Wie wichtig ist der Zungenstoß?

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von Hoppii, 28.April.2020.

  1. Hoppii

    Hoppii Schaut öfter mal vorbei

    Hallo zusammen,

    ich spiele nun schon etwas länger Saxophon, gehöre aber zu denjenigen, die erst nach 2-3 Jahren Spielpraxis angefangen haben, die Töne mit der Zunge anzustoßen. Mein damaliger Lehrer, sowie der Dirigent unseres Musikvereins haben mich stetig darauf hingewiesen, dass ich doch bitte die Töne anstoßen soll.

    Mittlerweile gehört der Zungenstoß natürlich zur Normalität, wobei ich mich doch öfter dabei erwische, aus Faulheit einige Noten nicht anzustoßen, obwohl kein Bindebogen drüber steht. Manchmal habe ich sogar das Gefühl, dass gerade schnelle Passagen deutlich angenehmer zu spielen sind, wenn ich sie binde, obwohl ich sie laut Noten anstoßen sollte. Aktuell übe ich z.B. Yakety Sax und stoße mir hier teilweise einen ab. Hier muss ja fast jede Note angestoßen werden, nur wenn ich das tue, werde ich zu langsam, um das Stück annährend in Originalgeschwindigkeit zu spielen. Ich würde mich auch nicht zu den langsamsten Spielern zählen, aber hier kommt meine Zungenmuskulatur einfach an eine Grenze, die ich super schwer überwinden kann bzw. nicht glaube, dass ich jemals so schnell anstoßen könnte.


    Wie würdet Ihr hier vorgehen oder wie geht Ihr allgemein vor, wenn ihr sehr schnelle Passagen anstoßen müsst? Es gibt natürlich Techniken wie double tonguing oder die Jazz-Phrasierung, die einem, wenn man es beherrscht das Leben einfacher machen, aber ersteres ist schwer zu erlernen und letzteres ist je nach Genre nicht immer gewollt.

    Was ist also die Lösung: Üben bis single tonguing schnell genug ist, tricksen durch eine Jazz-Phrasierung, auf double tonguing umstellen oder einfach alles überbinden?

    Ich habe sogar mal gehört, dass es Profisaxophonist geben soll, die einem komplett vom Zungenstoß abraten, was ich mir aber tatsächlich schwer vorstellen kann..
     
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  2. Rubax

    Rubax Strebt nach Höherem

    Ohne Anstoßen wirds auf die Dauer einfach ein bisserl fad, das andere Extrem - jeden Ton anzustoßen - ist genau so schlimm.

    Ich denke das böse Ü-Wort ist wieder der Geheimtipp...

    Es gibt übrigens auch noch den Ton abstoppen...

    Mein Lehrer hatte mir mal mitgegeben beim Einspielen vor meinen Übesessions anstatt nur Longtones zu spielen jeden Ton auch Tenuto und Stakkato zu spielen, und zwar alle Töne.
     
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  3. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Yakety Sax ist m.E. ein gutes Stück zum Üben und ein guter Maßstab. Wenn du die Achtelgruppen angestoßen spielen kannst, bist du schon ganz gut.
     
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  4. Livia

    Livia Ist fast schon zuhause hier

    Zungenstoß ist nicht gleich Zungenstoß, aber meiner Meinung nach immer notwendig außer in seltenen Fällen, wo der Ton beispielsweise aus dem "Nichts" (ganz leise) kommen soll.
    Die Frage ist, ob du ideal anstößt, um ein gewisses Tempo zu erreichen.
    Es gibt zwei Techniken, die beide gelehrt werden:
    1. Mit der Zungenspitze unterhalb der Blattspitze anstoßen.
    2. Mit dem Zungenrücken unterhalb der Blattspitze anstoßen.
    Meiner Erfahrung nach ist die erste Methode besser für schnelle Repetitionen - ich habe selber von Nr 2 zu Nr 1 umgelernt, weil meine Zunge zu langsam war.
    Und natürlich ist es wichtig, Sauberkeit und Tempo auch zu üben. Zum Beispiel mit Metronom folgende Übung jeweils auf jedem Ton der Tonleiter: halbe Note, 8 Sechzehntel - mehrmals hintereinander. Anfangen kannst du mit Tempo 60 und dann steigern - es sollte bis mindestens 108 gehen, gut wäre 120.
    Wenn es dann nicht mehr schneller geht und deine Zungentechnik sauber ist, kannst du über weitere Techniken wie Doppelzunge nachdenken.
     
