotzdem macht die Übung Sinn und kann hilfreich sein.

    Ich denke das hängt auch von den Etüden ab, da gibt es sehr unterschiedliche Sachen auf dem Markt und auch rhythmisch komplexes Zeug. Und dann ist es immer eine Frage wie man so eine Etüde nutzt, dann kann das schon sehr effektiv sein, vorausgesetzt ich weiss wie. Und täusche dich nicht, die Auswahl der Noten über einen Rhythmus kann den gleichen Rhythmus gleich viel schwieriger machen, es ist immer eine Kombi, es ist dann nicht der Rhythmus sondern die Technik (Ob Finger oder Sax), die dich bei dem Rhythmus in Verbindung mit diesen Noten an die Grenze bringt.

    Es ist eine Frage der Gewöhnung und wie du gelernt hast Rhythmen zu erfassen. Es gibt Rhythmen, die du schon so oft hattest, daß sie keine Probleme darstellen (wobei das halt immer auch von den Noten bei diesen Rhythmen abhängt) und dann gibt es Rhythmen, die dir selten begegnen und da kommt man ins straucheln bis auch diese verinnerlicht wurden.
    Gerade Rhythmen bei Solotranskriptionen können ein Fluch sein, weil versucht wird es möglichst exakt zu notieren bis zu dem Punkt, daß unsauber gespielte Linien so notiert werden wie sie klingen und nicht wie sie gedacht wurden und manche Phrasen kann man sich halt auch leicht ausdenken beim Improvisieren ohne daß man auch nur mal nachdenkt was das rhythmisch sein könnte. Da entstehen dann Rhythmusmuster, die nicht üblich sind und die man nur knackt, wenn man es im Ohr hat oder dieses Muster häufig genug gespielt hat.
    Man sieht das bei Anfängern immer gerne bei Vierteltriolen, über die ich null nachdenke, die aber für Anfänger eine Herausforderung sind was den Rhythmus und das Halten der Time angeht, bis sie es verinnerlicht haben und dann gar nicht mehr verstehen warum es mal so schwer war.

    Ich persönlich erarbeite mir nichts mit der kleinsten Einheit, eher Viertel oder Halbe als Grundeinheit (hängt vom Stück und Tempo ab). Und auch ich erkenne nicht alle Muster immer und sofort, z.B. der wilde Einsatz von Bindebögen verändert rhythmische Muster und auch das muss man lernen, da können dann sehr wilde Dinge entstehen, wo man je nach Noten auch mal den Überblick verliert. Manchmal ist es auch gar nicht der eigene Rhythmus, sondern das was der Kollege dazu spielt oder spielen muss was einen da rausbringt (Gegenstimmen oder Ergänzungsstimmen).
    Bei Standardnoten wie "normales" Big Band Zeug etc. ist meine "Bibliothek" so gross daß ich da an gar nichts mehr meist denken muss und die Mustererkennung automatisiert läuft und ich einfach spielen kann, ausser es passieren Dinge mit Noten, die dir einen Knoten in die Finger jagen. Gerade Notenfolgen die schlecht in der Hand liegen bremsen einen dann aus, nur liegt das dann nicht am Rhythmus sondern der Grifffolge oder manchmal einfach auch an einem schlechten Notenbild.
    Allgemein sind gut notierte Noten in der üblichen Notenaufteilung ein Segen beim Notenlesen, schon krumme Taktzahlen können schnell zu Mist beim Blattlesen führen. Und handschriftlich mit Sauklaue bekommt man öfters vorgelegt als man denkt und da kann man dann leider nicht sagen: Ne, spiele ich nicht. Besteht genug Zeit habe ich solche Noten dann schon selber in den Rechner gejagt, damit man sich beim Spielen wohler fühlt und nicht nachdenken muss ob es eine Noten, ein Vorzeichen oder ein Fliegenschiss ist.

