Welche improvisatorischen Fähigkeiten haben herausragende Saxophonisten?

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Tröto, 17.Oktober.2011.

  1. the_ashbird

    the_ashbird Ist fast schon zuhause hier

    Hallo zusammen!

    Für mich gilt grundsätzlich: es kommt auf den Kontext an! :-D

    Vorweg geht's um die Stilistik. Ich kenn kein modales Bebop-Solo mit langgehaltenen Tönen...dann wärs ja auch kein Bebop-Solo. :-D
    Ob einem der Stil gefällt oder nicht steht auf einem anderen Blatt. Man kann es mE folglich nicht dem Interpreten anlasten, dass er sich einem Stil verschrieben hat, der einem persönlich nicht gefällt. :-D

    Hinzu kommt verstärkend die persönliche Spielweise und Charakteristik eines Künstlers, die wiederum gefallen kann oder eben nicht.
    (z.B. ist Kenny G. ein fantastischer Musiker, der Stilrichtung bin ich zumindest abgeneigt. Aber seine Spielweise und Interpretation gefallen mir persönlich halt gar nicht!)


    "Wenig Töne, die jedoch richtig platziert", heißt's immer. Und als Paradebeispiel wird Miles Davis genannt. Dem stimm ich voll und ganz zu. Nur Davis konnte eben auch anders.
    Dito bei Brecker. Wenn man sich Balladen von ihm anhört merkt man, dass er sehr anpassungsfähig war.

    LG Phi
     
  2. Bloozer

    Bloozer Strebt nach Höherem

    mir gefällt die Kreativität so mancher Pop Saxophonisten, die in 8 Takten manchmal ein Solo hinzaubern, dass einen song zum Hit machen wie es zB Raphael Ravenscroft mit seinem Baker Street Solo geschafft hat. Ravenscroft bekam damals für seine Teilnahme an der Aufnahme 30 Pfund, ob er später an den gigantischen Einnahmen beteiligt war, weiss ich nicht.
     
  3. montreal

    montreal Ist fast schon zuhause hier

    Hallo, Bloozer!

    Ich habe mal gelesen, dass er wirklich nur für seine Studioaufnahme entlöhnt worden ist, also keine weitere Beteiligung erhalten hat. Echt ärgerlich, wenn´s wirklich so war, denn ohne das Sax hätte sich wohl kaum jemand für das Stück interessiert.
    Gruß, Thomas
     
  4. Gast

    Gast Guest

    Das passiert bei uns auch, wenn man nicht aufpasst: eine Handvoll Euro auf die Kralle und Danke. Nur über die GVL erhält der Studiomusiker auch Anteile an der weiteren Verwertung und damit am Erfolg einer Aufnahme.

    Es soll sogar Produzenten geben, die darauf bestehen, dass die teilnehmenden Musiker diese Zweitrechte nicht wahrnehmen. Keine Ahnung, ob das überhaupt legal ist.

    Aber der Markt für Studiomusiker ist so eng, so attraktiv und dabei so schlecht bezahlt, dass sich so mancher überreden läßt, auf seine Rechte zu verzichten, wenn er den Job haben will.

    Gruß, Herman
     
  5. montreal

    montreal Ist fast schon zuhause hier

    Hallo!

    Habe nochmal gegoogled: Ravencroft soll 27 Pfund per Scheck bekommen haben und der Scheck soll sogar noch geplatzt sein. Das behauptet auf jeden Fall Wikipedia.

    Zurück zum Thema: Ich war gestern bei Session possible und habe Wolf Codera (in Begleitung von excellenten Musikern) gehört. Codera hat mit wenigen Tönen improvisiert, teilweise fast sphärische Klänge produziert, also das genaue Gegenteil von "Skalenwichserei", aber ein Funke ist bei mir überhaupt nicht übergesprungen. Normalerweise warte ich bei einer Session mit Sax-Beteiligung sehnsüchtig auf das nächste Solo, gestern habe ich gedacht: Bitte, lass doch lieber den Gittaristen spielen!
    Gruß, Thomas
     
  6. the_ashbird

    the_ashbird Ist fast schon zuhause hier

    Anknüpfend an Montreals letzten Beitrag noch ein kleiner Anschupser bzgl. wenige Töne...

    Wenns stilistisch passt, kann mit wenigen Tönen ein schönes Solo produziert werden, keine Frage...gibt ja auch genügend hervorragende Beispiele dafür.