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  5. Hoppii

    Hoppii Schaut öfter mal vorbei

    @Livia Ich gehöre auch zu Typ 1, was die Zungenstoßtechnik anbelangt, jedoch scheiden sich hier ebenfalls die Geister. Glaubt man dem Saxophonisten Scott Paddock ist Nr. 1 überhaupt nicht für schnelles Spielen geeignet.
    Tonleitern als Sechzehntel in schnellem Tempo hoch und runter zu spielen ist aber deutlich einfacher, als dies in einem Stück wie Yakety Sax zu tun. Aber das liegt wohl vor allem in dem Zusammenspiel zwischen Stoßen und Greifen der Töne.
     
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  6. gaga

    gaga Gehört zum Inventar

    Das ist der Kasus Knacktus. Spiel mal langsam nur die ersten beiden Takte von YS als Schlaufe: Je 2 Viertel und dann je 4 Achtel - alles gestoßen und sehr gleichmäßig.
     
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  7. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Das "immer" möchte ich anzweifeln
    weil:
    Cheerio
    tmb
     
  8. Livia

    Livia Ist fast schon zuhause hier

    Natürlich nur die Töne, die nicht gebunden notiert sind oder in Swing-Phrasierung gespielt werden...
    Nur den Ton ohne Zunge "anstoßen" würde ich vermeiden.
     
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  9. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    Das ist ein interessantes Thema. Und es wird ein Unterschied sein, je nachdem wie es mit Kiefer, Zunge, Zähnen beim Spieler aussieht.

    Das Grundproblem allerdings liegt IMHO im Wort "Zungenstoß" selbst.
    Das impliziert etwas, was so nicht zutrifft. Eigentlich müsste man "Zungenzug" sagen. Das Wort "Attack" im Englischen ist irgendwie noch süßer.
    Je früher man das checkt, dass die Zunge vom Blatt abgezogen wird, und nicht draufstößt, damit der Ton kommt (das ist schon bei den Kleinen total in der Birne drin, liegt vielleicht an der Haptik), desto schneller wird man. Und erliegt nicht der irrigen Ansicht, dass es (nur) um Geschwindigkeitkeit des Zungenmuskels geht, sondern in einem geschickten Aufrechterhalten und möglichst nicht stören des Luftstromes.
    Da spielt natürlich auch die Auffassung von Stütze rein..
    Ach was.
     
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  10. ppue

    ppue Experte

    Eine Einteilung, die ich nicht ganz teile. Es liegt sehr stark an der Eigenwahrnehmung, will ich beschreiben, wie ich, oder natürlich "wie man am Besten" die Töne anstößt.
    Die erste Methode verstehe ich so, dass ich die Zungenspitze von unten an die Blattspitze führe. Der Rest der Zunge bliebe unten.
    Methode zwei: der Zungenrücken wird insgesamt angehoben und die Zunge trifft nicht mehr mit der Spitze ans Blatt.

    Bei mir ist das ganz einfach dazwischen: Ich komme nicht mit der Spitze alleine von unten, denn dann wäre ich tatsächlich zu langsam. Ich berühre (beim Alto) das Blatt mit den ersten fünf Millimetern der vorderen Zunge und ihr Rücken macht die Bewegung mit. Ich bekomme das all so nicht zwischen 1. und 2. auseinander dividiert.

    Allgemein ist zu sagen, dass Noten eine Art Erinnerungszeichen darstellen, ein Bindebogen oder kein Bindebogen keine Vorschrift sind. Es gibt keine Phrasierungspolizei.

    Das Original Yakkety Sax ist extrem zickig und tatsächlich mit einem schnellen Staccato. Das muss aber nicht sein:



    Es geht also auch so und grooven tut es vielleicht noch mehr. Bindet man hier die eine oder andere Sechszehntel, so ist nur drauf zu achten, dass man die Noten Offbeat phrasiert. Im konkreten Fall böte sich z.B. an, von der 2e+e auf die 3 zu binden und von der 4e+e auf die nächste 1. Wenn man nicht unentwegt alles anstoßen mus, geht es z.B. mit drei Tönen hintereinander schneller, weil die Zunge nicht verkrampft.
    Ich spreche hier von den Sechszehnteln, weiß aber nicht, ob das Stück nicht anders notiert ist. Dann müsste man das auf Achtel übertragen und es wäre dann die Bindung jeweils von der 4+ auf die 1.
     
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  11. ppue

    ppue Experte

    Serviervorschlag:

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  12. Livia

    Livia Ist fast schon zuhause hier

    Ja, den Rücken würde ich genauso mitbewegen, wie du es beschreibst. Das andere wäre eher eine Verrenkung.

