Wie lernt man am besten die Jazz Charakteristik beim spielen?

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von saxbasti, 7.Januar.2020.

  1. JES

    JES Gehört zum Inventar

    @Jazzica,
    Transcribieren finde ich am Anfang gut, wenn es um genaues Hören geht und um das erkennen fehlender spieltechnik. Aber, die Gefahr, die ich sehe, ist die zu starke Bindung an geschriebene Noten. Ich komme von der Klarinette, klassische Ausbildung, dann Bläsertruppe bis dann Saxophon. Alle wollten Noten. Das Ergebnis ist, dass bei mir so eine Art Blockade einsetzt, wenn die Noten mal fehlen. Das Nachspielen von Melodien ist da noch einfach, aber komplett frei nur zu irgend welchen akkordfolgen geht nicht. O"Neil Jazzmethode ist dafür ein Einstieg, wo dies aber von Anfang an gefordert wird. Wenn ich dann auf Methoden zurückgreifen kann, die ich mal gehört und analysiert habe, hilft mir das.
     
  2. saxbasti

    saxbasti Kann einfach nicht wegbleiben

    Man soviele verschiedene Meinungen und Vorschläge finde ich echt toll Danke. :)
    Ich gebe euch Recht, natürlich muss ich noch viel in der Klassischen Saxophon Ausbildung lernen und auch mal im Orchester spielen, keine Frage.
    Was mich halt Momentan beschäftigt ist um so mehr ich in die Thematik des Notenlesens und Techniken eintauche um so mehr möchte ich wissen wie Jazz oder Swing funktioniert. In erster Linie geht es mir noch nicht mal ums spielen direkt sondern darum das ich es einfach verstehen kann und auch weiß worauf es ankommt. Hört sich blöde an aber ich bin ein Mensch der sich gerne mit Sachen beschäftigt die er noch nicht greifen oder verstehen kann und wenn es dann soweit ist, ist es Ok und ich suche mir wieder ein neues Thema. Nervt mich selber :)
    Trotzdem Danke für eure Tipps.
    Ich übe auf jedenfall weiter, das ich irgend wann auch mal in einer Band spielen kann, da hab ich total Bock drauf.

    Gruß Basti
     
  3. Jazzica

    Jazzica Ist fast schon zuhause hier

    @JES
    Das ist natürlich ein guter Punkt, der auf viele Musiker zutrifft. Ich selbst spiele bevorzugt nach Gehör und Fingersatz und nehme Noten nur als „Krücke“, um Stücke zu lernen, die ich noch nicht kenne. Sobald ich mit einem Stück halbwegs vertraut bin, „lese“ ich die Noten nicht mehr, sondern nehme sie nur noch als Gedächtnisstütze. Daher kann ich Transkriptionen ganz gut auswendig lernen und spielen. Sobald ich eine Transkription auswendig kann, kann ich mich vollständig auf‘s Hören und Nachahmen konzentrieren.
    Eine Freundin von mir, die aufgrund ihrer musikalischen Biographie auch sehr auf Noten fixiert ist, hat gute Erfahrungen damit gemacht, einfach Teile von ihren Transkriptionen auswendig zu lernen und zum Original zu spielen. Ich denke, das Ziel muss sein, beim Üben von Phrasierung und Jazz-Stilistik von den Noten wegzukommen, weil das Lesen vom Hören und Spielen ablenkt und weil man eigene Ideen nur ausdrücken kann, wenn man von Noten unabhängig ist. Wenn jemand sehr auf Noten fixiert ist, wird er sich wahrscheinlich etwas „verloren“ fühlen, wenn keine da sind, aber ich glaube, es lohnt sich, ins kalte Wasser zu springen und es einfach mal auszuprobieren. Das Auswendig-Lernen von transkribiertem Material kann ein guter Anfang sein, weil man sich dadurch schon gleich stilistisch korrekte Phrasen aneignet.