    Nur: werden euch solche Soli bei mehrfachem Anhören nicht auch irgendwann fade?!
    Ich hab mich bspw. von Davis' Kind Of Blue - das mE mit zu den gelungensten Alben überhaupt zählt - irgendwie abgehört. Ich hab mir das Album wohl in zu kurzer Zeit zu oft angehört und jetzt hat es irgendwie etwas verloren, da ich alle Linien genau im Ohr habe.

    Hingegen kann ich mir bspw. Brecker's Solo über Delta City Blues auch 200 mal anhören und entdecke jedes mal aufs Neue Kleinigkeiten, die bei den vorangegegangenen 199 Malen nicht aufgefallen sind...und alleine dadurch gewinnt für mich solch ein Solo eindeutig an Reiz!

    LG Phi
     
  7. Gast

    Gast Guest

    Für mich ist der überaus erfolgreiche Jan Garbarek so ein Fall. Ich höre bei ihm nur noch überwiegend seichte Phrasen in D-moll bis zum Überdruss.

    Gruß, Herman
     
  8. Rick

    Rick Experte

    Hallo Herman,

    da bin ich aber beruhigt, dass das nicht nur mir so geht! :-D
     
  9. mixokreuzneun

    mixokreuzneun Ist fast schon zuhause hier

    hallo herman, hallo rick,

    schliesse mich an.

    eine aussnahme: habe neulich eine dvd entdeckt, aus den 70èrn, aufnahme mit keith jarrett und jan garbarek: der war echt mal brilliant, der jan!!!!!:)))

    grüsse

    andi
     
  10. Gast

    Gast Guest

    War er wirklich - ich habe eigentlich alles gehört und gemocht, was er früher so gemacht hat.

    Aber diese modische Psychomucke für Hessnaturmuttis hat ihn wohl erst reich gemacht.

    Gruß, Herman
     
  11. mixokreuzneun

    mixokreuzneun Ist fast schon zuhause hier

    @ herman:

    schön beschrieben, bei mir lief das immer unter sacro-soft-jazz :))))


    gruss

    andi
     
  12. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Reicht auch, wenn Du schreibst, dass Dir Garbarek nicht mehr gefällt, oder?

     
  13. Gast

    Gast Guest

    Natürlich hätte es gereicht - ich hätte ihn auch garnicht zu erwähnen brauchen. Ich hätte ahnen können/müssen, dass Garbarekbashing nicht bei allen gut ankommt :-?

    Aber nun steht es da doppelt, weil du es nochmal kopiert hast. :-x

    Der eine mag eben furztrockene Ja-Nein-Aussagen und der andere liebt es etwas bildreicher.

    Herman
     
  14. Rick

    Rick Experte

    Ach Leute, Garbarek-Bashing, Brecker-Bashing - das sind Weltstars, deren Arbeit darf man auch mal blumig beschreiben, finde ich; ich persönlich kann jedenfalls mit Ausdrücken wie "modische Psychomucke" oder "Sacro-Soft-Jazz" mehr anfangen als mit dem neutralen "gefällt mir nicht mehr". ;-)

    Und wenn sich jemand durch "Hessnaturmutti" getroffen fühlt, kann er/sie das ja vielleicht zum Anlass nehmen, um seinen/ihren Standpunkt darzulegen.

    Die Musik, auf die ich stehe, ist auch schon oft geschmäht worden, dummerweise wurde ich nämlich als Jazz-Fan in den 70er Jahren groß, da musste man sich von seinen Rock-konsumierenden Klassenkameraden schon mal den einen oder anderen verständnislos-spöttischen Kommentar anhören... :roll:

    Aber die Auseinandersetzungen haben uns allen im Endeffekt eine Menge gebracht - ich habe Rock besser zu verstehen gelernt, einige meiner damaligen Kontrahenten sind inzwischen hartgesottene Jazzfans geworden! :-D


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  15. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Hallo Herman,

    ich habe nur mein Missfallen zum Ausdruck gebracht. Für die, die es etwas bildreicher mögen, würde ich Deine Aussage als beleidigend, diskriminierend und niveauslos bezeichnen.

    Andere dürfen sich gerne damit identifizieren.

    Schönen Abend!

    Chris
     
  16. Rick

    Rick Experte

    Hm, "niveaulos" wirkt auf mich plump beleidigend, während "modische Psychomucke" hingegen provokativen Witz verrät, finde ich.

