Wozu denn den Theoriekram???....

Dieses Thema im Forum "Saxophon spielen" wurde erstellt von 47tmb, 12.Juni.2013.

  1. Claus_6

    Claus_6 Ist fast schon zuhause hier

    Auch der Begriff "Wunderkind" kommt dann etwas missverständlich rüber. Wenn Stan Getz das tatsächlich so gemacht hat, kommt das dem Begriff doch schon sehr nahe. Denn sooo viele die ohne (gelernte) Theorie etwas nahezu perfekt können, egal in welchem Bereich, gibt es nicht.
     
  2. ppue

    ppue Mod Experte

    Ich höre die Leitern, die ich in einer Improvisation brauche, tausend mal schneller, als dass ich sagen könnte, welche das ist. Ich arbeite da fast ausschließlich mit den Ohren.

    Das Studium der Theorie aber hat erheblich dazu beigetragen, dass ich die Leitern überhaupt höre, sehe und fühle. Außerdem: wenn man mal die Angst überwunden hat, ist Musiktheorie einfach ein total spannendes Gebiet, wie ich finde.

    Das Lernen habe ich nie als statisch empfunden. Bei mir wechselten immer Phasen reinen Spielens, des Übens und des Umgangs mit der Theorie. Deshalb könnte ich auch nicht sagen, welchen Anteil was beim täglichen Umgang mit dem Instrument haben sollte.
     
  3. Juju

    Juju Strebt nach Höherem

    Ja, bei Standards komme ich in der Tat gut klar, weil ich die "üblichen" Chord Progressions gut über's Ohr abgespeichert habe, da brauch ich kaum im Vorwege was analysieren, das höre ich auch so. Aber schwierig finde ich es bei Stücken wie z.B. Lazy Bird oder Giant Steps. Da muss ich mir das Stück wirklich sequenzweise und superlangsam vornehmen und "klebe" irgendwie völlig an den Changes. Mir fällt es total schwer, da musikalisch drüber zu spielen. Und wenn dann noch irgendeine "Odd time signature" dazukommt, ächz...

    LG Juju
     
  4. Gelöschtes Mitglied 5328

    Gelöschtes Mitglied 5328 Guest

    Hi Juju,

    "Ja, bei Standards komme ich in der Tat gut klar, weil ich die "üblichen" Chord Progressions gut über's Ohr abgespeichert habe, da brauch ich kaum im Vorwege was analysieren"

    Logisch, die hast Du ja auch viel häufiger gespielt und damit verinnerlicht.

    "Da muss ich mir das Stück wirklich sequenzweise und superlangsam vornehmen und "klebe" irgendwie völlig an den Changes"

    Ist für Dich nicht so gängig, entspricht nicht den verinnerlichten Mustern. Klar,
    dass Du dann mehr Zeit brauchst.

    Unsereins wird das wahrscheinlich immer so machen müssen, weil wir nicht
    früh genug angefangen haben. S. meinen Beitrag weiter oben.

    CzG

    Dreas

     
  5. bluefrog

    bluefrog Strebt nach Höherem

    BTW: Das ist ein supergutes Training gegen Altersdemenz. :)

    Grüße, Blaufrosch
     
  6. saxhornet

    saxhornet Experte

    Wie Andreas daß schon gesagt hat. Man kommt immer besser damit klar, was man vom Schwerpunkt mehr ausgecheckt hat. Hat man sich genug mit moderneren Songs auseinandergesetzt geht auch das besser, ist aber natürlich auch eine Heidenarbeit und gerade die moderne Harmonik ist deutlich schwieriger zu verstehen. Ich kenne einige Jungs, die spielen primär ungerade Taktarten, die haben dann wieder mal mehr zu kämpfen mit einem straighten Standard. Alles eine Frage der Gewöhnung und der Übung. Je mehr unser Hirn an verschiedenen Dingen lernt, desto mehr ist vorhanden woran es neue Informationen mit verknüpfen kann und umso leichter fällt es einem. Übung macht den Meister und wenn man jetzt auch noch genug Zeit hätte......

    Lg Saxhornet
     
  7. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Giant Steps ist 'eigentlich' einfach, Du brauchst nur II-V-I in drei Tonarten, die jeweils eine grosse Terz entfernt sind, z.B. H-Dur, Eb-Dur, G-Dur.

    Wenn Du über II-V-I-Verbindungen improvisieren kannst, dann musst Du das in drei Tonarten machen, rechtzeitig umschalten, dann später Verbindungen finden.

    Das Tempo ist da hart, die Harmonik klingt ungewohnt, aber - s.o. - ist einfach zu erschlagen.

    Grüße
    Roland

     
  8. bluemike

    bluemike Ist fast schon zuhause hier

    Hi,

    mit Standard II V I Spiel wird man bei Giant Steps nicht wirklich weiter kommen. Dieser Ansatz scheitert zwingend bereits in den ersten zwei Takten. Die Akkordbewegungen sind eben nicht in der üblichen Funktionalität angeordnet.