    Das kommt natürlich auf die Stilrichtung an.
     
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  13. TycOoN

    TycOoN Ist fast schon zuhause hier

    naja du solltest schon die Töne stoßen die zu stoßen sind. Alles Binden macht es doch nur zu einem rießen Brei ohne irgendwelche schönen akzente.
    Mir kommt gerade die Titelmusik von Fluch der Karibik in den Kopf. Wenn man hier nur Bindet wirkt es ja absolut gar nicht.


    Yakety Sax ist nicht einfach, wenns zu schwer ist derzeit alles zu Stoßen wie es soll spiel es doch einfach langsamer. Du scheinst noch nicht so weit zu sein.
    Das Zusammenspiel von Greifen/Stoßen und Pusten muss auch geübt werden.
    Hierzu gibt es viele übungen die das Zusammenspiel trainieren.
     
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  14. TycOoN

    TycOoN Ist fast schon zuhause hier

    stimme ich dir zu:

    In meiner Blaskapelle würde man nach der ersten Probe wieder heim gehen können. Phrasierungen in Gruppen sollten einheitlich laufen. Wenn man alleine spielt ists was anderes
     
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  15. quax

    quax Gehört zum Inventar

    Ei wenn ich nicht aufpasse, kommt der Mann von seinem Pult runter und schlägt mich mit seinem Stöckchen :))
     
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  16. Hoppii

    Hoppii Schaut öfter mal vorbei

    @TycOoN langsam + gestoßen und gebunden + schnell klappt. Nur schnell und sauber gestoßen (so wie im original) funktioniert nicht. Ist ja auch klar, da dies die schwierigste Aufgabe ist. Ein Mittelding aus gestoßen und gebunden wäre denkbar, wobei das von den Noten her nicht gewollt ist.

    Ich muss also mein single tonguing (egal ob nun Nr.1 oder Nr. 2, da subjektiv) verbessern und anschließend in mein Greifen umsetzen. Vermutlich ist es so wie @Ton Scott beschrieben hat: Ich versteife mich zu sehr darauf, dass meine Zunge möglichst schnell gegen das Blatt stößt und wieder weggenommen wird. Ich frage mich nur, inwieweit ich die Erkenntnis, dass die Zunge die Schwingungen des Blattes freigeben anstatt unterbrechen soll (ich hoffe, dass war der Kern der Aussage), in die Praxis umsetzen kann. Eventuell muss ich mich auch von der Vorstellung lösen, ein sauberes "TA" zu erzeugen und in ein subtiles "DA" umwandeln, damit nicht zu viel Zeit verloren geht, wobei hier schwierig werden könnte, dass es sauber und nicht schwammig klingt. Will also sagen, dass ich vielleicht zu viel Zeit mit dem erzeugen des Tones vergeude. Ist auf jeden Fall ein interessanter Ansatz, wenn ich hier nicht total falsch abgebogen sein sollte..
     
  17. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Moin!

    Wer des Angelsächsischen hinrecihtnd mächtig ist, für den könnte das Video interessant sein:



    Grüße
    Roland
     
  18. GelöschtesMitglied11524

    GelöschtesMitglied11524 Guest

    In der Tat.
    In der Popularmusik ist da viel einem selbst überlassen.
    Klar ist es im Satz auch wieder anders, aber in solistischer Interpretation gibt es sicher mehr Freiheiten.

    Im Übrigen ändert sich die Zungenstellung, der Punkt wo das Blatt berührt wird auch mit dem Register, in dem man grade spielt.

    Dreh es übungsweise um.
    Spiel Töne oder Phrasenanfänge mit Air Stream Release, also ohne Zunge. Stoppe den Ton (die Schwingungen des Blattes) so wie es Dir gefällt (ohne an der Luft was zu ändern, blas also weiter), dann verwende die Zunge erst für die nächsten Töne.
    Also wenn Du so willst statt "ta-ta-ta" "ha-t----a-t----a-ta".
    Die Gedankenstriche sind Absicht, damit Du die Luft spürst.

    Cheers, Ton
     
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  19. Livia

    Livia Ist fast schon zuhause hier

    Ist das bei dir so? Wie genau verändert du den Punkt am Blatt?
    Meine Zielpunkt am Blatt bleibt gleich, habe ich gerade nochmal überprüft.
     
  20. Hoppii

    Hoppii Schaut öfter mal vorbei

    @Ton Scott Wenn ich es trocken übe ohne Instrumente merke ich erst einmal keinen Unterschied, da die Luft auch beim "ta-ta-ta" normal weiter fließt. Ich probiere es aber nachher auch einmal Instrument..
     
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