    Ob swing oder gerade macht für mich in punkto Blattlesen keinen Unterschied, das ist für mich ein Schalter, den ich einfach umlege, auch innerhalbe eines Stücks oder einer Phrase. Das kann man üben indem man die gleiche Phrase als swing und gerade übt. Schwierig ist hier eher die Swingratio in Bezug aufs Tempo, da diese sich verändert, hier hilft nur viele gute Musiker, die swingen, zu hören und von ihnen zu lernen.

    Die Lesemuster sind in einigen Taktarten anders, auch das muss man erkennen lernen. Sogar Taktarten muss man jeweils vom Zählen und Erfassen anders lernen (also anders in punkto andere Muster), da man hier z.B. Pausen anders zählt oder Noten anders gruppiert werden (12/4 Takt z.B.).
    Ich hatte mal bei einer Probe einen super Kollegen, der bekam in der Probe einen neuen Song im 7/4 Takt vorgesetzt, die Phrasen liefen super aber bei den Pausen fing er an sich dauernd zu verzählen, weil er noch nie 7/4 spielen musste und nicht automatisch die Pausen da locker zählen konnte. Kurz mit einem Bleisstift bei den Pausen die Zähleinheiten rübergeschrieben, dabei dann das ganze verstanden und schon war es kein Problem mehr.

    Für jeden von uns ist es immer ein dauerndes Lernen von dem Punkt an dem wir sind zu dem Punkt wo wir uns hinbewegen wollen. Niemand hat ausgelernt. Schwierig ist es nur immer die Dinge zu finden, die uns das Lernen erleichtern und uns wirklich zum Ziel führen bzw. in die richtige Richtung auf den Weg bringen.
     
  16. ilikestitt

    ilikestitt Strebt nach Höherem

    Ja gibt es auch aber nicht so relevant fürs Blattspiel. In erster Linie ist es wirklich die automatisierte Erkennung von Rhythmen und weniger von Phrasen mit bestimmten Noten, denn das würde zu so einer hohen Anzahl von Mustern führen, die man im Kopf haben müsste, das würde schwierig werden. Man erfasst die Dinge separat etwas, den eigentlichen Rhythmus und was da in den Noten passiert und da erfasst man bei der Notenfolge halt mit etwas Erfahrung schnell Akkord (auch in Umkehrungen und Permutationen), Skalenausschnitte, Chromatik, Umspielungen und typische Floskeln und Phrasenmuster (die super üblich sind). Aber ich erfasse Rhythmen und Noten eher automatisiert als daß ich Phrasen versuche wiederzuerkennen. Wichtig ist es auch Noten schnell erkennen zu lernen und sich zu merken, je langsamer und undeutlicher man Noten sieht und erfasst, desto schwieriger wird Blattspielen und Notenlesen in höheren Tempi. Da macht auch bei mir eine Brille und gute Ausleuchtung chon einen deutlichen Unterschied.:)

    Das ist ein wichtiger Punkt, der bis jetzt unter gegangen ist. Man lernt mehr als eine Note zu erfassen und erkennt halt schnell, ob es nicht gerade eine Akkord oder ein Skalenausschnitt etc. ist. Würde ich nur eine Note erfassen wüsste ich ja teilweise nicht was ich als nächstes greifen muss. Man ist auch mit dem Auge nie bei der Note, die gerade gespielt wird, sondern immer schon ein Stück weiter, weil sonst das Auge bei der Erfassung zu langsam ist.
     
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  17. JES

    JES Gehört zum Inventar

    @ilikestitt

    Ich erkenne an deinen Antworten, dass du deutlich weiter bist als ich. Danke.
     
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  18. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Wen wundert‘s…. @ilikestitt ist Profimusiker mit Studiumabschluss und Instrumentallehrer.

    CzG

    Dreas
     
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  19. SaxFrange

    SaxFrange Ist fast schon zuhause hier

    Um bei euch mitspielen zu können fehlen mir 20 Jahre Erfahrung und andere Eigenschaften.