    Man kann Brücken finden, aber, um dem Material gerecht zu werden, reicht dieser Ansatz nicht komplett aus. Man merkt vor allem beim Spielen selbst genau, ob man drauf liegt oder nicht. Das ist der entscheidende Punkt.
     
  9. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Moin!

    Hasse mich falsch verstanden. Das ganze Akkordmaterial dieses Standards stammt aus 3 II-V-I-Verbindungen. Die sind ein bischeb tricky angeordnet, aber
    - diese 9 Akkorde sind die, die vorkommen
    - man kann 2er oder 3er-Gruppen zusammenfassen, damit hat man weniger Skalenwechsel als Akkordwechesel:

    Hab' mal Wikipedia geplündert:
    1. Viertel:
    | BM7* D7 | GM7* Bb7 | EbM7* |
    5 Akkorde:
    I (B)
    V -> I (G)
    V -> I (Eb)
    2 Skalenwechsel

    2. Viertel:
    |Am7 D7 | GM7* Bb7 | EbM7* F#7 | BM7* |
    II - V - I (G)
    V - I (Eb)
    V - I ( B)
    7 Akkorde, 2 Skalenwechsel

    Dann kommt 4x II - V - I, jeweils große Terz nach oben, endent mit
    II - V => zur nächsten Runde

    Wenn man das letzte II - V dann mal auftaktig dem Anfang zuschlägt, habe wir die Symmetrie:
    2 * (II - V - I, V - I, V - I)
    4 * (II - V - I)

    Aber nein, da kommen kein II - V - I-Verbindungen vor, alles nur meine Einbildung ... :)

    Und ja, tricky ist's, wo man gute Übergänge finden muss zwischen den tonal nixht so verwandten tonalen Zentren ... das miente ich mit 'Übergänge finden'.


    Habe schon Stunden damit verbracht, schöne elgante Übergänge zu finden, wenn man einfach nur II - V - I wie im zweiten Teil nacheinander großterzig nach oben schiebt. Am Klavier merke ich mir immer, dass die neue II der nächsten tonalen Zentrums ein Tritonus über der I des alten war, also z.B. C-Dur => F#-Moll (um dann vie H7 auf E zu landen) ... ntürlich *diese* Übung in allen vier Tonarten ... mehr gibbet ja nich'.


    Und ich will ja nicht nur beim Spielen merken, ob ich drauf liege, sondern *vorher* wissen, wo ich hinsteuern muss. :)

    Grüße
    Roland
     
  10. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Cool!!!

    So kommen wir von meiner Anfangsaussage/-behauptung, dass essenteille Basics, wie

    ein wenig Quintenzirkel (2-4 Vorzeichen),
    einfache Akkorde,
    absolut basale Grundlagen des Tranponierens
    und so fort

    unser grundlegenes Handwerkszeug sind zu einer harmonischen Analyse von Giant Steps. (Mit der man aber ohne oben genanntes wenig anfangen kann)

    Von daher bleibe ich dabei :)

    Cheerio und besten Gruß und Dank
    tmb
     
  11. bluemike

    bluemike Ist fast schon zuhause hier

    Hi,

    natürlich verstehe ich den Gedanken, die Akkorde so anzuordnen. Und ich kenne die Changes und das Schema aus Erfahrung und die Theorie dazu ist allseits bekannt. Und wenn ich alles Tonmaterial taktübergreifend zusamenfasse, dann habe ich möglicherweise ein Konstrukt, das erklärt, wie Coltrane drauf gekommen ist.

    Aber

    bleibt immer noch die Tatsache, dass bereits während der ersten zwei Takte drei verschiedene Tonarten vorkommen, wenn man das isoliert betrachtet. Davon hängt eine noch über die Taktgrenze. Das muss man ausspielen, denn Beliebigkeit verzeiht das Stück nicht.

    Sag ich mal so :)
     
  12. lee

    lee Ist fast schon zuhause hier

    ja nu, lern den anfang des mittelteils von desafinado in allen tonarten-und du bist einen wichtigen schritt weiter.
     
  13. Roland

    Roland Strebt nach Höherem


    Jaja.

    Oder andershrum:
    Alle tonalen Schwerpunkte der kompletten Changes werden in den ersten zwei Takten vorgestellt.


    Oh ja, das stimmt. Und ich bin wieder fasziniert, wie unserer 1. Trompete in der Big Band auf der Probe mal eben ein schönes konstruktives Solo aus dem Hut zaubern kann. Der spielt ungefähr so lange Trompete wie ich Saxophon. Und ich kann das nicht ... naja, mehr üben!? Ups, ich habe das böse Ü-Wort gesagt!

    Grüße
    Roland

     
  14. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Moin!

    Hab' das damals einem Freund einen bekannten Standard harmonisch auseinandergepflückt und ihm erklärt, dass ich damit das Ding in allen Tonarten spielen kann ... ohne gross nachzudenken. Muss halt die Standardsachen in allen Tonarten wissen, wenn ich dann weiß, wie die Dinger bei dem Standard aneinandergerieht sind - Bingo! - kann ich das Ding in allen 12 Tonarten.