    Und über "Hessnaturmutti" könnte man sogar einen ganzen Abend lang meditieren, wenn man wollte, das ist alles andere als niveaulos! ;-)
     
  17. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem

    Über Reflexe lässt sich auch gut meditieren...
     
  18. reiko

    reiko Strebt nach Höherem

    Also ich finde es schon erschreckend, dass gerade zwei Saxophisten, die ich sehr schätze so abschätzig auf Gabarek rumhauen, den ich sehr mag, ja ihr lest richtig, ich steh auf sacro-soft jazz und auf Hessnaturmuttisound. Musik ist nicht nur brachiale Virtuosität sondern da gibt es auch noch so was wie Ästhetik, die sich sehr oft gerade im puristischen, einfachen findet.
    Gut, wenn man heftig diskutiert darfs auch mal derb werden sonst bezieht man ja keine Position. Ich habe es bei anderen Leuten auch schon andersrum gehört: Auf der letzten Jam Session waren Blues Musiker, die einen sehr ehrlichen einfachen Blues spielen. Ich bin, weil ich das mag, mit sehr einfachen wenigen langsam gespielten Tönen eingestiegen, mit viel Gefühl und Spannung. Der Bassist sagte anschliessend mit einem Schulterklopfer zu mir: "Mann ich hatte schon Angst, als ich das Sax gesehen habe, dass da so ein Jazzwichser daher kommt, aber was Du da machst hat Gefühl! Gerne wieder."
    Ich habe das so verstanden, dass er das arrogante Skalennudeln studierter Jazzer eben satt hat.
     
  19. Rick

    Rick Experte

    Hallo Reiko!

    Schade, dass es offenbar so aggressiv rübergekommen ist - ich wollte nicht auf Herrn Garbarek "rumhauen", er hat auch viele tolle Sachen in seinem Leben gemacht, die mir richtig gut gefallen, doch manche, besonders neuere Produktionen langweilen mich geradezu erschreckend. :-(

    Darum ging's ja in der Diskussion.
    Ist Ästhetik immer einfach, ist das Einfache grundsätzlich besser als das Schnellere, Komplexere? :roll:

    Siehste, jetzt haste schon die andere Seite "beleidigt" mit Ausdrücken wie "Jazzwichser" und "Skalennudeln" - aber keine Sorge, ich halte das aus! :-D

    Nightwatchman hat gestern zu Recht angemerkt, dass es eben mehrere Methoden, "Sprachen" gibt, um sich auszudrücken; jedem das Seine, je nach Temperament und Stimmung.

    Schnell, langsam, "luftig" oder "dicht" sind allesamt Ausdrucksmittel, die man gezielt einsetzen sollte, finde ich.
    Lästig wird es für mich immer dann, wenn jemand NUR eine Richtung bevorzugt, also ausschließlich langsam oder schnell spielt.

    Zum Beispiel die Platte "Blue Trane" von John Coltrane - da wird in JEDEM Stück schnell gespielt, und sind es Balladen, wird sofort in Double Time gegangen - auf Dauer nervtötend für mich! :evil:

    Hingegen kann man sich eine ruhige Platte mit relaxtem Cool Jazz stundenlang anhören, so etwas entspannt und unterstreicht eine angenehme Atmosphäre, das gebe ich offen zu.

    Aber wenn die Musik ALLZU schlicht wird, kann sie mich auch nerven, enfach durch intellektuelle Unterforderung.
    Dann fühle ich mich, als müsste ich Tele-Tubbies kucken! :-o

    Maßgeblich ist aber, ob mir der Musiker etwas zu sagen hat, ob er mich erreicht, und das ist wiederum eine rein subjektive Angelegenheit.

    Es muss ja nun mal nicht jeder alles können oder jedem alles gefallen, stimmt's? ;-)


    Versöhnliche Grüße,
    Rick
     
  20. Gast

    Gast Guest

    Manno! Fettnäpfchenabend oder was?!

    Weder ich noch die anderen haben auf Garbarek "rumgehauen" - es waren humorvoll-ironische Beschreibungen dessen, was sich bei Garbarek zu seinen ersten Jahrzehnten als Saxophonist geändert hat und was wir nicht mögen.

    Eine seeehr liebe Freundin (deutlich über 50, Hessnaturkundin, glühende Jan Garbarek-Verehrerin) hat übrigens den Begriff "Hessnaturmutti" geprägt - Selbstironie ist eben eine wunderbare Eigenschaft.

    Gruß, Herman
     
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