    Viele Grüße von
    Jazzica
     
  4. bthebob

    bthebob Strebt nach Höherem

    @saxbasti, die Ratschläge klingen zum Teil doch sehr theoretisch. Da kann man ja richtig Angst kriegen
    vor'm Jazz :)
    Spielste einfach mal die Bebop-Tonleiter. Ist ein Ton mehr als im "normalen Dur" (der Ton heisst b7)
    Richtig betont, klingt es dann gleich nach Jazz.
    z.B. in C-Dur: C D E F G A Bb B C
    (B = dt. H)
     
    47tmb und saxbasti gefällt das.
  5. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Hi Basti,
    Schau dir den O"Neil einfach mal an, den ersten Band. Ich finde den für den Anfang nicht schlecht, erklärt er doch die Basics und liefert gleich Songs zu umsetzen.
    Danach würde ich mir ein Buch über Harmonielehre suchen, nur nicht zu kompliziert. Ev. dazu ein übungsbuch mit typischen jazzfiguren, licks o.ä., damit du das handwerkszeug in die Finger kriegst.
    Damit kannst du, wie Jazzica beschrieben, transcribieren. Also aufschreiben, was du hörst. Wenn Schreiben nicht so deines ist, mir helfen diese call Response Sachen sehr, also der Lehrer spielt Figuren vor und du versuchst die nachzuspielen, erst in der originaltonart, dann in einer anderen. Parallel, hören, hören und noch mal hören. Es gibt Software, mit der du Stücke verlangsamt hören kannst. Wenn du kannst, spiel das mit und nimm dich dabei auf.
    Für mich geht Jazz nur mit Schwerpunkt Hören, andere pauken die Theorien. Mich hemmt das mehr, da ich dauernd im Kopf habe was ich alles beachten muss. Jazz ist wie eine Fremdsprache lernen, ja man braucht Grammatik, Wörter und aussprache sind aber auch wichtig. Man versteht dich aber, wenn die Grammatik nicht ganz korrekt ist.
     
    Jazzica gefällt das.
  6. ppue

    ppue Mod Experte

    Die Akkorde werden erweitert, z.B. mit Septime oder None. Noch wichtiger ist aber die Rhythmusauffassung.

    Eine Achtelkette wird im Swing in moderaten Tempo triolisch gespielt. Wie man da hin kommt, zeigen die Noten:


    upload_2020-1-8_23-14-49.png

    Zeile zwei teilt die Noten triolisch im Verhäjltnis 2 zu 1 auf.
    In Zeile drei werden die doppelten Noten zusammen gebunden.
    Zeile vier ist nur eine andere Schreibweise für die Noten in Zeile drei.
    In Zeile fünf stehen nun Betonungszeichen. Und zwar jeweils auf dem "Off-Beat". War es bis hierher alles einfach, sollte man für diese letzte Zeile ein paar Wochen oder Monate einplanen. Das geht nämlich völlig gegen unser abendländisches Rhythmusgefühl, welches gewohnt ist, die volle Zählzeit zu betonen und die "Und" weniger zu betonen.

    In der Praxis hört man diese Betonungen oft gar nicht. Es reicht, wenn der Musiker das Feeling dafür hat. Der Off-Beat ist also fast wichtiger als die "geraden" Zählzeiten, ein bewusstes Spannungselement des Jazz. Oft werden Noten nur von Off zu Off gespielt:

    upload_2020-1-8_23-28-19.png
    Zeile eins ist das, was man spielt, Zeile zwei das, was in den Noten steht.
     
    Zuletzt bearbeitet: 8.Januar.2020
  7. JES

    JES Gehört zum Inventar

    Das war jetzt mal eine Regel. Die muss man verstanden haben und umsetzen können. Stichwort Handwerkszeug.
    Die Lektion für fortgeschrittene ist, gezielt von dieser Regel abzuweichen. Dafür muss man aber verstanden haben, und sei es durch probieren, was das für Konsequenzen hat für das Stück und auf den Zuhörer.
    Wenn du dauerhaft abweicht änderst du das Stück von Swing in bspw Marschmusik, wenn du nur an bestimmten Stellen abweicht, erzeugt du Unstimmigkeiten im Stil, die einen positiven oder negativen Effekt haben können.
    M. E. kann dir sowas kaum jemand beibringen. Das musst du ausprobieren, mit anderen diskutieren, verändern etc. bis das du ein Ergebnis hast, das passt. Und wenn es nur die Erkenntnis ist, daß die Idee sch... war
     
    Rick gefällt das.
  8. Otfried

    Otfried Gehört zum Inventar

    @ppue
    sehr schön dargestellt :)

    Aber am Ende spielt man doch weniger in Triolen, manche sogar völlig gerade und es klingt doch nach Jazz.