    Der Standard ist schon was älter:
    'Tochter Zion, freue Dich'
    in 5 1/2 Monaten fängt die Saison wieder an. :)

    Kommt vor:
    - klassiche Kadenz
    - Doppeldominante
    - Septakkord durch Verminderten ersetzen
    - Mollparalle ansteuern
    - ...

    Ja, man kann die Theorie auch in der 'Klassik' brauchen ... achja, wer mal die ersten vier Akkorde von 'Yesterday' (Beatles) anschaut, wird festellen, dass der zweite Akkord die II - V - I - Kette für die Mollparalelle ist. Interessant z.B. hier, dass zwar (wie in Tochter Zion) mit dem Ganztonschritt von der Mollparallele nach unten der 'Faux Bas' (der Doopeldomiannte (Terz, die fällt so schön aus der Skala raus) angesteuert wird, umd dann unvermindert links abzubiegen und statt der Domiante die Subdominante danach zu spielen.

    Wunderschön. Die haben auch nur mit Wasser gekocht. War aber manchmal besonders heiss. :)

    Grüße
    Roland
     
  15. chrisdos

    chrisdos Strebt nach Höherem


    Oh ja.

    Aus welchem Harmonielehrebuch mag J.S.B. wohl gelernt haben?
     
  16. Roland

    Roland Strebt nach Höherem

    Der hat's geschrieben. :)

    Nee, im Ersnt, Beethoven sagte doch, er hätte imer das 'Wohltemperierte Klavier' griffbereit ... um im Zweifelsfall zu schaeun, wie der 'Meister' ein harmonisches Problem gelöst hat.

    Bach hat sogat (Matthäuspassion?) eiskalt einen Mollsetakkor mit grosser Septime im Programm gehabt.

    Habe mir das von meinem alten klavierlehrer angewähnt: Wenn ich von Bach spreche, nenne ich einfach nur Mester.


    Wer den Sikora sein eigen nennt, kennt das Spiel mit Quintfall und Co. und allen lampen an, und das Beispiel, was er (Sikora) dann angibt, wo das alles genutzt wird, auf den Punkt gebracht, ist ... eine Violinsonate von Bach. Mit der Bemerkung, dass er (Bach) auf diesem Niveau improvisieren konnte.


    Ich spiele immer noch gerne z.B. die 15. Invention ... herrlich!


    Grüße
    Roland
     
  17. Rick

    Rick Experte

    Zu Bachs Zeiten existierte vorwiegend der "Strenge Satz", also Kontrapunkt nach Palestrina (habe ich im Studium gehasst, ist für mich mehr 'ne Art Sudoku als Musik).

    Die Harmonielehre, wie wir sie heute kennen, wurde erst von Rameau als extreme Vereinfachung eingeführt.

    Und Kenntnisse/Routine bei Tonleitern und Akkorden helfen beispielsweise dem klassischen Musiker, besser auf typische Problemstellen (Läufe, Arpeggien usw.) vorbereitet zu sein, also wieder bei der PRAXIS. ;-)


    Gut Sax,
    Rick
     
  18. gefiko

    gefiko Strebt nach Höherem


    Wie schon Rick es erläuterte, wäre der Begriff " Harmonie" zur Zeit Bachs ein Anachronismus.
    :)
     
  19. Rick

    Rick Experte

    Hallo Roland,

    stimmt, das "Wohltemperierte Klavier" kann man durchaus als eine Art Lehrbuch ansehen. :)

    Übrigens bringt mich die Erwähnung Bachs auf das früher sehr verbreitete "Generalbass-Spiel", wo von Organisten erwartet wurde, selbstständig eine Begleitung nach vorgegebenen Symbolen quasi zu er-improvisieren.
    Und wieder meine Frage: Theorie oder Praxis? ;-)

    Um mal wieder mein Handwerker-Beispiel zu bemühen:
    Ein Musiker, der alle Zusammenhänge, alles Wissen um die Hintergründe und letztlich Spielregeln der Musik als "unnütze Theorie" ausklammert, wird wohl ewig auf dem Stand eines Lehrlings hängen bleiben, dem man immer sagen muss, was er zu tun hat (in Form von Noten), weil er nichts selbst kapiert. :-(

    WIE man diese Spielregeln nun lernt, ob durch viel Erfahrung, einen guten Lehrer oder durch schlaue Bücher (am besten eine Mischung aus allem!), bleibt jedem selbst überlassen. :cool:


    Schöne Grüße,
    Rick
     
  20. 47tmb

    47tmb Gehört zum Inventar

    Richtig.

    Früher (also so richtig früher), da gab es zu keinem Lehrberuf Fachbücher oder so.

    Da ging auf die Waltz und hat sich bei verschiednen Meistern was abgeguckt, hoffentlich erklärt bekommen und selbst ausprobiert und so seine eigenen Erfahrungen gemacht.
    Wenn genug erfahren (auch Theorie lernen ohne Buch) machte man seien Gesellen und später denn dann hoffentlich auch seinen Meister.

    greets
    tmb
     
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