    Dennoch gehe ich das diskutierte Thema spielerisch an. Die Eingangsfrage könnte auch von mir stammen.
    Da ich erst seit (gefühlten) 2 Wochen spiele ist es für mich Voraussetzung dass ich mir das Lied (auch mit vielen #) systematisch erarbeite und vorher gehört haben muss.

    Seit ich eine Top Lehrerin habe erklärt sie mir an en einzelnen Bausteinen wo es lang geht.
    Daher ist (für mich) eine individuelle Unterstützung viel effizienter. Da lerne ich genau das was ich brauche und nicht auf Vorrat, das ich vergessen habe wenn ich es abrufen möchte. Bewundere Menschen die einmal gelerntes behalten können. Ein Lehrer als solches geht meist von seinen Fähigkeiten aus.

    Kenne Musiklehrer die gering vermitteln können und es gibt wie überall auch hier Talente. Nicht jeder Topf passt auch nicht zum ...oder so... :)

    Da ist die Fähigkeit diese Experten zu finden bereits die halbe Miete. So liegt das Problem bereits vor der Ursache.
    Da beruhigt es mich wenn Lehrer sich nicht als Überflieger geben und sich nach dem hohen D verhaspeln. Beim 3, Versuch klappt 's dann.

    Jeder hat eine individuelle Wahrnehmung. Das mach ein Orchester so besonders diese unter einen Hut zu bringen.
    Oder wie in einem Forum wo sich die Könner manchmal langweilen und jene die erst (seit 2 Wochen) dabei sind nicht verstanden fühlen da die immer
    wieder gleichen Fragen für sie neu sind.

    Aber, es kommt eine Zeit für uns ...
    VG.Friedrich
     
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  20. Silver

    Silver Strebt nach Höherem

    Alter! - und ich dachte, meine Posts wären manchmal lang…

    Ein, zwei kurze (vielleicht) Gedanken:

    Das ist eine der Strafen, die die Musik für mich bereithält: Manche Sachen, die noch gar nicht mal schwierig sein müssen, sind so dermaßen idiotisch notiert, dass ich manchmal Probleme habe, das Notenbild mit einer Aufnahme oder sogar dem Musescore Gedudel eines 1:1 Abschriebs zusammen zu bringen. (das ist sowas wie meine letzte Rettung, wenn ich es gar nicht raffe - kostet halt viel Zeit)

    Bei krummen und am besten noch unregelmäßigen Taktzahlen pro Zeile kriege ich regelrecht die Krätze.
    Aebersold macht das und das famose „legale“ New Realbook.

    Steigern lässt sich das noch durch
    hingerotzte oder verschlimmbesserte Sheets.

    Damit habe ich echt ein Problem und schreibe mir, als Teil der Routine mir ein neues Stück draufzuschaffen, ein eigenes Leadsheet in Musescore.
    Das geht natürlich für arrangierte Stimmen usw. nur sehr begrenzt und ich brauche ziemlich lange für schlecht zu lesende Noten.
    Als Amateur muss ich mich zum Glück nicht überwinden und das gezielt üben wie es Profis nun mal nicht vermeiden können.

    Da sagst Du was. Das Alter ist grausam…
    Bei mir ist es blöd, weil es sehr vom Abstand zum Blatt abhängt.
    Häufig zu weit für die Lesebrille und zu nah für die Fernbrille aber trotzdem nicht richtig scharf wenn das Licht zu schwach ist. :eek:

    Ja, das ist für mich der Klassiker: Hab ich mich verzählt oder der Schlumpf neben mir?

    Besonders bezaubernd sind auf Workshops die Saxophon“quartette“ (oder ähnliche) die von 20 Tröten vorgetragen werden.
    Beim ersten Durchgang vom Blatt sind mindestens 15 der 20 mit irgendwas komplett daneben.
    Und wenn’s nur ist, weil man sich vom Nachbarn ins Bockshorn hat jagen lassen.

    Wie recht Du hast.
    Nicht nur fürs Notenlesen.
     
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