    Das wichtigste ist die in deiner letzten Zeile angemerkte Off-beat-Phrasierung. Ob gerade oder triolisch, diese sollte man ausgiebig üben, in jedem Tempo. Das ist m.E. das fundamentale Rüstzeug für jazziges Spielen.

    Gruß,
    Otfried
     
    saxbasti gefällt das.
  9. Florentin

    Florentin Strebt nach Höherem

    Oh, sorry, da habe ich Rizzo mit Lipsius verwechselt! Ich finde Niehaus besser als Lipsius, Rizzo hat sehr viele gute Erklärungen und die zweistimmigen Etüden machen Spass. Danach oder parallel dazu Niehaus (Band 1 ist ja sehr einfach) wäre sehr empfehlenswert.
     
    Rick und GelöschtesMitglied11524 gefällt das.
  10. Gelöschtes Mitglied 13399

    Gelöschtes Mitglied 13399 Guest


    Ich kann es zwar auch nicht, aber ich glaube zu wissen, wie man es können könnte:

    Chromatic Approaches
    (Ob das jetzt ein Fachausdruck ist, weiß ich nicht, ich nenne es nur so) Chord Imposing
    Tension Notes
    Unterschiede der Skalen hervorheben (,,Leap On The Chord Change“)
    Und natürlich Jazz-Phrasierung und Artikulation


    Das fällt mir so spontan dazu ein.
     
  11. saxbasti

    saxbasti Kann einfach nicht wegbleiben

    Welchen Niehaus meinst du Basic Jazz Conception 1?
     
  12. ppue

    ppue Mod Experte

    Toll, damit könntest du sogar einen Computer füttern. Jazz wird daraus aber nicht entstehen.

    Da fehlt eigentlich das Wesentliche, nämlich Feeling und ein wie auch immer geartetes Studium zum Verständnis und der Historie des Jazz.
     
    Rick und Gelöschtes Mitglied 13399 gefällt das.
  13. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    @Florentin meinte fälschlicherweise, es gäbe 3 Bände.
    Außer den Duetten gibt es aber 4. Basic 1, 2, Intermediate und Advanced.
    Basic 1 ist der rote Band, 2 der mit der schönen Handschrift, die meine Schüler so lieben.

    Bildschirmfoto 2020-01-09 um 14.57.10.png
     
    Florentin gefällt das.
  14. GelöschtesMitglied4288

    GelöschtesMitglied4288 Guest

  15. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    da erkennt man auf Sessions, wer zusammen(!) musiziert und wer lediglich "sein DIng" macht.
     
  16. saxbasti

    saxbasti Kann einfach nicht wegbleiben

    @jazzwoman

    Aber für Tenor bräuchte man doch eher das Heft für Bb das blaue oder?
    Ist das Heft für jemanden geeignet der sein Instrument lernt?
     
  17. GelöschtesMitglied4288

    GelöschtesMitglied4288 Guest

    Ja, das Bb-Heft. Wie lange spielst du denn schon? Ich mache das u.a.auch mit meiner jüngsten Schülerin. Die spielt jetzt seit 3 Jahren etwa, ist aber auch gut dabei...
     
  18. saxbasti

    saxbasti Kann einfach nicht wegbleiben

    @jazzwoman
    Na dann sind deine Jüngsten schon sehr weit, ich bin jetzt fast ein halbes Jahr dran. Spiele jetzt in einem kleinem Orchester für Anfänger. Aber mich interessiert das Thema und ich probiere neben meinem Unterricht auch gerne was anderes aus.
     
  19. peterwespi

    peterwespi Ist fast schon zuhause hier

    Für Swing-Phrasierung das hier mal checken - vielleicht hilft's...
     
    Saxophonia und Pil gefällt das.
  20. GelöschtesMitglied4288

    GelöschtesMitglied4288 Guest

    ein halbes Jahr Spielpraxis? Dann wäre das noch etwas zu schwer. Kommt natürlich immer drauf an, aber es geht ja vornehmlich darum, sich die Soli herauszuhören und da sollten es schon 2-3 Jahre sein, unter Umständen geht es aber auch erst nach 10 Jahren... Schwer aus der Ferne zu beurteilen.
     
  1. Diese Seite verwendet Cookies, um Inhalte zu personalisieren, diese deiner Erfahrung anzupassen und dich nach der Registrierung angemeldet zu halten.
    Wenn du dich weiterhin auf dieser Seite aufhältst, akzeptierst du unseren Einsatz von Cookies.
    Information ausblenden